Beide Listen gewin­nen vier Sitze hin­zu, EULi ver­drei­facht dabei sogar ihren Anteil. Offensichtlich waren bei die­ser Wahl par­tei­un­ab­hän­gi­ge Listen attrak­ti­ver als die klas­si­schen Ableger der gro­ßen Parteien.

Das Ergebnis der Stura-Wahl vom 15. Mai, das am Donnerstag nach der Wahl im Hühnermanhattan ver­kün­det wur­de, bot tat­säch­lich eini­ge Überraschungen: Die stu­den­ti­sche Gruppierung »EURE Liste (EULi)« konn­te bei den vor­he­ri­gen zwei Wahlen, zu denen sie antrat, nie mehr als zwei Mandate errin­gen. In den nächs­ten Stura ent­sen­det sie aber sechs VertreterInnen. Dazugewonnen hat auch die Offene Linke Liste OLLi (von 10 auf 14), wäh­rend RCDS (von 5 auf 3) und Jusos (von 7 auf 3) teils erheb­li­che Verluste ein­ste­cken muss­ten (sie­he neben­ste­hen­de Grafik). Gleichzeitig wur­den auch Fachschaftsräte und Senatsabgeordnete gewählt.

Grafik: Konrad Dieterich
EULi will studentisches Engagement fördern

Benjamin Bost und Sarah Franke sind zwei Mitglieder der erstark­ten EULi-Fraktion. Benjamin erklärt sich das posi­ti­ve Ergebnis damit, dass die­ses Jahr ein­fach sehr vie­le Studierende auf der Liste ange­tre­ten sind: »Viele Leute ken­nen vie­le ande­re Leute und wer­den dem­entspre­chend häu­fi­ger gewählt.« Dazu kom­me ein hoher Stimmenanteil bei den Medizinern, die »machen gleich­zei­tig die Hälfte unse­rer Stimmen aus – was sicher­lich dar­an liegt, dass die MedizinerInnen auf unse­rer Liste beson­ders viel Werbung gemacht haben.« Sarah fügt hin­zu, dass auch der »Wahl-O-Mat« einen gro­ßen Beitrag geleis­tet habe. »Dadurch sind wir auch erst wirk­lich bekannt gewor­den.« EULi war an vie­len Fakultäten der MLU vor­her tat­säch­lich kaum sicht­bar, hat aber gro­ße Teile der tech­ni­schen Ausführung der Wahlentscheidungshilfe verantwortet.

Der Schwerpunkt des Wahlprogramms von EULi liegt vor allem auf stu­den­ti­schem Engagement – die­ses sol­le mehr geför­dert und wert­ge­schätzt wer­den. Für Benjamin ist vor allem die Verwaltung oft zu wenig ent­ge­gen­kom­mend. Er und Sarah sind im Vorstand des Akademischen Börsenkreises, der trotz sei­nes lang­jäh­ri­gen Bestehens letz­tes Jahr kei­ne Räume mehr zuge­wie­sen bekam. Dies stün­de bei­spiel­haft für eine Reihe von Problemen, mit denen stu­den­ti­sche Initiativen an der Uni zu kämp­fen hät­ten. »Wir wol­len sinn­vol­les Engagement för­dern, das nicht irgend­wie poli­tisch moti­viert ist, son­dern bei dem der Nutzen für die Studierenden im Vordergrund steht«, so Benjamin. Sarah führt aus, dass der Stura über das SprecherInnenkollegium die Möglichkeit habe, sol­che Themen im Rektoratsgespräch zu erwäh­nen, und fährt fort: »Ich glau­be, wenn man mit dem Stura an den Kanzler her­an­tritt, ver­leiht man sol­chen Forderungen mehr Ausdruck als durch die ein­zel­ne Initiative.« In Bezug auf die neu­en Mehrheitsverhältnisse befürch­tet Benjamin eine gewis­se »Monopolstellung« der OLLi. »Aber«, fügt er hin­zu, »im Vordergrund soll­te natür­lich ste­hen, dass wir zusammenarbeiten.«

Besorgnis über Abschneiden der Campus Alternative

Die OLLi selbst freut sich in einer Stellungnahme über den errun­ge­nen Wahlsieg. Man neh­me das Wahlergebnis auch als Bestätigung für den bestehen­den Einsatz. »Antifaschistischer Grundkonsens, Solidarisches Semesterticket und der Nachhaltigkeitstopf sind unse­re Errungenschaften, die wir erhal­ten und ver­bes­sern kön­nen«, so die OLLi auf Facebook. Scharf kri­ti­siert sie hin­ge­gen den Wiedereinzug der Campus Alternative Halle (CAH) in den Stura, die erneut einen Sitz errin­gen konn­te. Angesicht des Wahlergebnisses gehen die VertreterInnen der OLLi davon aus, dass die CAH »sich auf einen fes­ten Kern faschis­ti­scher WählerInnen ver­las­sen kann«. Das zei­ge, dass die MLU ein Faschismusproblem habe. In weni­ger deut­li­chen Worten kri­ti­sier­te auch die Grüne/Vegane Hochschulgruppe das Wahlergebnis der CAH-KandidatInnen. Man wol­le dem­ge­gen­über für eine »welt­of­fe­ne, inter­na­tio­na­le Universität und eine soli­da­ri­sche Studierendenschaft« eintreten.

Der Campus Alternative und ihrer Vorsitzenden Hannah-Tabea Rößler, die erneut in den Stura ein­zieht, wer­den immer wie­der Verbindungen zur rechts­ex­tre­mis­ti­schen Identitären Bewegung vor­ge­wor­fen. In einem Statement gegen­über der has­tu­zeit gab sich die Gruppe demons­tra­tiv gemä­ßigt: »Wir hof­fen auf zuneh­men­de Akzeptanz kon­ser­va­ti­ver Gruppierungen«. Der stu­den­ti­sche Ableger der AfD fällt in der aktu­el­len Stura-Legislatur bis­lang durch recht spär­li­che Beteiligung auf, man sehe die eige­ne Aufgabe »wei­ter­hin in kon­se­quen­ter Oppositionsarbeit«, so die CAH.

Mit den »kon­ser­va­ti­ven Gruppierungen« könn­te auch der RCDS gemeint sein, eine Zusammenarbeit erscheint aller­dings sehr unwahr­schein­lich: In einer Stellungnahme sag­te der RCDS, man wol­le »absur­de und extre­mis­ti­sche Ideen gänz­lich aus den stu­den­ti­schen Gremien ver­trei­ben«. Trotz sei­ner Verluste im Stura sieht er die Hochschulwahl ins­ge­samt doch als Erfolg, man freue sich vor allem, den Sitz im Senat ver­tei­digt zu haben.

Grafik: Konrad Dieterich
Gewohnt geringe Beteiligung – gewohnte Mehrheitsverhältnisse?

Auch die Wahlbeteiligung wird eine Rolle bei der Sitzverteilung gespielt haben. Mit 16,76 % ist die­se in etwa auf dem Niveau der letz­ten drei Jahre. Wenn aller­dings nicht ein­mal ein Fünftel der Studierendenschaft wählt, bevor­zugt dies unter Umständen klei­ne Gruppierungen mit einem ein­ge­schwo­re­nen Wählerstamm. Trotzdem schätzt die Wahlleiterin Nora Oppermann die Beteiligung der Studierenden posi­tiv ein: »Aus Datenschutzgründen konn­ten wir die­ses Jahr kei­ne Wahlbenachrichtigungskarten ver­schi­cken. Dass trotz­dem ähn­lich vie­le Berechtigte ihre Stimme abge­ge­ben haben, ist durch­aus ein Erfolg«, so Nora.

Trotz der teils erheb­li­chen Verschiebungen wird die Grundausrichtung der Stura-Politik wohl ähn­lich sein wie in den ver­gan­ge­nen Jahren. »Die Hochschulpolitik an der MLU ist in den letz­ten Jahren von einem zwar durch­aus links gepräg­ten, aber zu befür­wor­ten­den Pragmatismus geprägt gewe­sen«, so Konstantin Pott, Vorsitzender der Liberalen Hochschulgruppe. In der Tat bleibt der Anteil an Stimmen links der Mitte (OLLi, Jusos, GHG/VHG) wei­ter­hin bei 20 Stimmen. »Vor allem Jusos und OLLi wer­den im neu­en Stura – wie auch in den letz­ten Jahren – inten­siv zusam­men­ar­bei­ten, ver­mu­te ich«, so Wahlleiterin Nora. Währenddessen spricht das star­ke Abschneiden der prag­ma­ti­schen EULi für den Willen der Studierenden, die Hochschulpolitik eher ent­lang stu­den­ti­scher Themen als tages­po­li­ti­scher Entwicklungen aus­zu­rich­ten. Das heißt: Die nächs­te Legislatur des Stura wird wohl ähn­lich ver­lau­fen wie die jetzige.

0 0 vote
Article Rating
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments