Vier Jahre des Verhandelns sind vor­bei – das neue Hochschulgesetz für Sachsen-Anhalt ist bewil­ligt! Für manch einen ist es ein „bedeu­ten­der Meilenstein“ für die Wissenschaft, für ande­re eher ein klei­ner, den­noch spür­ba­rer Fortschritt Richtung Zufriedenheit. 

Am 7.5.2020 wur­de das neue Hochschulgesetz im Landtag von Sachsen-Anhalt ver­ab­schie­det. Die Schwerpunkte: mehr Ausgründungen, mehr Autonomie und mehr Mitsprache aller Hochschulgruppen. Mit dem Gesetz sei­en die Hochschulen nun wett­be­werbs- und zukunfts­fä­hi­ger, so Wissenschaftsminister Willingmann. Mit gemisch­ten Reaktionen und Kritik war zu rech­nen, aber im Großen und Ganzen gibt es laut Lukas Wanke, einem vor­sit­zen­den Sprecher des Stura, „spür­ba­re Verbesserungen, über die wir sehr froh sind“.

Die wohl größ­te Veränderung ist die Abschaffung der Langzeitstudiengebühren. Als zwölf­tes Bundesland ver­langt Sachsen-Anhalt die­se von Studierenden nun nicht mehr. Die Hoffnung, dass sich dadurch die Anzahl der Langzeitstudierenden senkt, hat sich in den letz­ten Jahren nicht erfüllt. Der Grund hier­für ist, dass vie­le ihren Lebensunterhalt selbst finan­zie­ren müs­sen und sich ihr Studium dadurch verlängert. 

Frischer Wind für Karrieremöglichkeiten

Ein wei­te­rer Punkt ist, dass die wirt­schaft­li­chen Betätigungsmöglichkeiten ver­grö­ßert wer­den. Damit soll es den Hochschulen, dem wis­sen­schaft­li­chen Personal und inter­es­sier­ten Partnern aus der Wirtschaft erleich­tert wer­den, Firmen zu grün­den oder sich an ihnen zu betei­li­gen. Diskutiert wur­de hier­bei aller­hand. Dem Landesrechnungshof die Prüfrechte zu ent­zie­hen, schoss bei vie­len in der Opposition übers Ziel hin­aus. Deshalb steht den stär­ke­ren Gestaltungsmöglichkeiten der Hochschulen im neu­en Gesetzesentwurf eine Berichtspflicht an das füh­ren­de Wissenschaftsministerium gegen­über. „Sachsen-Anhalt hat sich gera­de in den ver­gan­ge­nen drei Jahren ver­stärkt zu einem Land der Zukunftstechnologien ent­wi­ckelt. Mit dem Hochschulgesetz legen wir die Grundlage, die­sen Trend zu ver­ste­ti­gen, indem wir dem Gründungsgeschehen aus der Wissenschaft her­aus Schwung ver­lei­hen“, erläu­tert Willingmann. Des Weiteren wur­de das Berufungsrecht voll­stän­dig auf die Hochschulen über­tra­gen. Damit haben sie die Befugnis, Professuren schnel­ler zu beset­zen, ohne die Zustimmung des Wissenschaftsministeriums zu benö­ti­gen. Willingmann betont: „Wir stär­ken damit unse­re Hochschulen im natio­na­len und inter­na­tio­na­len Wettbewerb um die klügs­ten Köpfe“. Um die Karrierewege in Sachsen-Anhalts Hochschulen plan­ba­rer und bere­chen­ba­rer zu gestal­ten, wird im Gesetz die Tenure-Track-Professur fest­ge­setzt. Dabei han­delt es sich um den Erhalt einer Lebenszeitprofessur und erwei­tert damit das Verfahren um eine Beförderungsoption. Die Wissenschaftler:innen wer­den anfangs, wie bei einer Juniorprofessur, befris­tet ein­ge­stellt. Der Unterschied ist jedoch, dass sie nach erfolg­rei­cher Bewährungsphase unmit­tel­bar im Anschluss eine dau­er­haf­te Professur erhalten.

Inforgrafik: Konrad Dieterich, Kartengrundlage: David Liuzzo (CC BY-SA 2.0 DE)
„Kein großer Wurf“

Als ein „erfolg­rei­ches Ergebnis“, wie Willingmann sagt, wür­de Lukas Wanke das neu beschlos­se­ne Hochschulgesetz nicht kom­men­tie­ren. Bei dem gesam­ten Stura hält sich die Freude in Grenzen, da sie sich mehr erhofft hat­ten. Unter ande­rem haben die uni­ver­si­tä­ren Gremien immer noch die Professor:innen-Mehrheit statt der gewünsch­ten Viertelparität. Weiterhin gab es kei­ne aus­rei­chen­den Verbesserungen in den Bereichen Arbeitsrecht und Gleichstellung. Auch blei­ben Zweitstudiengebühren bestehen, die „genau­so schäd­lich sind wie Langzeitgebühren“, betont Lukas. Trotzdem sind sie ins­be­son­de­re über drei Gesetzesabschaffungen froh, für die sie schon seit Jahren kämpfen:

  1. Die der all­ge­mei­nen Anwesenheitspflicht. Ab sofort müs­sen die­se expli­zit von der Prüfungsordnung fest­ge­legt wer­den, und es braucht eine Begründung, war­um die­se im Hinblick auf Format und Inhalt der Lehrveranstaltung not­wen­dig ist. 
  2. Die all­ge­mei­ne Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung in man­chen Fachbereichen. Sie ist nur noch in begrün­de­ten Ausnahmefällen zuläs­sig, und die anfal­len­den Kosten sowie die Verantwortung lie­gen bei der Hochschule. Eine nor­ma­le Krankschreibung vom Arzt ist ab jetzt ausreichend. 
  3. Die Langzeitstudiengebühren, die ab dem Wintersemester 20/21 nicht mehr erfor­der­lich sind. „Mit den Langzeitstudiengebühren fällt ein wei­te­res Relikt aus der Zeit, in der man Gebühren für eine gute Idee hielt. Nur hät­ten die­se nie­mals ein­ge­führt wer­den dür­fen!“ kri­ti­siert Lukas.

Eine aus­führ­li­che­re und abschlie­ßen­de Meinung zu den posi­ti­ven und nega­ti­ven Entwicklungen des Hochschulgesetzes sowie neu aus­ge­ar­bei­te­te Forderungen gibt es vom Stura zu einem spä­te­ren Zeitpunkt. 

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