Diese Woche ist es nun so weit. Die Studierenden der Uni Halle können erstmals online ihre Vertreter:innen wählen. Auch dieses Jahr stellten sich Hochschulgruppen wieder in einer gemeinsamen Runde vor, diskutierten über Digitales, Studiengebühren, Regelstudienzeit und die eigene Anwesenheit im Stura. In zumindest einem Punkt sind sich alle dabei einig: Die Anwesenheitspflicht in der Uni sollte aufgehoben werden und die Uni mehr auf Eigenverantwortung setzen.
Nun gibt es in diesem Jahr doch noch eine Hochschulwahl. Da diese im Mai aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen musste, findet sie jetzt vom 7. bis 15. Dezember 2020 in digitaler Form statt. Um aber trotzdem einen Überblick über die aktuellen zur Wahl stehenden Hochschulgruppen zu geben, fand am 3. Dezember wieder die traditionelle Löwenrunde statt. Diesmal jedoch per Videoübertragung auf dem Facebook-Kanal des Sturas. Im Durchschnitt schauten ungefähr 30 Leute live zu; dies liegt wahrscheinlich auch daran, dass erst einen Tag vorher für diese Veranstaltung geworben wurde und die Tonqualität, gelinde gesagt, ausbaufähig war.
Auch ist die schon im letzten Jahr angesprochene Unterrepräsentation der weiblichen Mitglieder immer noch zu sehen. Die Vertreter der Hochschulgruppen sind diesmal nur männlichen Geschlechts.
Nach einer kurzen Einführung in die universitären und studentischen Gremien von der Referentin für innere Hochschulpolitik Caroline Banasiewicz beginnt eine kleine Vorstellungsrunde der Hochschulgruppen, geleitet von der Öffentlichkeitsreferentin Anna-Amina Zeidan.
Offene Linke Liste (OLLi) – Entschlossen gegen Diskriminierung
Die OLLi, dieses Jahr vertreten von Lukas Wanke, möchte sich weiterhin für die allgemeine Verbesserung der Studienbedingungen einsetzen, dazu gehört unter anderem die Aufhebung der Anwesenheitspflicht, welche bei allen Gruppen ein wichtiges Thema zu sein scheint und worüber sich auch alle einig sind. Des Weiteren betont Lukas das Vorgehen gegen Diskriminierung: “Rechte Gruppen haben an der Universität keine Chance“, und die OLLi werde sich auch in Zukunft dafür einsetzen. Auch das Thema Nachhaltigkeit ist im Programm der OLLi definitiv vorhanden.
RCDS – Konservative Mitte und christliche Werte
Jonathan Siebert vom Ring Christlich-Demokratischer Studenten geht kurz darauf ein, dass seine Hochschulgruppe die älteste Hochschulgruppe Deutschlands sei und auch in der ganzen Bundesrepublik vertreten ist. Wie der Name schon verrät, positioniert sich der RCDS in der konservativen Mitte, vertritt christliche Werte, sieht aber laut eigener Aussage die Religion an sich nicht als Hauptaugenmerk. Dennoch schweift Jonathan kurz zu einer biblischen Geschichte ab, um die drei Grundpfeiler der Hochschulgruppe kundzutun: 1. Alle Menschen sind gleichwertig, 2. Menschen sind unterschiedlich und haben deshalb unterschiedliche Bedürfnisse und 3. Wer sich anstrengt, kann auch ohne angeborene Fähigkeiten etwas aus sich machen.
EuLi – Studentisches Engagement fördern
EuLi steht für “Eure Liste” und wird von Darius Kirchbach vorgestellt: “eine Gruppe engagierter Studenten, die ihr Engagement nun auch gerne im Stura zeigen würden”. Da sie noch eine ziemlich junge Hochschulgruppe ist und die Mitglieder vorher vorwiegend in Vereinen und verschiedenen Fachschaftsräten mitgewirkt haben, ist auch eines ihrer Hauptthemen die Förderung von Vereinen und studentischem Engagement.
LHG – Freies Studium und Chancengleichheit
Für die Liberale Hochschulgruppe wirbt Jonas Wolf mit Chancengleichheit und weiterer Ausbau der Digitalisierung. Auch hier ist ein großes Thema das freie Studium ohne Anwesenheitspflicht, die Forderung des elternunabhängigen BAföGs für ein Studium, welches frei von finanziellem Druck sein sollte. Bei der Digitalisierung betont Jonas, dass sich durch Corona bereits viel geändert habe. Des Weiteren sieht er die LHG als eine Gruppe ohne konkrete Ideologie, sondern eher als eine mit einer Vielzahl unterschiedlicher Meinungen, aus denen dann bei jeder Entscheidung abgewogen wird, welcher der sinnvollste Weg ist.
Juso-Hochschulgruppe – “Studiere, wie du willst”
Auch von der Hochschulgruppe der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD ist wieder ein Vertreter dabei. Felix Hanisch hält sich in der Vorstellung sehr kurz und sagt mit dem Satz “Studiere, wie du willst” eigentlich schon alles über diese Gruppe aus. Auch hier steht also das Studieren ohne Zwang, Anwesenheitspflicht oder finanzielle Notlage im Vordergrund.
Students for Future – Klimagerechtigkeit in den Unialltag
Als letzter in der Runde stellt sich Kilian de Ridder, ein Vertreter von Students for Future vor, die das erste Mal an den Hochschulwahlen teilnehmen. Diese stehen jedoch nicht für den Stura zur Wahl, sondern stellen sich nur für den Senat auf. Die SFF möchten das Thema des Klimawandels mehr in den Unialltag in Form von Schwerpunkten in der Lehre einbringen, aber auch in den allgemeinen Universitätsbetrieb integrieren. Unter anderem wollen sie den CO₂-Fußabdruck der Uni berechnen und analysieren, ein Klimaschutzkonzept entwickeln und Treibhausgase reduzieren, also alles in allem die Uni nachhaltiger gestalten.
In der anschließenden Diskussionsrunde werden Thesen von den Veranstalter:innen als Diskussionsgrundlage genutzt, auf die die Vertreter eingehen. Aber auch die Live-Zuschauer:innen können über Facebook Fragen an die Runde stellen.
Anwesenheit im Stura als strukturelles Problem
Aus dem Publikum, kommt die Frage nach der Anwesenheit auf den Stura-Sitzungen, da diese in der Vergangenheit zu wünschen übrig gelassen hat.
Im Großen und Ganzen sehen die Befragten, die schon im aktuellen Stura sitzen, ein, dass bei der eigenen Anwesenheit noch viel Platz nach oben ist. Als Begründung für das Fehlen wird genannt, dass der Stura ein Ehrenamt sei und gerade bei Gruppen mit nur wenigen Vertreter:innen das Fehlen einzelner natürlich mehr auffalle. Alle nehmen die Kritik jedoch an und zeigen Bereitschaft, dies zu ändern. Zu diesem Thema erschien im Heft 87 der hastuzeit ein Artikel, der sich mit der An- oder Abwesenheit der Gewählten im Zeitraum der 29. Stura-Legislatur beschäftigt hat. Auch für die aktuell noch laufende 30. Legislatur haben wir wieder die Anwesenheiten nach Hochschulgruppen sortiert ausgewertet (siehe Grafiken).
Regelstudienzeit – schädlich für Studierende?
Für mehr Diskussion sorgt die Frage, ob die Regelstudienzeit schädlich für Studierende ist und deshalb abgeschafft werden sollte. Während die LHG und auch die EuLi sich relativ einig darüber sind, dass eine Richtlinie für die Dauer des Studiums sinnvoll ist, aber diese dann nicht für das BAfö gelten sollte, argumentiert der RCDS damit, dass Studierende, die weit über die Regelstudienzeit studieren, den Steuerzahler damit nur unnötig belasten würden und somit eine Abschaffung der Regelstudienzeit aus seiner Sicht unsozial wäre.
Diesem Argument widerspricht die OLLi vehement mit der Erwähnung, dass nicht längere Studienzeiten, sondern die Spar- und Kürzungspolitik auf Bundesebene der Grund für geringere Renten und Altersarmut in Deutschland seien. Außerdem werde die Regelstudienzeit bei über 50 Prozent der Studierenden nicht eingehalten; bei Überschreitung dieser komme es durch die finanzielle Notlage der Studierenden dann vermehrt zu einem Studienabbruch, den natürlich keine der Hochschulgruppen wünscht. Somit plädiert Lukas von der OLLi für eine Abschaffung und schlägt vor, man solle “die schon für das letzte Sommersemester ausgesetzte Regelstudienzeit gleich zum Anlass nehmen, diese Aussetzung beizubehalten”.
Abschaffen oder Nachlagern der Zweitstudiengebühren?
Zu den Gebühren für ein Zweitstudium gibt es auch geteilte Meinungen. Die LHG wirft den Vorschlag einer “nachgelagerten Studiengebühr” für gutverdienende Absolvent:innen in den Raum, der von dem RCDS unterstützt wird, bei den anderen jedoch eher auf Ablehnung stößt. Unter anderem widerspricht Felix Hainisch (Juso-HSG), “weil dadurch eine ungleichmäßige Verteilung von Geld an die verschiedenen Universitäten gelangen würde. Die einigermaßen vorhandene Gleichberechtigung unter den einzelnen Hochschulen sollte man lieber beibehalten.” Dem stimmt auch Lukas Wanke (OLLi) zu und weist darauf hin, dass “eine mittlere Universität davon nicht profitieren würde und die Hochschulen mit eh schon starken Sponsoren noch mehr Geld zu Verfügung hätten”.
Internationalisierung? Geht so, in Halle
Bei einem Thema, sind sich dann noch alle einig: Die Universität sollte in Bezug auf die Einbindung internationaler Studierender noch aktiver werden und der Stura-Arbeitskreis Internationales definitiv mehr Beachtung bekommen, um die MLU auch weiterhin attraktiv für internationale Studierende zu machen. Zum Beispiel weist Lukas darauf hin, “dass die Rundmails vom Rektorat auch auf Englisch verschickt werden sollten”.
Geht Wählen!
Zum Abschluss ruft die Moderatorin Anna noch einmal alle Studierenden dazu auf, die Hochschulwahlen ernst zu nehmen und in der kommenden Woche wählen zu gehen.
- Falls Euch die anderen Diskussionsfragen noch interessieren, könnt Ihr Euch unter diesem Link den Livestream nochmals anschauen und Euch hier noch allgemeiner über die Hochschulwahlen informieren.