Aller Kri­tik an den Ver­hand­lun­gen und deren Resul­tat zum Trotz stim­men 91,4 % der Studieren­den an der MLU für das Semes­tertick­et und somit auch für die umstrit­tene Preis­steigerung. Weil es keine bessere Alter­na­tive gab? 

Unzäh­lige Debat­ten, drei Infover­anstal­tun­gen, eine Abstim­mung – die Online-Befra­gung über die Fort­führung des MDV-Tick­ets polar­isierte die Gemüter. Dies spiegelte sich auch in der Wahlbeteili­gung wider: Mit 48,3 % für eine Wahl im Hochschulkon­text eine beachtliche Leis­tung und ein weit­eres Indiz für die Bedeut­samkeit dieser Debat­te. Wer ein­er der besagten Infover­anstal­tun­gen bei­wohnte, hätte ver­mut­lich sog­ar ern­sthafte Zweifel daran gehegt, dass sich die Studieren­den­schaft an der MLU let­zten Endes doch mit so großer Mehrheit für das Tick­et aussprechen würde. Zu groß schien die Kri­tik im Vor­feld: die schrit­tweise Preis­steigerung auf 177,40 Euro im Win­terse­mes­ter 24/25, kein Mehr an Leis­tung und die generelle Unzufrieden­heit mit dem Sol­i­darprinzip des Tick­ets – mit welchem man auch in Zukun­ft nicht in dieses ominöse Wit­ten­berg gelan­gen wird.

Doch wie sich bei den Diskus­sio­nen mit den Befür­wortern des Tick­ets auf den Infover­anstal­tun­gen zeigte, hat­ten die Skep­tik­er sehr wohl weit­ere stich­haltige Argu­mente parat. Ein­er der größten Kri­tikpunk­te blieb hier­bei die man­gel­nde Alter­na­tive an Entschei­dungsmöglichkeit­en. So hätte eine Entschei­dung kon­tra Tick­et Neu­ver­hand­lun­gen von wahrschein­lich zwei Jahren Dauer bedeutet, bis dahin hät­ten die Studieren­den auf das Azu­bi-Tick­et zurück­greifen müssen. Dieses kostet – für die Zone Halle – aktuell 51,70 Euro monatlich und ist somit erhe­blich teur­er als ein Semes­tertick­et, welch­es im Win­terse­mes­ter 19/20 mit 134,90 Euro (also 22,48 Euro monatlich für Fahrten quer durchs MDV-Gebi­et) daherkommt. Kein Wun­der, dass viele somit gar nicht das Gefühl hat­ten, eine Entschei­dung tre­f­fen zu kön­nen – das Ja zum Tick­et schien trotz Unzufrieden­heit mit den Ergeb­nis­sen der Ver­hand­lun­gen bere­its festzuste­hen. So hörte man vielerorts, dass kein­er Lust habe, die verbleiben­den Jahre des Studi­ums in Halle unter dem Joch des Azu­bi-Tick­ets zu ver­brin­gen. Eben­so war von der Hoff­nung die Rede, mit dem Studi­um bere­its fer­tig zu sein, sobald die große Preis­er­höhung komme. Einen pos­i­tiv­en Neben­ef­fekt kön­nen die Zuständi­gen fürs Semes­tertick­et somit bere­its für sich ver­buchen: sie befeuern die Moti­va­tion, das Studi­um in Regel­stu­dien­zeit durchzuziehen.

»Nicht die Studierenden sollten sich anpassen, sondern umgekehrt«

Nach der Bekan­nt­gabe der Ergeb­nisse am Dien­stag, dem 20. Novem­ber, spürte man über­wiegend Erle­ichterung. Vor allem bei den Pendlern, an der MLU eine nicht zu ignori­erende Zahl, dürfte das Abstim­mungsergeb­nis für gute Laune gesorgt haben – und selb­st wer nicht jeden Tag pen­delt, genießt es, ab und zu nach Leipzig aus­brechen zu kön­nen, wenn Halle mal zu prov­in­zlastig scheint. Doch die Debat­ten rund um das Tick­et hin­ter­lassen den Ein­druck, dass die Studieren­den sich in den Ver­hand­lun­gen die Bedin­gun­gen dik­tieren ließen, obwohl es auch umgekehrt hätte stat­tfind­en kön­nen: So ver­di­ent die HAVAG jährlich allein durch die Ein­nah­men des Semester­tickets zweiein­halb Mil­lio­nen Euro, auf die man mit Sicher­heit nicht verzicht­en wollen würde. Einige Stim­men gaben im Vor­feld der Wahl gar zu ver­ste­hen, dass mit einem Nein zum Tick­et endlich vernün­ftige Ver­hand­lun­gen im Sinne der Studierenden­schaft statt der Verkehrs­be­triebe möglich wären.

Diese Chance ist vor­erst ver­tan, im Gegen­zug dafür wird von ner­ven-
aufreiben­den Neu­ver­hand­lun­gen oder teuren Azu­bi-Tick­ets nicht länger die Rede sein – das »Nein« zum Tick­et wurde um (min­destens) sechs weit­ere Jahre vertagt. Doch es bleiben berechtigte Zweifel, ob die Studieren­den­schaft es sich ein zweites Mal gefall­en lassen wird, mit der­ar­ti­gen Preisauf­schlä­gen trotz gle­ich­bleiben­der Leis­tung kon­fron­tiert zu wer­den. So äußerte sich bei ein­er der Infover­anstal­tun­gen ein Diskus­sion­steil­nehmer wie fol­gt: »Nicht die Studieren­den soll­ten sich anpassen, son­dern umgekehrt«.

Vielle­icht ein wertvoller Tipp für die näch­sten Verhandlungen.

Als das voll­sol­i­darische MDV-weite Semes­tertick­et im Stu­di­en­jahr 2014/2015 an der Mar­tin-Luther-Uni­ver­sität einge­führt wurde, standen die jährlichen Preis­steigerun­gen bis 2018/2019 bere­its fest. Im neuen Ver­tragszeitraum wer­den die Tick­et­preise deut­lich teur­er. Sie gel­ten für die Uni Halle, die Burg Halle und die Hochschule Merse­burg. Ver­tragspart­ner mit dem MDV ist das Stu­den­ten­werk Halle. Für die Uni­ver­sität und Hochschulen in Leipzig gel­ten etwas höhere Preise, weil die Studieren­den vor­wiegend den dor­ti­gen Stadtverkehr nutzen und weil Leipzig zen­traler im MDV-Gebi­et liegt. Dort steigen die Beiträge von derzeit 125 Euro jährlich um 10 Euro. Im Stu­di­en­jahr 2023/24 wird der Tick­et­preis in Leipzig 175 Euro pro Semes­ter betra­gen.
Grafik: Kon­rad Dieterich
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