Im Norden sagt man: „Der Wind kommt immer von vorne“. Genau das bekommen auch Nono und Max, zwei Studienfreunde, am eigenen Leib zu spüren. Die beiden schwingen sich auf die Fahrräder, um für ein Projekt in Guatemala Geld zu sammeln. Sie haben ihre Reise von Berlin nach Peking festgehalten und filmisch begleitet.
Eins haben Max und Nono gemeinsam: Sie hassen Fahrradfahren. Doof nur, dass sie sich als Ziel gesetzt haben, mit dem Fahrrad von Berlin nach Peking zu fahren und dabei 50 000 Euro für ein gemeinnütziges Projekt zu sammeln. Der Plan dafür kam während einer gemeinsamen Reise nach Guatemala auf, wo sie Kinder unterrichteten und mit den prekären Zuständen des guatemaltekischen Schulsystems konfrontiert wurden. Dort kann jedes fünfte Kind nicht zur Schule gehen. Mit dem gesammelten Geld wollen sie einen Schulbau in Guatemala unterstützen und auf diese Weise möglichst vielen Kindern den Schulbesuch ermöglichen.
Nach sechsmonatiger Planung sitzen sie nun auf ihren Fahrrädern und machen sich auf den Weg nach Peking. Ihre Reise halten sie währenddessen über die Sozialen Medien und mit der Kamera fest, um so Geld von Sponsor:innen für die Schule in Guatemala zu sammeln und Aufmerksamkeit für ihr Projekt zu gewinnen. Daraus soll später der Film Biking Borders werden, der viel mehr als nur ein Abenteuerfilm über ihre Fahrradreise ist.
„Ich glaube Rückenwind ist ‘ne Lüge“
Immer mit dem Fahrtwind im Gesicht begegnen sie auf ihrer Reise wilden Tieren in der Oberlausitz, betreiben professionellen Obstdiebstahl, perfektionieren ihre Essenskombinationen — Brot mit Honig, Sardine und Knoblauchsalz — und steigen mal eben ein paar hundert Kilometer auf Adiletten und Badehosen um. Doch „egal wie gut man plant, bei einer Radtour von Deutschland nach China gerät man irgendwann in den Winter“, bemerken die beiden Freunde. Zelten im Schnee ist also auch eine neue Erfahrung, die die beiden eher unfreiwillig machen müssen.
„Bei ‑20°C in Ostanatolien dürfen wir in einer Teestube schlafen“
Mit Biking Borders entsteht ein wunderbarer Film, der einem die Welt mal eben ins Wohnzimmer holt und das Fernweh größer werden lässt. Und auch zeigt er, dass viele Klischees und Vorurteile Ländern und Menschen gegenüber einfach überholt, unreflektiert und nicht realistisch sind. Mit diesen Klischees räumen auch andere Reisefilme auf. Wie bereits die Protagonist:innen des Reisefilms „Weit. Die Geschichte von einem Weg um die Welt“ sagten: „Es ist schade, dass einige Länder nach außen auf einige wenige Extremist:innen reduziert werden. Man könnte auch von den anderen Millionen Menschen erzählen, die dort leben. Es ist schade, wie einseitig Globalisierung manchmal funktioniert. Selbst Exportgüter schaffen es scheinbar schneller um die Welt, als die Nachricht, wie freundlich und zuvorkommend die Menschen dort sein können“.
„Die Leute teilen ihr Essen und ihr Leben mit uns“
Aber noch viel wichtiger als das Erreichen des Ziels war für Max und Nono der Weg dahin. An diesem Weg lässt einen Biking Borders teilhaben. Und obwohl sie auf ihrer Reise nur flüchtig in Kulturen und Lebensweisen eintauchen und stets aus ihrer privilegierten europäischen Sicht berichten, zeichnet der Film ehrlich und authentisch wirkende Bilder ab. So sagt Nono vor der iranischen Grenze: „Wir sind unglaublich gespannt auf das Land an sich, auf die Leute, vor allem aber auch auf die Unterschiede von dem was man sich vorstellt und wie es wirklich ist”. Später wird ihnen speziell dieses Land mit seiner Gastfreundschaft und Offenheit besonders ans Herz wachsen.
Die Begegnungen bleiben in Erinnerung und zeigen das alltägliche Leben der Menschen jenseits des Tourismus. Und auch die Tiefpunkte der Reise werden nicht ausgespart: Platte Reifen, Kälte und schlechte Straßenverhältnisse sind auf manchen Streckenabschnitten ständige Begleiter.
Dennoch führt einem Biking Borders die Schönheit und Weite der Welt vor Augen und zeigt wunderbare Bilder der Herzlichkeit ihrer Bewohner:innen.
Der Film wurde im Februar 2021 auf den Streaming-Plattformen Netflix und Amazon Prime veröffentlicht. Im März 2021 erschien das Buch Lektionen für ein richtiges gutes Leben von Nono Konopka, in dem er seine Erfahrungen der Reise verarbeitet.