Die Hochschulwahlen sind vor­bei, die Ergebnisse bekannt­ge­ge­ben. Was ist bei der Wahl her­aus­ge­kom­men, und vor allem: Wie schät­zen die Listen selbst die Ergebnisse ein?

Wer Überraschungen oder gro­ße Veränderungen erwar­tet hat, wird von den Ergebnissen ent­täuscht sein. Zumindest die Sitzverteilung des neu­en Stura ist ähn­lich geblieben.Die Offene Linke Liste (OLLi) gewinnt einen Platz dazu und hat somit 15 Sitze inne. EURE Liste (EULi) bleibt mit sechs Vertreter:innen zweit­stärks­te Kraft. Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) konn­te zwei Mandate hin­zu­ge­win­nen und wird mit fünf Plätzen dritt­stärks­te Fraktion. Sowohl die Juso-Hochschulgruppe (Juso-HSG) als auch die Liberale Hochschulgruppe (LHG) ent­sen­den drei Vertreter:innen, wobei die LHG einen Platz hin­zu­ge­won­nen hat. Die Zahl der unab­hän­gi­gen Mandatsträger:innen sinkt hin­ge­gen von sechs auf zwei Personen. Neu ist die Antifaschistische Liste (AL), die sich zwei Plätze sichern konnte.

Von ins­ge­samt 22 Sitzen im Senat der MLU kön­nen die Studierenden 4 Sitze bestim­men. Je ein Sitz ging an SFF, OLLi, EULi und RCDS. Im Vorjahr hat­ten Jusos und die LHG je einen der Sitze bekom­men. Die stu­den­ti­schen Senatsmitglieder amtie­ren von Februar bis September 2021. Grafik: Konrad Dietrich

Weder die Grüne Hoch­schulgruppe (GHG) noch die Campus Alternative (CAH) waren zur Wahl ange­tre­ten. „Damit ist die Campus Alternative nach zwei Jahren Untätigkeit end­lich auch for­mal aus dem Gremium ver­schwun­den“, freut sich Lukas Wanke, ehe­ma­li­ger Sprecher des Stura und Kandidat der OLLi.

Der offen­sicht­li­che Wahlsieger ist die OLLi. Auf sie ver­tei­len sich knapp mehr Sitze als auf EULi, LHG und RCDS zusam­men. Die Gruppe geht davon aus, dass ihr wei­ter­hin hoher Anteil an den Mandaten unter ande­rem an ihrer bis­he­ri­gen Arbeit im Stura liegt. „Durch die Übernahme vie­ler Mandate und Ämter war die OLLi nicht nur sehr prä­sent, son­dern konn­te eini­ge Wahlversprechen und Schwerpunkte auch aktiv umset­zen“, so Lukas.

Trotzdem ver­bu­chen auch die ande­ren Listen die Wahl als Gewinn. Der RCDS freut sich nicht nur über die zwei neu­en Mandate, son­dern lobt auch die Ergebnisse der LHG und EULi. „Diese Geländegewinne des bür­ger­li­chen Lagers ermu­ti­gen für die Zukunft“, so Jonathan Sieber, stell­ver­tre­ten­der Sprecher des RCDS. Er sieht den Zugewinn dar­in begrün­det, dass Studierende, die mit der Arbeit und inhalt­li­chen Ausrichtung des Stura nicht zufrie­den sei­en, sich eher dem RCDS zuwen­den würden.

Auch die Juso-HSG zeigt sich zufrie­den. In der letz­ten Wahlperiode hat­te sie durch den Übertritt eines Mitglieds zu einer ande­ren Hochschulgruppe einen Platz ver­lo­ren; die­sen hat sie nun fak­tisch zurück­ge­won­nen. Generell berich­te­te die Juso-HSG von einer schwie­ri­gen Ausgangslage. Die durch den ver­scho­be­nen Wahltermin län­ge­re Amtszeit hat­te bei ihnen zu meh­re­ren Rücktritten geführt. Zusätzlich hat­te die Hochschulgruppe ihre Bemühungen auf die Juristische und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät kon­zen­triert. „Es muss aber unser Ziel blei­ben, bei der nächs­ten Wahl wie­der Angebote in mehr Wahlbereichen und Fakultäten machen zu kön­nen“, meint Felix Hanisch, Spitzen­kandidat der Juso-HSG.

Sitzverteilung im 31. Studierendenrat (Amtszeit Januar bis September 2021),
Grafik: Konrad Dietrich
Probleme bei der Onlinewahl

Corona beschleu­nigt über­all die Digitalisierungsbemühungen, so auch bei den Hochschulwahlen. Wie wir im letz­ten Heft berich­te­ten („E‑Voting: Jetzt wird online gewählt“) han­del­te es sich dabei um die ers­ten Onlinewahlen der MLU. Die Möglichkeit der Briefwahl bestand wei­ter­hin. Hohe Erwartungen sind an die neue Art der Stimmabgabe gestellt wor­den. Es wur­de nicht nur davon aus­ge­gan­gen, dass die Wahlbeteiligung stei­gen wür­de, die Ergebnisse soll­ten auch schnel­ler und feh­ler­frei­er ver­öf­fent­licht wer­den kön­nen. Diese Hoffnungen haben sich jedoch nicht erfüllt. Nicht nur ist die Wahlbeteiligung (16,59 %) etwa auf dem Niveau der letz­ten Jahre ver­blie­ben, es gab auch Schwierigkeiten bei der Veröffentlichung der Sitzverteilung. So muss­te die am 18.12.2020 online statt­fin­den­de Wahlparty ohne Ergebnisverkündung zu Ende gehen, die­se erschie­nen auf­grund tech­ni­scher Probleme am dar­auf­fol­gen­den Tag. Zusätzlich wur­de eine Korrektur der Resultate für die offe­nen Plätze des Stura am 8.1.2021 veröffentlicht.

Gleichbleibende Wahlbeteiligung – mangelndes Interesse an Hochschulpolitik?

Dass die Wahlbeteiligung kaum Veränderungen auf­weist, ist über­ra­schend, wenn man bedenkt, dass Onlinewahlen bar­rie­re­frei­er und leich­ter zugäng­lich sind. Die aus­blei­ben­de Veränderung kann unter­schied­li­che Gründe haben. Während Felix den deut­lich ver­spä­te­ten Wahltermin angibt, las­ten OLLi und RCDS dies eher feh­len­der Erreichbarkeit der Studierendenschaft auf­grund von Corona und man­geln­dem Interesse an. Durch die Konzentration auf den Online-Wahlkampf wur­den haupt­säch­lich Studierende ange­spro­chen, die sich ohne­hin schon für Hochschulpolitik inter­es­sie­ren. Das direk­te Feedback und die Interaktion auf dem Campus blie­ben aus, ana­lo­ge Werbung ließ sich nur schwer fin­den. Lukas Wanke gibt dabei zu beden­ken, dass sich die Entfernung zur Uni gene­rell ver­grö­ßert hat. Studierende, die bei­spiels­wei­se das Semester in ihrem Elternhaus ver­brin­gen, sei­en so gut wie nicht zu erreichen.

Während der RCDS zusätz­lich mit Plakaten warb und hier auch von posi­ti­ver Resonanz zu berich­ten weiß, fin­det die Juso-HSG die­ses Mittel zu teu­er und auf­wen­dig. Die ande­ren Listen schei­nen auch ver­mehrt die­ser Meinung zu sein, schließ­lich sah man kaum Plakate auf und um den Campus.

Dass die Wahlbeteiligung trotz der schwie­ri­gen Umstände nicht deut­lich gesun­ken ist, zeigt aber auch, dass die Listen ihre Wählerschaft mobi­li­sie­ren konn­ten. Anhand der Ergebnisse lässt sich zumin­dest nicht von einem schlech­ten Wahlkampf spre­chen. Alle zur Wahl an­getretenen Listen konn­ten ihre Mandate zumin­dest ver­tei­di­gen, wenn nicht sogar ausbauen.

Wahlbeteiligung in den ver­gan­ge­nen zehn Jahren. Jeweils links die Beteiligung an den Stura-Wahlen (2011 bis 2015: Stimmzettel aller Fachschaften, ab 2016: Stimmzettel für die offe­nen Plätze) und rechts die Beteiligung der Studierenden an den Wahlen zum Senat der MLU. Grafik: Konrad Dietrich
Ergebnisse der Senatswahl

Neben dem Stura und den Fachschaftsräten wur­den auch die stu­den­ti­schen Mitglieder des Senats und der Fakultätsräte gewählt. Für den Senat konn­ten sich vier Listen je einen Platz holen: Students for future, EULi, OLLi und RCDS. Die LHG hat­te zwar Kandidat:innen auf­ge­stellt, konn­te sich aller­dings kein Mandat sichern. Students for future sind zum ers­ten Mal zur Wahl ange­tre­ten und hat­ten sich hier­bei auf die Senatswahl kon­zen­triert. Dort erhiel­ten sie die meis­ten Stimmen der ange­tre­te­nen Listen.


Die auf­ge­schlüs­sel­ten Ergebnisse der Stura- und Fachschaftswahl fin­det Ihr hier: https://www.hochschulwahl.info/wahlergebnisse/
Die Ergebnisse der Senats- und Fakultätsratswahlen fin­det Ihr hier:
https://wisswei.verwaltung.uni-halle.de/wahlen/senat-fakrat/2535939_3261155/hochschulwahlen_2020/

Hier kommt ihr zum eng­li­schen Artikel: https://hastuzeit.de/you-voted-the-results-of-the-online-election/

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