Der Studierendenrat hat sich dem Modus und Termin der Uni für die Hoch­schulwahlen angeschlossen. Datenschutzbedenken spielten dabei keine Rolle. Was zur Wahl steht und worauf zu achten ist, zeigt der folgende Überblick.

„Online-Wahlen sind scheiße“, gab Johannes Kohl von der Offenen Linken Liste zu bedenken. Der Fachschaftsrat Mathe/Info habe erklärt, warum Wahlen über einen Online-Dienstleister eine „richtig dumme Idee“ seien. Aus gutem Grund würden Wahlen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene nach wie vor auf Papier durchgeführt. Dieses Jahr, bei abflauender Pandemie, nehme man die Probleme mit dem Datenschutz ohne Not in Kauf.

Doch damit konnte Johannes auf der Stura-Sitzung am 27. Februar niemanden überzeugen, gegen eine gemeinsam organisierte Wahl der Studierendenschaft mit der Universität zu votieren. Auch wenn einzelne Mitglieder seine Bedenken akzeptierten, erschienen die Sachzwänge unüberwindlich. Für die universitären Gremien hat sich die MLU bereits erneut auf Online-Wahlen festgelegt, wobei es diesmal ein anderer Dienstleister als Polyas werden soll. Damit hätte allein der Wahlausschuss der Studierendenschaft die Verantwortung gehabt, eine Präsenzwahl mit Stimmzetteln, ausgedruckten Wählerlisten, versiegelten Urnen, mehreren Wahllokalen, Briefwahloption und zahlreichen Ehrenamtlichen zu organisieren.

Mit 21 Ja-Stimmen, einer Gegenstimme und ohne Enthaltungen beschloss der Studierendenrat, die Wahlen der Studierendenschaft der universitären Online-Wahl anzuschließen. Die beiden vorsitzenden Sprecher, Anton Borrmann und Jan-Niklas Reiche, möchten aber anregen, dass die Universität nächstes Jahr zur herkömmlichen Wahl zurückkehrt.

Die Grafik stellt dar, welche Studierenden für welches Gremium wahlberechtigt sind.
Auf einen Blick: Wer kann wen wählen
Grafik: Konrad Dieterich

Alle Jahre wieder …

… werden die studentischen Mitglieder in den Gremien Senat, Fakultätsrat, Studierenden- und Fachschaftsrat neu gewählt. Dieses Jahr finden die Wahlen vom 30. Mai bis zum 7. Juni 2023 statt. Ein organisatorischer Vorteil des Online-Modus: Weil für die Durchführung kaum Personal benötigt wird, kann die Wahl in einem längeren Zeitraum stattfinden. Doch wozu sind diese Gremien eigentlich da, und wie läuft die Wahl ab?

Ein Gremium bezeichnet grundsätzlich den Zusammenschluss oder die Zusammenarbeit von Menschen, um bestimmte Aufgaben zu erfüllen oder Beschlüsse zu tätigen. An der MLU gibt es universitäre und studentische Gremien – der Senat und die neun Fakultätsräte gehören zu den universitären. In diesen kommen verschiedene Statusgruppen zusammen: Hochschullehrer:innen, wissenschaftliche Mitarbeiter:innen, Studierende und sonstige Mitarbeiter:innen (zum Beispiel Verwaltungs- und Bibliotheksangestellte). Die Amtszeit der studentischen Mitglieder beträgt ein Jahr; die Vertreter:innen der anderen Gruppen werden nur alle zwei oder vier Jahre gewählt.

Die studentischen Gremien – Studierendenrat und Fachschaftsräte – werden ausschließlich von Mitgliedern der verfassten Studierendenschaft gewählt und ausgefüllt. Dazu gehören alle immatrikulierten Studierenden, die den Beitrag zur Studierendenschaft zahlen – dieser ist mit 11,95 Euro üblicherweise im Semesterbeitrag enthalten.

Innerhalb der Gremien vertreten Hochschulgruppen verschiedene politische Lager, stellen Mandatsträger:innen und vereinen politisch motivierte Studierende. Auf den Wahlzetteln sind diese Hochschulgruppen in der Regel an ihrer Bezeichnung zu erkennen. Nicht alle Wahlvorschlagslisten sind jedoch einer parteinahen politischen Richtung zuzuordnen, und man muss keiner Hochschulgruppe angehören, um auf einem Wahlvorschlag anzutreten.

Wählbare Uni-Gremien

Der Senat ist das höchste beschlussfassende Gremium der Universität. Zu seinen Aufgaben gehört es unter anderem, über Studien- und Prüfungsordnungen, den Haushaltsentwurf und Kooperationsverträge zu entscheiden – er regelt alle grundlegenden Angelegenheiten der Universität. Auch Pläne zur Hochschulentwicklung, die auf die Streichung von Studiengängen und Lehrstühlen hinauslaufen, hat der Senat im vergangenen Jahr beschlossen. Für spezifische Aufgaben hat der Senat Kommissionen eingerichtet. Über viele andere organisatorische Fragen kann das Rektorat als Leitung der Universität eigenständig bestimmen.

Die Aufgaben eines Fakultätsrats umfassen beispielsweise Berufungsvorschläge wie auch Entscheidungen über Studien- und Prüfungsordnungen innerhalb des jeweiligen Fachbereichs. Über viele andere organisatorische Fragen kann das Dekanat als Leitung der Fakultät eigenständig bestimmen.

Im Senat und den Fakultätsräten werden die Sitze nach einem festen Schlüssel auf die Mitgliedergruppen der Universität verteilt. Damit ist die Professorenmehrheit gesichert, während Studierende und wissenschaftliches Personal jeweils knapp ein Sechstel und das sonstige Personal knapp ein Zwölftel der Sitze bekommen. Die absolute professorale
Mehrheit der Sitze und Stimmen ist im Hochschulgesetz des Landes festgelegt und wird von den anderen Mitgliedergruppen immer wieder als undemokratisch kritisiert, zuletzt bei der studentischen Vollversammlung am 27. Juni 2022.

Symbolische Darstellung der Stimmverhältnisse im Senat
Im Senat der Universität sitzen als stimmberechtigte Mitglieder die Rektorin, 14 Professor:innen, 4 wissenschaftliche Mitarbeiter:innen, 4 Studierende, 2 sonstige Mitarbeiter:innen und die Gleichstellungsbeauftragte. Weitere Personen, die ohne Stimmrecht an den Sitzungen teilnehmen, sind hier nicht dargestellt.
Grafik: Konrad Dieterich

Wählbare Studi-Gremien

Studierendenrat („Stura“) und Fachschafts­räte sind rein studentische Interessenvertretungen. So wie die Fakultäten organisatorische Teilbereiche der Universität sind, setzt sich die Studierendenschaft aus Fachschaften zusammen. Die Fachschaften entsprechen also ungefähr den Fakultäten oder Wahlbereichen der Universität, mit einigen Abweichungen. Studierende sind als Mitglieder der Studierendenschaft zugleich Mitglieder ihrer Fachschaft.

Innerhalb einiger Fachschaften haben sich Institutsgruppen gebildet; diese sind jedoch keine offiziellen Organe der Studierendenschaft und haben eher den Status von studentischen Arbeitsgruppen, die vom jeweiligen Fachschaftsrat unterstützt werden. Sie stehen bei den Hochschulwahlen nicht auf dem Zettel.

Die Gremien der Studierendenschaft sollen neben hochschulpolitischen Interessen kulturelle, fachliche, soziale und wirtschaftliche Belange ihrer Mitglieder vertreten. Einerseits sind sie also studentisches Sprachrohr gegenüber der Uni, der Landespolitik und der Öffentlichkeit, andererseits helfen sie bei praktischen Problemen, zum Beispiel mit rechtlichen und anderen Beratungsangeboten, dem Sozialfonds und einem Raum zur Kinderbetreuung. Zudem führen sie eigene Veranstaltungen durch und fördern studentische Projekte. Fachschaftsräte helfen und vermitteln auch bei konkreten Problemen im Studium.

Im Studierendenrat und den Fachschaftsräten sitzen ausschließlich Studierende, die Mitglied der Studierendenschaft sind. Im Studierendenrat wird die Hälfte der Sitze universitätsweit gewählt, die andere Hälfte wird über Wahlkreise bestimmt, die aus einer oder mehreren Fachschaften bestehen. Für spezifische Aufgaben wählt der Studierendenrat einige Sprecher:innen und kann auch Referent:innen ernennen und Arbeitskreise einrichten, die auch nicht gewählten Studierenden offenstehen.

Auf das Studentenwerk Halle hat der Stura der MLU zusammen mit den Studierendenräten der drei anderen Hochschulen (Burg Giebichenstein, Merseburg, Anhalt) indirekt Einfluss, indem jeder Stura eines der studentischen Mitglieder im Verwaltungsrat des Studentenwerks bestimmt.

Studienkolleg

Das Landesstudienkolleg ist eine vorbereitende Bildungseinrichtung, die internationalen Studierenden vor der Aufnahme eines regulären Studiums ergänzende Kenntnisse vermittelt. Studienkollegiat:innen können nicht an den universitären Wahlen zum Senat und den Fachschaftsräten teilnehmen. Sie können jedoch für den Studierendenrat und den Fachschaftsrat Neuphilologien/Studienkolleg kandidieren und auch ihre Stimmen abgeben. Bis die Gewählten ins Amt kommen, werden sie meist schon nicht mehr am Studienkolleg sein, können aber die Interessen der neuen Studienkollegiat:innen vertreten. Daher sollten sie vorzugsweise dann kandidieren, wenn sie anschließend an der MLU studieren möchten.

Die Grafik zeigt in tabellenartiger Form, wie sich die Fakultäten und deren Wahlbereiche von den Wahlkreisen des Stura und den Fachschaften unterscheiden.
Die Fachschaften und Stura-Wahlkreise entsprechen nicht immer denselben Fächern wie die Fakultäten und deren Wahlbereiche.
Grafik: Konrad Dieterich

So geht es weiter

Wahlbekanntmachungen der Universität und der Studierendenschaft informieren detailliert über die Vorbereitung und den Ablauf der Hochschulwahlen. Hier das Wichtigste in Kürze:

Die eigene Wahlberechtigung kann im Löwenportal eingesehen werden. Das ist vor allem relevant, wenn Studierende aufgrund ihrer Fachkombination mit mehr als einer Fakultät oder einem Wahlbereich zu tun haben.

Ab Mitte Mai werden die zugelassenen Wahlvorschläge für die verschiedenen Gremien bekanntgegeben. Die Listen hängen an verschiedenen Orten der Uni aus und sind online beim Wahlausschuss der Studierendenschaft und dem Wahlamt der Uni zu finden.

„Mahlowat“: Der Stura hat eine Entscheidungshilfe zur Wahl erstellt, die bei der Suche nach einer passenden Hochschulgruppe helfen soll. Dabei ist zu bedenken, dass die Thesen nicht alle Themenbereiche erfassen können und dass auf dem Stimmzettel Kandidat:innen stehen, die keiner der vorgestellten Hochschulgruppen angehören. Daher sind die Ergebnisse des „Mahlowats“ mit Vorsicht zu genießen. 

25. Mai, 18.30 Uhr bis ca. 20.00 Uhr: Die „Löwenrunde“, eine Veranstaltung des Stura-Wahlausschusses, gibt einen Überblick zur anstehenden Hochschulwahl. Zudem stellen die Hochschulgruppen ihre Themen in einem Diskussionsformat vor, an dem sich auch das Publikum beteiligen kann. Die Veranstaltung findet im Hörsaal XXIII (Audimax) statt, wird aber auch per Livestream übertragen und steht anschließend als Aufzeichnung zur Verfügung

30. Mai, 10.00 Uhr bis 7. Juni 2023, 15.00 Uhr: Wahlen. Nach dem Login im Löwenportal können Studierende online an den Wahlen für die Gremien der Uni und der Studierendenschaft teilnehmen. Auf dem Stimmzettel steht, wie viele Stimmen die wahlberechtigte Person für das jeweilige Gremium abgeben kann. Man kann die Stimmen auf mehrere Wahlvorschläge verteilen und einer kandidierenden Person jeweils bis zu zwei Stimmen geben. Der Stimmzettel ist ungültig, wenn man mehr als die zulässige Zahl von Stimmen abgegeben hat. Sollten für ein Gremium nicht genügend Personen kandidieren, dürfen auf den vorgesehenen Feldern Namen von wählbaren Studierenden eingetragen werden.

1. September 2023: Die Amtszeit der gewählten studentischen Mitglieder im Senat und den Fakultätsräten beginnt. Beim Studierendenrat geht’s am 1. Oktober los, für die Fachschaftsräte gelten unterschiedliche Daten.

Text: Konrad Dieterich, Renja-Arlene Dietze
Beitragsbild: Marlene Nötzold

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