Das Fair­trade-Siegel ken­nt jed­er – jet­zt prangt das schwarz-blau-grüne Emblem für fair gehan­delte Pro­duk­te auch an immer mehr Uni­ver­sitäten. Aber was muss dafür geleis­tet wer­den und wie sin­nvoll kann so ein Siegel sein? 

Die Unis in Tri­er, Köln, Saar­brück­en und Leipzig haben alle eines gemein­sam, sie sind Fair­trade-Uni­ver­sitäten – oder wie im Kam­pag­nen­jar­gon mit mod­ernem Anglizis­mus: Fair­trade-Uni­ver­si­ties. Mit diesem Titel dür­fen sich all die Hochschulen schmück­en, die vom Vere­in Trans­Fair, Deutsch­lands bekan­ntester Fair­trade-Organ­i­sa­tion, aus­geze­ich­net wer­den. Dort kön­nen sich nicht nur Unis, son­dern auch Schulen und ganze Städte um das Fair­trade-Siegel bewer­ben. Jew­eils fünf unter­schiedliche Kri­te­rien müssen dafür erfüllt wer­den: Natür­lich gehört dazu, dass auf Mark­t­platz, Schul­hof oder Cam­pus fair gehan­delte Pro­duk­te verkauft wer­den. Durch Ver­anstal­tun­gen zum The­ma soll aber auch die Bekan­ntheit von Fair­trade gesteigert werden.

Wie streng sind die Kriterien?

Bekommt man also, wenn man in Leipzig oder Tri­er in der Men­sa zum Mit­tag isst nur fair gehan­del­ten Reis auf den Teller? Und in Saar­brück­en zwangsläu­fig fair gehan­del­ten Kaf­fee in den (Mehrweg-)Becher? Nein, ganz so umfassend sind die Kri­te­rien für das Siegel nicht. Angenom­men, die Uni Halle wollte Fair­trade-Uni wer­den, dann kön­nte Kaf­fee the­o­retisch ein Pro­dukt von vie­len bleiben, das kon­ven­tionell gehan­delt wird. Denn an Unis mit 20 000 Studieren­den müssen zehn Verkauf­spunk­te jew­eils min­destens zwei fair gehan­delte Pro­duk­te anbi­eten. Zehn Verkauf­spunk­te klingt zunächst viel – wenn man aber bedenkt, dass das Stu­den­ten­werk acht Cafébars und Mensen betreibt, wird deut­lich, dass nicht mehr viele andere Geschäfte von Fair­trade überzeugt wer­den müssten. Und sind zwei Pro­duk­te im Sor­ti­ment eigentlich eine große Veränderung?

Ulrike Eich­städt ist die Koor­di­na­torin der Pro­jek­t­gruppe Fair­trade Halle – denn seit 2015 trägt auch die Saalestadt das Siegel »Fair­trade-Town«. Sie glaubt, dass die Kri­te­rien für Uni­ver­sitäten streng genug sind: »Wenn man all diese Voraus­set­zun­gen an der Uni umset­zt, hat man schon sehr viel erre­icht«, sagt sie. Außer­dem sei das Siegel eine gute Möglichkeit, das The­ma glob­ale Gerechtigkeit stärk­er in den Fokus der Öffentlichkeit zu rück­en. »Fair­er Han­del ist dabei auch nur ein Aspekt von Glob­aler Gerechtigkeit, das beto­nen wir in dieser Diskus­sion immer wieder«, erläutert Eich­städt weiter.

Fairtrade-Gedanke im Osten unterrepräsentiert

Dass die Diskus­sion um fairen Han­del und Gerechtigkeit vor allem im Osten Deutsch­lands mehr Aufmerk­samkeit benötigt, zeigt ein Blick auf die Karte der Fair­trade-Städte, ‑Schulen und ‑Unis auf fairtrade-towns.de : Dort sind die alten Län­der fast völ­lig von Fair­trade-Fäh­nchen bedeckt, während in Sach­sen-Anhalt grade ein­mal sechs Ein­rich­tun­gen über­haupt das Siegel ver­liehen bekom­men haben. »Wir erfahren bei dem The­ma glob­ale Gerechtigkeit noch keine über­bor­dende Res­o­nanz«, erzählt Ulrike Eich­städt. »Wir haben hier im Osten, was das ange­ht, noch einen weit­en Weg vor uns, häu­fig ste­hen Spar­zwänge vor dem Blick über den Tellerrand.«

Wäre eine Fair­trade-Uni Halle also ein beson­ders wirk­sames Zeichen aus den neuen Län­dern, für mehr Glob­ale Gerechtigkeit? Die Nach­bar-Uni in Leipzig ist bere­its seit 2015 mit dem Siegel aus­geze­ich­net. Dort ist nach vie­len Wech­seln in der Pro­jek­t­gruppe erneut Bewe­gung in das The­ma Fair­trade gekom­men. »Viele Studierende sind sich gar nicht bewusst, dass die Uni Leipzig Fair­trade-zer­ti­fiziert ist. Das wollen wir mit kom­menden Aktio­nen drin­gend ändern«, ver­spricht Nas­tas­ja Kowalews­ki, die Teil des neuen Vor­standes der Pro­jek­t­gruppe ist. Mit dem Siegel Fair­trade-Uni allein ist die Arbeit für mehr Kon­sum­bewusstsein also lange noch nicht abgeschlossen. »Man braucht vor allem eine engagierte Gruppe hin­ter dem Siegel, die gewil­lt ist, das The­ma voranzutreiben«, sagt Eichstädt.

Die Fair­trade-Zer­ti­fizierung ist also kein Selb­stzweck. Wie Diana Schlegel vom Vere­in Trans­Fair bere­its 2015 der Süd­deutschen Zeitung sagte, soll die Zer­ti­fizierung erst der Startschuss zu eigen­em Engage­ment sein. Wer sich auf der Ver­lei­hung aus­ruht, wird sich schnell dem Vor­wurf des Siegel­sam­melns zu PR-Zweck­en aus­ge­set­zt sehen. Es braucht auch danach viel Ein­satz, um das The­ma weit­er­hin in der Öffentlichkeit zu hal­ten. Das Stu­den­ten­werk Halle verkauft schon jet­zt auss­chließlich fair gehan­del­ten Kaf­fee. Soll­ten mehr Anbi­eter diesem Beispiel fol­gen, ist der glob­alen Gerechtigkeit vielle­icht mehr geholfen als durch ein schwarz-grün-blaues Emblem, das sich die Uni auf die Fah­nen schreiben kann.

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