Unbequem, läs­tig und immer dabei – die zwei­te Unterhose der Frau. Was die Brüste ver­bro­chen haben, um jeden Tag durch Gitterstäbe eines Gefängnisses bli­cken zu müssen …

Als Mädchen bekommt man oft schon beim kleins­ten Anzeichen wach­sen­den Busens von der Mutti einen BH in die Hand gedrückt. Oder aber man bemerkt in der Umkleide vorm Sportunterricht in der vier­ten Klasse die ers­ten jun­gen Damen, die ihre Brust ver­de­cken. Warum genau man die­sen BH nun trägt, weiß man in dem Moment nicht, son­dern man fühlt sich sicher, weil die Anderen das auch so tun. Selbst im Schwimmbad lau­fen die Mädels mit fünf Jahren bereits im Bikini her­um, obwohl ihre Brust noch genau­so flach wie die der Jungs ist. Ein Mädchen, das nur mit Badehöschen beklei­det ins Wasser springt, wird teil­wei­se schief ange­guckt. Doch war­um ach­tet man eigent­lich so sehr dar­auf, was die ande­ren tun?

Frauen tra­gen oft aus gesell­schaft­li­chen Gründen einen BH. Ob sie nun Rückenschmerzen davon bekom­men oder die Bügel rei­ben, ist da egal. Sieht man Brustwarzen durch ein dün­nes T‑Shirt, starrt gefühlt gleich die hal­be Welt dar­auf und zer­reißt sich die Münder dar­über. Aber ist es über­haupt so schlimm?

Aus Erfahrung kann ich ver­spre­chen: Nein, es ist nicht so schlimm! Seit dem letz­ten Winter habe ich selbst kaum noch einen BH getra­gen, weil mei­ne Pullover sowie­so kei­ne groß­ar­ti­ge Sicht gewährt haben. Am Anfang hat­te ich schon das Gefühl, man wer­de von allen Seiten schief ange­schaut und jeder Blick lie­ge auf mei­nen Brüsten, doch mir wur­de schnell klar, dem ist gar nicht so. Mittlerweile hängt bei mir die Entscheidung mehr davon ab, wann ich selbst das Bedürfnis habe, einen BH zu tra­gen, und nicht weil ich es soll­te. Doch war­um ist es sogar gesün­der, auch mal dar­auf zu verzichten?

Illustration: Emilia Peters

Hängebrüste sind nicht auto­ma­tisch die Folge, wenn man den BH mal weg­lässt, auch wenn die Angst bei der einen oder ande­ren auf­kommt. Im Gegenteil: Binde- und Muskelgewebe straf­fen sich wie von selbst, wenn man den Brüsten ihre Freiheit lässt, weil sie sich selbst zu tra­gen haben. Man kann sich hier vor­stel­len, der BH sei wie ein Rollstuhl für eine Person, die nach einem Unfall für die nächs­te Zeit nicht mehr lau­fen kann. Das Muskelgewebe die­ser Person baut sich nach und nach ab, weil man es nicht bean­sprucht, und muss wie­der auf­ge­baut werden.

Nachdem ich gele­sen habe, dass das Weglassen des BHs für eine auf­rech­te­re Haltung sor­gen kann, habe ich es selbst aus­pro­biert und kann dies nur bestä­ti­gen. Mittlerweile ist es für mich viel ange­neh­mer, mei­nen Rücken gera­der zu hal­ten, da die Träger des BHs mei­ne Schultern nicht mehr mit nach vorn zie­hen. So lässt es sich außer­dem viel bes­ser Luft holen und tie­fer einatmen.

Nicht nur wir brau­chen fri­sche Luft, auch die Haut der Brüste muss atmen kön­nen. Im Sommer ist es nicht unüb­lich, dass der Körper schwitzt. Ein BH saugt die­sen Schweiß auf, und die Brüste bekom­men kei­ne fri­sche Luft an die Haut, was zur Bildung von Keimen füh­ren kann. Bei anfäl­li­ger Haut wird dadurch mög­li­cher­wei­se Akne oder Ähnliches verursacht.

Nicht jede Frau fin­det immer einen BH in der rich­ti­gen Größe. Am Ende nimmt sie den, der am ehes­ten sei­ne Aufgabe erfüllt, ob er nun per­fekt passt oder nicht. Der BH liegt aber sehr eng am Körper und schnürt durch die Seitenteile, die Träger oder Bügel die eine oder ande­re Stelle am Oberkörper ab. Dadurch kön­nen nun Lymphgefäße kom­pri­miert wer­den, und der Lymphfluss im Körper behin­dert. Dieser sorgt dafür, dass Giftstoffe und Stoffwechselprodukte aus den Zellen abtrans­por­tiert werden. 

Die Erfahrung, auf das klei­ne Gefängnis für mei­ne Brüste auch mal zu ver­zich­ten, hat mir kla­rer gemacht: Meine Brüste sind auch nur Körperteile wie mei­ne Augen, Beine oder Füße. Es inter­es­siert kei­nen, ob sie per­fekt und sym­me­trisch sind. Natürlich for­de­re ich jetzt nicht alle Leserinnen die­ses Artikels auf: Reißt Euch Eure BHs von der Brust und schmeißt sie in die Mülltonne! Nein. Ich will Euch viel lie­ber dar­auf auf­merk­sam machen, dass Ihr auf Euer eige­nes Wohlbefinden Wert legen sollt. Tragt einen BH, wenn Ihr Lust drauf habt, und nicht, weil Ihr das Gefühl habt, Ihr müsst dies tun.

Illustration: Pauline Franz

Eure Meinungen

Warum tragen Frauen überhaupt BHs? 

Gesellschaftszwang – es wird von Frauen erwar­tet, einen BH zu tra­gen. Keinen anzu­ha­ben wird als komisch emp­fun­den, obwohl es etwas ganz Normales ist. 

weib­lich, 19

Um ihre Haltung zu ver­bes­sern und das männ­li­che Geschlecht etwas zu reizen. 

männ­lich, 19

Ich hab Angst, sonst zu schnell Hängebrüste zu bekommen.

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Damit kei­ner die Nippel sieht. Außerdem wür­de es mei­nen Freund bestimmt stö­ren, weil es zu sexu­ell ist und etwas Anrüchiges hat. Außerdem ist ein BH wäh­rend der Periode ange­neh­mer, weil die Brüste oft wehtun.

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Ein BH betont die Brust und weckt die Neugier, weil man nicht weiß, was dahin­ter­steckt. Er macht es also geheim­nis­vol­ler. Ich kann mir auch vor­stel­len, dass Frauen den BH tra­gen, weil er gut für die Haltung ist und sie sich ohne viel­leicht nackt fühlen. 

männ­lich, 20
Wie würdet ihr es finden, wenn die Frauen plötzlich auf ihre BHs verzichten würden?

Mich wür­de es nicht stö­ren, weil es der Frau selbst über­las­sen ist. Wenn sie sich ohne BH woh­ler fühlt, dann soll sie eben kei­nen tra­gen. Ich wür­de es nicht sexua­li­sier­ter fin­den. Ich ver­ste­he auch nicht, wie­so Nippel bei Frauen immer etwas »Böses« sind, wäh­rend sie bei Männern nie­man­den interessieren. 

männ­lich, 19 

Mir ist es egal. Im Winter zie­he ich selbst kei­nen an. Im Sommer traue ich es mich nicht so oft, weil es da offen­sicht­li­cher ist, aber wenn mehr Frauen kei­nen tra­gen wür­den, wür­de ich es auch eher wagen. 

weib­lich, 19

Bei mei­ner eige­nen Freundin wäre es mir etwas unan­ge­nehm, weil viel­leicht ande­re Typen ihr eher auf die Brüste gucken. Aber im Endeffekt ist es Sache der Frau.

männ­lich, 20
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Jeannette
Jeannette
3 Jahre zuvor

Dieser Irrglaube, ohne BH Hängebrüste zu bekom­men, man trägt am Hintern doch auch kei­nen Halter, aus Angst der Hintern hängt.
Ein Muskel kann sich doch nur auf­bau­en, wenn er geför­dert wird, mit BH defi­ni­tiv nicht.
Ich tra­ge schon seit gut 7 Jahren kei­nen BH mehr, die Träger knif­fen, mein Nacken und Rücken waren ver­spannt, bis hin zu Kopfschmerzen und Migräne.
Seit mei­ne Brüste ” Freigänger” sind, habe ich dies alles nicht mehr, es ist alles wohl­ge­formt, straff und das bei einer ziem­lich, gro­ßen Oberweite.
BH, nein danke!

J. N.
J. N.
5 Jahre zuvor

Solange man klei­ne Brüste hat oder sich nicht schnell oder ruck­ar­tig bewegt, fin­de ich es ohne auch ange­neh­mer ohne BH. Aber rennt mal mit gro­ßen Brüsten! Da fin­de ich einen BH ange­neh­mer, da es sonst an den Brüsten reißt. Im Sommer schwit­ze ich auch mehr, wenn ich ohne BH rum­lau­fe, denn nach 2 Kids hat die Schwerkraft nach­ge­hol­fen und es ist eine gro­ße Fläche Haut an Haut, wo sich ein See drun­ter bil­det und mei­ne Neurodermitis hervorruft. Bei klei­nen Brüsten wür­de ich nie zum BH grei­fen, aber ab einer bestimm­ten Größe oder Form wird es ein­fach schwie­rig ohne. Daher wäre gut:… Weiterlesen »