Monatlich grüßt die Men­stru­a­tion. Man kön­nte meinen, dass die Peri­ode in unser­er Gesellschaft längst Nor­mal­ität angenom­men hat, doch das ist noch lange nicht der Fall. Zwei Exper­tin­nen aus Halle erzählen von ihrem Kampf gegen das Periodentabu. 

Nach dem Mot­to „Men­stru­ieren, kon­stru­ieren, tabuisieren“ erre­ichen immer wieder Pro­duk­te den Markt, die das Leben men­stru­ieren­der Per­so­n­en eigentlich erle­ichtern sollen. Peri­o­den­blut wird dabei immer noch als etwas Ekliges dargestellt, das lieber mit spitzen Fin­gern und Plas­tikhand­schuhen — ein Acces­soire, das andere ein­mal die Woche zum Klop­utzen oder für den ganz unhy­gien­is­chen Müll her­vor­holen – ange­fasst wer­den sollte.   
Das The­ma der Men­stru­a­tion selb­st wird dadurch weit­er in die Tabu­zone gerückt. Denn macht man Dinge diskret und unsicht­bar, ver­schwinden sie schnell von der Bild­fläche und aus dem gesellschaftlichen Diskurs.  Hygien­e­pro­duk­te sollen die Entsorgung unkom­pliziert machen und wer­den als Prob­lem­lös­er dargestellt, dabei liegt das Prob­lem an ein­er ganz anderen Stelle: im all­ge­meinen Umgang mit der Men­stru­a­tion und dem monatlich wiederkehren­den Blut.   Um die Peri­ode zu nor­mal­isieren und aus der Tabu­zone zu holen, set­zen sich ver­schiedene Sexualpädagog:innen und Periodenaktivist:innen gegen Peri­od-Sham­ing und Benachteili­gung men­stru­ieren­der Per­so­n­en und für mehr Aufk­lärung ein. 

Quelle: Hen­ri­ette Werling
Periodenscham im Alltag  

Laut den Mal­te­sern men­stru­ieren jeden Tag schätzungsweise 300 Mil­lio­nen Men­schen, den­noch find­et die Peri­ode kaum Platz in den All­t­ags­ge­sprächen. Tam­pons und andere Hygie­n­eartikel wer­den beschämt unter dem Tisch weit­erg­ere­icht. Auch wer­den die Empfind­un­gen und Schmerzen, die mit der Peri­ode ein­herge­hen häu­fig mis­sachtet und klein­gere­det. Schüler:innen wer­den im Sportun­ter­richt belächelt, wenn sie wegen ihrer Men­stru­a­tion auf der Seit­en­bank sitzen oder andere men­stru­ierende Per­so­n­en gehen aus Angst vor neg­a­tiv­en Kom­mentaren trotz Schmerzen ihrem gewohn­ten All­t­ag nach. 

Blaues Blut, wo gibt’s denn sowas?

Auch die Medi­en ver­mit­teln ver­stärkt ein falsches Bild und die Werbe­sprache wirkt tabuisierend. So wird Peri­o­den­blut in der Wer­bung sel­ten rot dargestellt. Durch diskrete, blaue oder far­blose Flüs­sigkeit sollen das Blut und die Schmerzen unsicht­bar gemacht wer­den. Dabei ist die Men­stru­a­tion ein vol­lkom­men natür­lich­er Vor­gang, ohne den wir alle nicht hier wären. 

Genau diese Ent­tabuisierung und sex­pos­i­tive Aufk­lärung hat sich auch Ron­ja Abhal­ter zur Auf­gabe gemacht. Sie kommt ursprünglich aus dem Bere­ich der Sozialen Arbeit, studiert momen­tan Ange­wandte Sex­u­al­wis­senschaften in Merse­burg und arbeit­et seit 2017 haup­tamtlich als Sex­u­alpäd­a­gogin in der AIDS-Hil­fe Halle. Gemein­sam mit anderen Mitar­bei­t­en­den und Ehre­namtlichen geht sie regelmäßig in Schulk­lassen, um dort mit Schüler:innen ab der 8. Klasse über Sex­u­al­ität und alle Fra­gen, die damit ein­her gehen, zu sprechen. „Als AIDS-Hil­fe Mitar­bei­t­ende ist das Haupt­the­ma sex­uelle Gesund­heit, aber Men­stru­a­tion ist natür­lich auch immer ein The­ma, das eine Rolle spielt und das ich im Hin­terkopf habe“ erzählt sie im Inter­view.  
Gear­beit­et wird zuerst mit den Gedanken, die bei den Schüler:innen auf­tauchen. Dabei ist das Sex-ABC eine gängige Meth­ode, um in das The­ma zu starten und erst­mal über alle Fra­gen und Begriffe offen und auf ein­er Ver­trauensebene zu reden. „Wir wollen vor allem die Hal­tung ver­mit­teln, dass Sex­u­al­ität ein The­ma ist, über das man reden kann und für das es Ansprech­per­so­n­en gibt, wenn Fra­gen beste­hen“. Dabei erhält sie trotz anfänglich­er Zurück­hal­tung über­wiegend pos­i­tive Rück­mel­dun­gen. „Ins­ge­samt würde ich sagen, die Scham ist noch lange nicht vor­bei, aber erste Schritte wer­den gemacht und schon allein die Men­stru­a­tion­stasse, die dafür ste­ht, dass Men­schen mit dem Blut in Kon­takt kom­men und sich mehr mit dem Kör­p­er auseinan­der­set­zen, führt dazu, dass sich mehr Leute mit dem The­ma beschäfti­gen.“ Auch wenn sich die Scham vielle­icht nie kom­plett beseit­i­gen lässt, soll­ten Jugendliche wis­sen, wohin sie sich wen­den kön­nen, erk­lärt Ron­ja Abhal­ter und gibt deshalb auch immer gerne Insta­gram-Accounts und YouTube-Kanäle zum Wei­t­er­in­formieren mit auf den Weg. 

„Ich vergleiche keine Autos, ich vergleiche Periodenprodukte“  
Quelle: Patri­cia Moraleda

Auch die Studierende Martha Burkhardt wün­scht sich einen offe­nen Umgang mit der Peri­ode und entwick­elte deshalb eine spielerische Vari­ante, um über die Men­stru­a­tion aufzuk­lären. „Mir ist es ein großes Anliegen, dass die Peri­ode ganz alltäglich in die Gesellschaft inte­gri­ert wird so wie essen, trinken und aufs Klo gehen. Kein­er men­stru­ieren­den Per­son sollte es mehr unan­genehm sein, die Peri­ode zu haben, das zu erwäh­nen oder irgen­deine Ein­schränkung dadurch erfahren zu müssen.“ Martha studiert Buchkun­st an der Burg Giebichen­stein Kun­sthochschule in Halle und begann sich im Som­mer 2019 inten­siv mit Peri­o­den­pro­duk­ten auseinan­derzuset­zen. Schnell stieß sie auf eine unfass­bar große Band­bre­ite an Hygien­e­pro­duk­ten und aus ein­er kleinen Idee ent­stand das Peri­o­den­pro­duk­tquar­tett, das sie schließlich im Früh­jahr 2020 fer­tig in der Hand hielt. „Es schien mir eine geniale Idee [Men­stru­a­tion­spro­duk­te] anhand eines Quar­tetts ver­gle­ichen zu kön­nen…. also keine Autos und deren Leis­tun­gen, son­dern Pro­duk­te, wie Tam­pons oder Men­stru­a­tion­stassen.“ Für ihre Idee, spielerisch gegen das Peri­o­dentabu zu kämpfen, erhielt sie nur pos­i­tive Res­o­nanzen und sie wün­scht sich, dass ihr Quar­tett auch an anderen Orten die Aufk­lärungsar­beit erle­ichtern kann, denn „mith­il­fe eines Spiels macht Aufk­lärung und eine Auseinan­der­set­zung mit einem The­ma viel mehr Spaß!“. Nach dem erfol­gre­ichen Crowd­fund­ing kann man ihr Quar­tett nun über ihre Web­site (https://periodenproduktqua.wixsite.com/ppq-offical-website) oder in ansäs­si­gen Buch­hand­lun­gen wie Heit­er bis Wolkig und Kohsie erwerben. 

„Es gibt nichts, wofür du dich schämen musst“  

Die Peri­ode ist längst nicht aus der Tabuschublade geholt, doch immer mehr Men­schen sprechen offen über ihre Men­stru­a­tion­sempfind­un­gen, über Schmerzen, Hygie­n­eartikel und Blut. In den sozialen Medi­en kämpfen Periodenaktivist:innen mit ehrlichen und kreativ­en Bildern und unter Hash­tags wie #peri­od­proud und #freepe­ri­od für einen offe­nen und befre­it­en Umgang. Kanäle wie Auf Klo räu­men bei YouTube und Insta­gram mit Klis­chees auf und reden unge­niert über Fre­und­schaft, Sex, Liebe, Men­tal Health, Zukun­ft und Poli­tik. So ste­ht in ihrem Selb­stver­ständ­nis: „Bei Auf Klo wird wirk­lich alles ange­sprochen, damit jede:r weiß: Es gibt nichts, wofür du dich schä­men musst!“  
Es bleibt weit­er­hin ein har­ter Kampf Einzel­ner, dem sich jedoch immer mehr Men­schen anschließen, um für einen offe­nen Umgang mit der Men­stru­a­tion und dem monatlich wiederkehren­den Blut zu kämpfen.   
Viva la Men­stru­a­tion!  
  

  
Weit­er­führende Links: 

https://www.halle.aidshilfe.de/

https://periodenproduktqua.wixsite.com/ppq-offical-website

@periodenproduktquartett (Insta­gram)  

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