Die Uni zu wechseln ist nicht schwer – vorausgesetzt, man hat schon einen Uni-Abschluss. Bei einem Wechsel vor dem Abschluss kann es holpriger werden. Erfahrungsbericht eines Informatikstudenten.
Anfang letzten Jahres telefonierte ich mit zwei Freund:innen. Sie wollten nach Halle ziehen und eine WG gründen. Ich brauchte auch mal einen Tapetenwechsel, und die Didaktik an der Uni Bonn grenzte sowieso an eine Katastrophe. Also machte ich mich an die Recherche. Die Uni schien modern, E‑Humanities fiel mir als interessanter Schwerpunkt ins Auge, und der Betreuungsschlüssel schien deutlich besser. Also warum nicht an die Uni Halle wechseln?
Der Uniwechsel nach Abschluss des Bachelors oder Masters funktioniert europaweit mehr oder weniger problemlos. Ein Uni-Wechsel ohne fertigen Abschluss kann aber durchaus eine Menge Bürokratie bedeuten. Ohne einen Abschluss muss man nämlich jedes Modul anerkennen lassen, und oft ist es nicht ersichtlich, welche Stelle wofür zuständig ist.
Ich nahm Kontakt mit dem Vorsitzenden des Informatik-Prüfungsausschusses in Halle auf. Dieser ist für die Anerkennung von Modulen zuständig. Bald kam die Antwort, dass sich ein Wechsel schwierig gestalten könnte. Man müsse schauen, welche Module wie angerechnet werden können. Mich überkamen Zweifel.
Der Moduledschungel
Mit den Modulhandbüchern der Uni Bonn und der Uni Halle versuchte ich in langen Sitzungen eine Zuordnung meiner absolvierten Module auf die der Uni Halle zu erstellen. Modulhandbücher sind eine gute Sache, um einen ersten Einblick in ein Studienfach zu bekommen, damit zu arbeiten ist allerdings beschwerlich. Die Handbücher sind eher unübersichtlich. In Bonn haben alle Module 6 oder 9 Leistungspunkte, in Halle 5 oder 10. Ähnliche Module heißen oft anders oder sind fachlich verschieden aufgeteilt. Durch geschicktes Kombinieren sollten so wenige Leistungspunkte wie möglich verlorengehen.
Nachdem in den folgenden Tagen eine Modul-Zuordnung auf die Beine gestellt war, kam bald eine Antwort aus Halle. Ich würde ein paar Leistungspunkte verlieren, was aber zu verkraften war, und so entschied ich mich nun endgültig für einen Wechsel.
Undurchsichtigkeit bei der Immatrikulation
Als nächstes stand die eigentliche Immatrikulation an der Uni Halle an. Die ersten Schritte gingen noch online, doch bald kam es zu Problemen. In welches Fachsemester sollte ich eingestuft werden? Also rief ich im Immatrikulationsamt und bei einer Beratungshotline der Uni Halle an. Die Beratungshotline konnte weiterhelfen und meinte, ich solle einfach mal das 5. Fachsemester eintragen. Ich bekam im Anschluss einen Bogen ausgedruckt, auf dem die weiteren benötigten Schritte und Unterlagen vermerkt waren. Semesterbeitrag und SEPA-Mandat, Passbild, Immatrikulationsantrag, Krankenkassenversicherungsnachweis, Antrag auf die Uni-Service Card, eine Exmatrikulationsbescheinigung der Uni Bonn und einen Einstufungsbescheid. Einen Einstufungsbescheid?
Nach einigem Hin- und Hertelefonieren entschied ich mich eine E‑Mail zu schreiben. Das Einstufungsbescheidformular ließ sich nirgends auftun, und überhaupt, wie sollte man das denn schicken, wenn doch noch gar keine Module offiziell anerkannt wurden? Es wurde zudem betont, dass der Antrag erst bearbeitet werden könne, wenn alle Dokumente vorlägen. So entschied ich mich doch lieber dafür, mich ins erste Fachsemester einzuschreiben.
Als das Einstufungsbescheidformular per E‑Mail ankam, war ich schon an der Uni Halle eingeschrieben. Viel später, als der Einstufungsbescheid schon unterschrieben war und ich ihn persönlich im Immatrikulationsamt abgab, erfuhr ich von der verwunderten Sekretärin, dass ich dieses Dokument auch einfach hätte nachreichen können und dass das Fachsemester eh eher als Formsache gelte.
Anerkennung der Module
Nach persönlichem Erscheinen und Vorzeigen des Personalausweises ließ sich ein amtlich beglaubigtes, gestempeltes und unterschriebenes Zeugnis über meine erbrachten Leistungen an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn ausstellen, um meine Module offiziell anerkennen zu lassen. So fordert es das Prüfungsamt Informatik, das für solche Belange zuständig ist.
Ich hatte einen Termin mit dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses vereinbart und für jedes Modul einen Antrag ausgefüllt, 18 Stück an der Zahl. Ich ließ sie von diesem unterschreiben und lief dann mit den unterschriebenen Anträgen zum Prüfungsamt nebenan, um sie abzugeben. Dort wurde noch nahegelegt, die Modulnamen der Uni Bonn ins Englische zu übersetzen, damit das Zeugnis später auch auf Englisch gedruckt werden könne. So weit, so gut.
Nach ein paar Telefongesprächen erfuhr ich dann, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses ebenfalls für Einstufungen in höhere Semester zuständig sei. Bei einem weiteren Termin ließ sich der Bescheid nun auch unterschreiben und mit dem Umweg über das Prüfungsamt beim Immatrikulationsamt abgeben.
Was sich immer wieder als hilfreich erwies: Fragen – vor allem vor Ort oder telefonisch, so ließen sich Probleme am direktesten aus dem Weg räumen. Eine weniger über diverse Webseiten verteilte Informationsschnitzeljagd wäre sicherlich auch von großem Vorteil gewesen. Wären die Modulhandbücher übersichtlicher, so wäre auch hier eine große Hürde genommen. Zum Beispiel könnte jeder inhaltliche Abschnitt eines Moduls mit Leistungspunkten versehen werden statt das Modul als Ganzes. So umständlich wie ein Wechsel sein kann, so umständlich muss er nicht bleiben.
Glücklicherweise ist Informatik NC-frei, sonst hätte es eventuell zu weiteren Problemen kommen können. Aber: Nur Mut zum Wechsel, es hat sich trotz allem gelohnt!
Vielen Dank für diesen Artikel! Super hilfreich für mich, ich plane nämlich gerade von Hamburg nach Halle zu wechseln und bin schon ein wenig an der Bürokratie verzweifelt, aber beruhigend zu wissen das es trotzdem klappen kann 🙂