Nach hefti­gen Debat­ten ist dieses Semes­ter das Studieren­den­ra­dio bei Radio Corax ges­tartet. Nun soll sich dort ein neues Pro­gramm etablieren, für das noch Redak­teurIn­nen gesucht wer­den, die mit viel inhaltlich­er Selb­st­bes­tim­mung noch mehr Pub­likum erre­ichen kön­nten. Wir haben beim Sender vorbeigeschaut. 

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Die Fas­sade im Unter­berg 11, zwis­chen Haupt­cam­pus und Stein­tor gele­gen, wirkt unschein­bar. Auch die eher kusche­li­gen Platzver­hält­nisse des Büros im Erdgeschoss und in der Redak­tion eine Etage darüber lassen nicht darauf schließen, dass sich hier die Schaltzen­trale eines der tra­di­tion­sre­ich­sten freien Radios in ganz Deutsch­land befind­et. Radio Corax sendet seit mit­tler­weile 18 Jahren auf der UKW-Fre­quenz 95,9 in Halle und Umge­bung ein Pro­gramm, das zugle­ich lokal und weltof­fen sein will. »Für uns ist die lokale Anbindung seit jeher sehr wichtig, aber wir suchen schon immer den Aus­tausch über den Stad­trand hin­aus«, sagt Lukas, der zusam­men mit Philline und Alex auf zwei durchge­sesse­nen schwarzen Sofas in einem kleinen Raum vor den Stu­dios sitzt. Das Trio ist schon länger in der Redak­tion des Senders aktiv und küm­mert sich nun auch um das Studierendenradio.

Die Wände im Aufen­thalt­sraum sind voll mit Plakat­en und aus dem Stu­dio klin­gen Fauch- und Kratzgeräusche unter­brochen von verz­er­rten Stim­men und hohen Tönen. Katzen­musik ist das Ganze keineswegs, son­dern die Impro-Per­for­mance ein­er franzö­sis­chen Radiokün­st­lerin, die ger­ade eine 30-minütige Sendung gestal­tet. Ein Beispiel für das alter­na­tive Pro­gramm, welch­es das freie Radio anbietet.

Finanzielle Unterstützung für mehr inhaltliche Betreuung

Seit dem neuen Semes­ter gehört zu diesem Pro­gramm auch das Studieren­den­ra­dio: Aus dem ASQ-Mod­ul »stud­is on air« her­vorge­gan­gen, wird seit Okto­ber an jedem let­zten Dien­stag im Monat zwei Stun­den live eine Sendung von Studieren­den für Studierende aus­ges­trahlt. Dieses Ange­bot wird dabei über den Semes­ter­beitrag finanziert, 20 000 Euro kom­men jedes Jahr zusam­men. Die Entschei­dung darüber war im Stu­ra kurz vor der Hochschul­wahl hochgr­a­dig umstrit­ten, und der Beschluss erre­ichte nur knapp die nötige Zweidrittelmehrheit.

Mit der beschlosse­nen fes­ten Finanzierung ist das Radio nicht mehr darauf angewiesen, für die Pro­jek­te mit Studieren­den jedes Jahr neue Mit­tel bei den Fach­schaft­sräten an der Uni zu beantra­gen. »Bei der Erledi­gung des Papierkrams fiel die inhaltliche Arbeit zu oft hin­ten runter«, erk­lärt Alex
die Wichtigkeit der neuge­wonnenen Sicher­heit. Das Geld wird haupt­säch­lich in die Betreu­ung der Sendungs­macherInnen gesteckt, die nun während ihrer Arbeit mehr Hil­fe und Feed­back von den erfahre­nen Redak­tion­s­mit­gliedern bekom­men kön­nen. So sollen den Studieren­den noch tief­gründi­gere Ein­blicke in die Radio­arbeit gegeben wer­den. Dass diese Möglichkeit jet­zt auch langfristig beste­ht, ist die größte Änderung zum ASQ-Mod­ul, denn die fach­liche Unter­stützung während der redak­tionellen Arbeit beschränkt sich nicht mehr auf einige Work­shops im Rah­men der Schlüsselqualifikation.

Dabei ist der Sender ohne­hin schon sehr stu­den­tisch geprägt: »Ich bin seit 2011 dabei, damals habe ich mich auch an der Uni eingeschrieben«, erzählt Philline, wie sie zum Team gestoßen ist. »Fast alle Redak­tion­s­mit­glieder ken­nen die Uni mehr oder weniger gut von innen«, ergänzt Alex. Nun soll aber mit dem neuen Sende­platz der Berichter­stat­tung über die Uni noch mehr Platz eingeräumt wer­den; für die drei dur­chaus ein Alle­in­stel­lungsmerk­mal des Radios: »Welch­er Sender beschäftigt sich schon so aus­führlich mit Inhal­ten, die die Uni Halle konkret betreffen?«

Wom­it die zwei Stun­den Sendezeit gefüllt wer­den sollen, das wollen die drei ganz den (kom­menden) Redak­tion­s­mit­gliedern über­lassen: »Jet­zt ist die Gele­gen­heit, das Pro­gramm maßge­blich zu gestal­ten, denn mit der sicheren Finanzierung kann sich das Pro­jekt ver­steti­gen. Man kann hier eine öffentliche Plat­tform nutzen und einen eige­nen Fokus auf The­men set­zen, für die man sich selb­st inter­essiert«, ver­sucht Philline Neue­in­steiger zu locken.

Von links nach rechts: Lukas, Alex und Philline
Foto: Jonas Kyora

Studierende könnten auch überregional hörbar sein

Die Redak­teurin­nen und Redak­teure des neuen Pro­jek­ts sollen nicht nur von der Infra­struk­tur bei Radio Corax prof­i­tieren, son­dern auch von der Ver­net­zung des Senders. Seit kurz­er Zeit wer­den die täglichen Mor­gen­magazine nicht nur in Halle aus­ges­trahlt, son­dern auch in Berlin und Pots­dam. Das liegt an ein­er Koop­er­a­tion des Radios und dem dahin­ter­ste­hen­den »Radiovere­in Corax e.V.« mit eini­gen neuge­grün­de­ten freien Sendern in Berlin und Pots­dam. Dank der langjähri­gen Erfahrung hat der Sender mit­tler­weile nicht nur in Halle einen fes­ten Platz, son­dern auch in der deutschen freien Radiolandschaft.

Durch die Bekan­ntheit unter den freien Radios und die Ver­net­zung im Bun­desver­band entste­hen häu­fig Koop­er­a­tio­nen mit den anderen Sendern, die eben­falls ein von stu­den­tis­chen The­men geprägtes Pro­gramm anbi­eten: Städte in fast allen Bun­deslän­dern sind vertreten; untere­inan­der teilt man Beiträge und Fea­tures. Die RadiomacherIn­nen des Studieren­den­ra­dios in Halle kön­nten also ein über­re­gionales Pub­likum erreichen.

Trotz­dem will der Sender dem Studieren­den­ra­dio keine bes­timmte Rich­tung vorgeben, um gezielt HörerIn­nen anzuziehen: »Quoten waren noch nie unser Fokus, denn wir wollen hier nichts verkaufen«, erk­lären Philline und Alex diese Aus­rich­tung. 2012 stellte das Land Sach­sen-Anhalt einen Hör­erkreis von 30 000 Men­schen fest, die Pod­casts wer­den online meist im vier­stel­li­gen Bere­ich gek­lickt. Eine große Rolle spie­len diese Zahlen für den Sender allerd­ings nicht – auch das Pro­jekt »Studieren­den­ra­dio« ist wohl eher als Möglichkeit zum Aus­pro­bieren für radio­interessierte Studierende gedacht.

  • Das Pro­gramm läuft jeden let­zten Dien­stag im Monat von 13.00 bis15.00 Uhr auf UKW 95,9 MHz und ist online als Pod­cast abruf­bar. Außer­dem informiert auch der Blog stu­dentin. radiocorax.de über Neuigkeit­en im Pro­gramm von Radio Corax.
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