Er ent­schei­det über die Qualität und zukünf­ti­ge Gestaltung von Studiengängen. Er ist die Körperschaft, wel­che unter ande­rem über die kon­tro­vers dis­ku­tier­ten Kürzungen ent­schie­den hat – aber wer ist die­ser Akademische Senat? Zu Ehren des neu amtie­ren­den Gremiums folgt nun Wissen-To-Go über eine der mäch­tigs­ten Institutionen auf dem Campus.

Die Debatten waren lang, die Bedenken sind bis dato groß, und das Aktionsbündnis „MLUnterfinanziert“ enga­giert sich weiter­hin, gegen die im April 2022 beschlos­se­nen Sparpläne der Universität vor­zu­ge­hen. Im Endspurt der Diskussionen mobi­li­sier­ten sich hun­der­te Hochschulangehörige, um gegen die geplan­ten Kürzungen zu demons­trie­ren – der Protest rich­te­te sich gegen die Entscheidung des Senats.

Der Senat gehört der grund­sätz­li­chen Organisa­tion der Hochschule an, die skiz­zen­haft anhand des deut­schen Regierungssystems erläu­tert wer­den kann. Das Rektorat über­nimmt im uni­versitären Kontext die Rolle der deut­schen Regierung. In der Regierung, das heißt im Bun­deskabinett, ver­sam­meln sich Bundeskanzler Olaf Scholz mit 16 Minister:innen, deren Auf­gabengebiete vom Umweltschutz bis zu den Finanzen rei­chen. Prof. Dr. Claudia Becker ist unser Olaf Scholz und seit 1. September 2022 die ers­te weib­li­che Rektorin der Universität Halle­-Wittenberg. Ihr Kabinett wird durch Prorektor:innen mit Zuständigkeitsbereichen wie „Forschung“ oder „Studium und Lehre“ gedeckt sowie durch eine:n verantwortliche:n Kanzler:in für Verwaltungsaufgaben. Sowohl Herr Scholz als auch Frau Prof. Dr. Becker sind für vier Jahre im Amt.

Der Senat prä­sen­tiert sich als der Deutsche Bundestag, wobei bei­de Organe ver­schie­de­ne Parteien ein­schlie­ßen. Im Bundestag sit­zen aktu­ell sechs Fraktionen und vier fraktions­lose Herren, wobei das Wahlergebnis der Bevöl­kerung über die Größe der jewei­li­gen Frak­tionen bestimmt.

Im Gegensatz zum Bundestag ist die Sitzplatz­verteilung des Senats kon­stant, außer das Lan­deshochschulgesetz ver­an­lasst Änderungen wie im Juli 2021, als die Gruppe der Hochschul­lehrer:innen durch zwei wei­te­re Plätze ergänzt wur­de. Folgende Mitgliedergruppen tagen monat­lich im Senat: 14 Hochschullehrer:innen, vier wis­sen­schaft­li­che Mitarbeiter:innen, vier Studierende und zwei wissenschaftsunterstüt­zende Arbeitnehmer:innen. Zusätzlich stimm­berechtigt ist der bezie­hungs­wei­se die Gleich­stellungsbeauftragte. In bera­ten­der Funktion anwe­send sind neun Dekan:innen, eine Ver­tretung des Studierendenrates (StuRa), ein:e Inklusionsbeauftragte:r, ein:e Ausländerbeauf­tragte:r, ein:e Vorsitzende:r des Kuratoriums und ein:e Vertreter:in der Promovierenden.

Meist sind die Zuschauerreihen im Hallischen Saal spär­lich gefüllt, aber Ausnahmen bestä­ti­gen die Regel: …

Die Dekan:innen sind Vertreter:innen der ein­zelnen Fakultäten, wäh­rend der oder die Ver­treter:in des StuRa für die Studierendenschaft spricht. Das Kuratorium ist ein bera­ten­des Gre­mium, das fünf nicht­-uni­ver­si­tä­re Mitglieder aus Wirtschaft, Politik oder Kultur ehrenamt­lich beset­zen, unter ande­rem die General­konsulin der Bundesrepublik Deutschland in Gdańsk. Die Persönlichkeiten unter­stüt­zen mit ihrer fach­li­chen Expertise und einer exter­nen Perspektive die Profilbildung, die Wettbe­werbsfähigkeit sowie die Öffentlichkeitsarbeit der Hochschule.

Gewählt wer­den die eben auf­ge­führ­ten stimm­berechtigten Mitglieder durch Hochschul­wahlen von Angehörigen der Universität, wobei der bzw. die Rektor:in anschlie­ßend von den Mitgliedern des Senats bestimmt wird. Die Amtszeit der Mitglieder erstreckt sich auf vier Jahre, aller­dings kön­nen sich die Studieren­den ledig­lich für ein Jahr im Gremium enga­gieren. Kritische Stimmen beto­nen fort­lau­fend, dass die stu­den­ti­sche Vertretung verhältnismä­ßig aus­ge­baut wer­den soll­te, da sie die prozen­tual größ­te Gruppe in der Hochschullandschaft repräsentieren.

Der Einfluss des Senats ist erheb­lich – es kön­nen Studiengänge ein­ge­rich­tet bezie­hungs­wei­se geschlos­sen werden …

… Anlässlich geplan­ter Einschnitte im Studiengang der Politikwissenschaften war der Andrang wie­der ein­mal groß. Mehr dazu auf hastuzeit.de

Und nun zurück zum Anfang, bevor die Regie­rungslehre ange­fan­gen hat – der Senat, die Kürzungen, der Protest. Das Hochschulge­setz des Landes Sachsen­-Anhalt führt in Paragraf 67 a die Aufgaben des Senats auf, wobei der Wortlaut „Entscheidungen tref­fen“ ganz oben steht. Beschlüsse hat die­ses Gre­mium über Forschungsangelegenheiten bezie­hungsweise ‑schwer­punk­te und den Hoch­schulentwicklungsplan (HEP) zu tref­fen. Der am 6. April 2022 final beschlos­se­ne HEP ali­as „Martin­-Luther­-Universität 2030. Par­tielle Fortschreibung und Aktualisierung des Hochschulentwicklungsplanes der Mar­tin­-Luther­-Universität Halle-Wittenberg 2014“ ist der Auslöser für die Proteste im Frühjahr 2022. Das vor­ge­schla­ge­ne Papier der Rekto­rats wur­de durch den Senat beschlos­sen und soll bis 2030 acht Millionen Euro im Haushalt der Universität ein­spa­ren, wes­halb eini­ge Mit­arbeiter:innen ihren Arbeitsplatz ver­lie­ren und Studierende sich einen neu­en Ort für Studien­gänge wie bei­spiels­wei­se die Südasienkunde suchen müssen.

Der Einfluss des Senats ist erheb­lich – es kön­nen Studiengänge ein­ge­rich­tet bezie­hungs­wei­se geschlos­sen oder Studien­ und Prüfungsord­nungen geän­dert wer­den. Zudem steht er in der Pflicht, eine gerech­te Frauenquote in allen Berufsgruppen sowie bei der Verteilung von Stipendien zu sichern oder die Qualität von Forschung und Lehre zu bewahren.

Der Senat reprä­sen­tiert ein schein­bar exklu­sives Organ, wobei ein:e Student:in sehr wohl einen Platz in der Runde ein­neh­men kann und soll­te – eben­so wie übri­gens auch als Abge­ordnete:r des Bundestags. Wer Diskurse über Anträge, Wahlverfahren und büro­kra­ti­sche Notwendigkeiten schätzt, kann als stu­den­ti­sche Vertretung oder Zuschauer:in an Sitzungen teil­neh­men. Tatsache ist jedoch, dass die Tri­büne wäh­rend der öffent­li­chen Sitzungen zumeist von Staub besetzt wird.

Text: Anne-Cathrin Kloß
Fotos: Henriette Schwabe

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