Nach dem gro­ßen Protest gegen die vom Rektorat in Umlauf gebrach­te Beschlussvorlage beschließt der Senat der MLU nach vier­stün­di­ger Diskussion eine deut­lich ver­kürz­te Stellungnahme. Kürzungen wird es den­noch geben müs­sen. 

Der Streit um Kürzungen an der Martin-Luther-Universität hält an. Ihr feh­len laut eige­nen Angaben ca. 15 Millionen Euro. Um nicht lang­fris­ti­ge Schäden davon­zu­tra­gen, hat das Rektorat vori­ge Woche eine Beschlussvorlage in Umlauf gebracht, die nicht nur bei den betrof­fe­nen Fachschaften auf viel Widerstand stieß, denn es soll mas­siv gekürzt wer­den. Auch die aka­de­mi­sche Welt im In- und Ausland nahm die Pläne kri­tisch zur Kenntnis. Die Petition der Philosophischen Fakultät I “Kahlschlag an der MLU ver­hin­dern” (https://www.openpetition.de/petition/online/kahlschlag-an-der-mlu-verhindern-fakultaeten-retten) wur­de 16.000-mal unterzeichnet. 

Wer hat Schuld? 

Die MLU sei chro­nisch unter­fi­nan­ziert. Das erken­nen die Kritiker:innen des Plans zur Profilschärfung und Haushaltskonsolidierung der Martin-Luther-Universität an. Zur Sicherung der Finanzierung haben Land und Hochschulen den Zukunftsvertrag geschlos­sen. Dieser ist die Weiterführung des aus­lau­fen­den Hochschulpakts, durch den die Finanzierung der Universitäten in ganz Deutschland durch den Bund geför­dert wur­de. Seit 2020 haben sich die Länder ver­pflich­tet, die­se Aufgabe zu über­neh­men. Zahlt das Land also ein­fach nicht genug Geld? 

Dem schon län­ger exis­tie­ren­den Haushaltsdefizit muss dem­nach jetzt mit Sparmaßnahmen begeg­net wer­den, damit die Handlungsfähigkeit der Universität mit­tel­fris­tig erhal­ten bleibt. Ausgabereste, die in den letz­ten Jahren die Uni vor grö­ße­ren Kürzungen bewahrt hat­ten, sind nun nicht mehr da. Zu den Sparmaßnahmen hat das Rektorat eine Beschlussvorlage ver­öf­fent­licht, die eine dras­ti­sche Umstrukturierung vor­sieht: Fakultäten sol­len fusio­niert und gan­ze Institute ein­ge­stampft wer­den. Wie? Auslaufende Professuren sol­len nicht wie­der besetzt wer­den. Das trä­fe unter ande­rem tra­di­ti­ons­träch­ti­ge Institute wie die Altertumswissenschaften, die Agrarwissenschaften und auch die Sportwissenschaften. 

Foto: Konrad Dieterich
Große Demo auf dem Uniplatz 

Der Protest war groß. Unter ande­rem der Studierendenrat sowie die IG Altertum rie­fen zur Demonstration auf und das mit Erfolg: Eineinhalb Stunden vor der außer­or­dent­li­chen Senatssitzung am 2. Juni, in wel­cher der Grundsatzbeschluss bespro­chen wer­den soll­te, ver­sam­mel­ten sich knapp 1000 empör­te Student:innen auf dem Universitätsplatz. Ihren Protest zie­ren Aufschriften wie “Et Tu Rector?” oder “#MLUnterfinanziert”, mit denen sie die geplan­ten Sparmaßnahmen, die Unterfinanzierung durch das Land und die sei­tens des Landes prak­ti­zier­te neo­li­be­ra­le Hochschulpolitik anprangern. 

Tatsächlich ist bis zuletzt nicht genau klar, um was es sich bei den Rektoratsvorschlägen über­haupt han­delt. Wäre der Beschluss irrever­si­bel gewe­sen, wenn der Senat dem Papier zuge­stimmt hätte? 

Schon zu Beginn der Online-Senatssitzung um 13.30 Uhr – zu der unse­re Autor:innen erst 13.50 Uhr zuge­las­sen wur­den – stell­te Rektor Christian Tietje klar, dass nicht über den Inhalt des erst weni­ge Tage alten Plans abge­stimmt wer­den soll­te und die Vorlage nur als Diskussionsanstoß gemeint sei. Dieser stieß, wie schon zuvor auf dem Universitätsplatz, auch in der Senatssitzung – bei der zeit­wei­se über 900 Menschen teil­nah­men – auf ein­hel­li­ge Ablehnung. Eine beschluss­fä­hi­ge Mehrheit wür­de sich nicht finden. 

Beschluss einer abgeschwächten Fassung 

Nach vier­stün­di­ger Diskussion kris­tal­li­sier­te sich eine trag­fä­hi­ge Mehrheit für eine durch Bertold Marquardt (Senatsmitglied und Vertreter der Statusgruppe der sons­ti­gen Mitarbeiter:innen) abge­schwäch­te Fassung der Rektoratsvorlage her­aus. Diese erkennt die Notwendigkeit des Handelns ange­sichts der schwie­ri­gen Haushaltssituation an. Gleichwohl wird dabei betont, dass mit dem Beschluss nur ein Einstieg in einen lan­gen Prozess gemacht wer­de. Inhaltlich distan­ziert er sich deut­lich von den vom Rektorat vor­ge­schla­ge­nen Streichungen. Angenommen wur­de das Papier mit 21 Dafür-Stimmen (1 dage­gen, 1 Enthaltung). 

Foto: Konrad Dieterich

Aufatmen kön­nen die von den Plänen des Rektorats betrof­fe­nen Institute aller­dings nicht. Es bleibt abzu­war­ten, wel­che Einsparungsmaßnahmen getrof­fen wer­den müs­sen, wenn die Landespolitik nicht der Forderung nach mehr Geld nachkommt. 

Wie geht es jetzt weiter? 

Nachdem am 14. Juli erneut auf dem Uniplatz demons­triert wur­de, grün­de­te sich zur glei­chen Zeit das Aktionsbündnis „#MLUnterfinanziert – Perspektiven schaf­fen“ offi­zi­ell. Es besteht unter ande­ren aus StuRa, Personalrat, lin­ken Hochschulgruppen und Fachschaftsräten betrof­fe­ner Fakultäten. Gleichzeitig ist es für alle demo­kra­ti­schen Universitätsangehörigen offen. Auffällig ist jedoch, dass sich bis­her kein:e Vertreter:in aus der Professor:innenschaft im Bündnis fin­det, stellt die­se Gruppe doch die Mehrheit der im Senat sit­zen­den Mitglieder dar. Das Aktionsbündnis setzt sich für die Fächervielfalt an der MLU ein und lehnt sie geplan­ten Streichungen ab. 

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