Zu fein, zu faul, zu unacht­sam? Ein kurz­er Abstech­er in die Welt des vergesse­nen Mülls und eine Antwort darauf, wie wir dem Irrsinn ent­ge­gen­wirken können.

Ver­pack­ungs­frei einkaufen, Getränke ohne Stro­hhalm, Brötchen im Stoff­beu­tel und Glas- statt PET-Flaschen. Plas­tikarm leben ist ein viel disku­tiertes The­ma, doch den bere­its existieren­den Müll lassen wir meist kom­plett außer Acht. Fast kein­er heutzu­tage weiß, welche Arten von Kun­st­stoff es gibt und wie lange diese brauchen, um in der Natur zer­set­zt zu wer­den. Daher rührt wahrschein­lich auch die Gle­ichgültigkeit viel­er Men­schen, wenn es darum geht, Ver­pack­un­gen ein­fach so im Wald, im Park und am Straßen­rand liegen­zu­lassen oder sog­ar gezielt dor­thin zu schmeißen. Wir sprechen hier nicht zwangsweise von abge­lade­nen Mikrow­ellen, Bergen voll Schutt oder riesi­gen Ansamm­lun­gen von Haus­müll. Es geht hier genau­so auch um Klein­teile aus Plas­tik wie Bon­bon­pa­piere, Zigaret­ten­schachteln oder Ein­weg­bech­er. Denn ger­ade diese schnell vergesse­nen Gegen­stände liegen oft damen- und her­ren­los auf der Wiese herum.

Foto: Lea Albert

Wenn man dann her­aus­find­et, dass ein Zigaret­ten­s­tum­mel unge­fähr fünf Jahre braucht, um zu ver­rot­ten, und davon bis zu 4,5 Bil­lio­nen Stück jährlich auf den Straßen und in der Natur lan­den, ist man erst ein­mal baff. Sog­ar eine ein­fache Plas­tik­tüte benötigt bis zu 20 Jahre, um zu zer­fall­en, eine Alu­dose sog­ar bis zu 200 Jahre. Das Plas­tik wird nach und nach zerklein­ert, die Par­tikel wan­dern ins Erdre­ich, ins Wass­er und in Tier­mä­gen. Schließlich gelangt es als Mikro­plas­tik (Durchmess­er klein­er als 5 mm) in unser Grund­wass­er und in die Meere. Kleb­stoffe, Lack und Zigaret­ten­fil­ter set­zen dazu noch Schad­stoffe frei, die wiederum auch in unsere Böden, ins Grund­wass­er und anschließend auf unsere Teller geraten.

Selb­st wenn der Abfall nur »aus Verse­hen« liegen­ge­lassen wird, den Unter­schied zwis­chen Absicht und Gle­ichgültigkeit ken­nt die Natur nicht. Deshalb sind wir jet­zt an der Rei­he, konkret etwas gegen diesen Wahnsinn zu unternehmen. Ein ver­pack­ungsarmer Lebensstil ist zu Beginn anstren­gend und gar nicht mal so bil­lig. Doch mit dem Müll­sam­meln kön­nen wir jet­zt sofort anfan­gen. Es braucht nicht viel Zeit, ist unglaublich ein­fach umzuset­zen und kann entspan­nt neben­bei erledigt wer­den. Man benötigt nur eine kleine Tüte, zwei Hände und Augen im Kopf. 

So sehen das auch die Stadt Halle und viele weit­ere Gemein­den in Deutsch­land. Denn jedes Jahr zwis­chen März und April find­et ein Früh­jahrsputz à la Sub­bot­nik statt. Man meldet sich allein oder mit ein­er Gruppe zum Arbeitsein­satz in einem bes­timmten Stadt­ge­bi­et an, sam­melt Müll und genießt den Son­nen­schein. Anschließend wer­den die vollen Müll­säcke dann von der Stadt abgeholt.

Aber keine Panik, Ihr müsst jet­zt nicht sofort einen Großein­satz starten, um Halle und Umge­bung sauberzuhal­ten. Man kann klein anfan­gen, im Park Kro­nko­rken und Zigaret­ten­s­tum­mel sam­meln, Plas­tik­stücke am See mit­nehmen und Andere neben­bei darauf aufmerk­sam machen. Auch die #trash­tag-Chal­lenge macht Lust aufs Aufräu­men. Hier­für müsst Ihr ein­fach nur einen ver­müll­ten Ort find­en, ihn aufräu­men und ein Vorher-Nach­her-Bild auf Euren Social-Media-Kanälen posten. Die Natur sauber­hal­ten und gle­ichzeit­ig Fame ein­heim­sen? Das klingt nach ein­er Win-win-Situation.

Foto: Lea Albert
Ein trashiges Hobby

Andere gehen noch einen Schritt weit­er und sam­meln aktiv Müll. Statt am Son­nta­gnach­mit­tag spazieren zu gehen, nehmen sie eine Mülltüte in die Hand und machen sich auf, die Welt ein biss­chen schön­er zu machen. So zum Beispiel auch Sven, der im Fol­gen­den einen kleinen Ein­blick in sein neues Hob­by geben will.

Wann hast du das erste Mal aktiv Müll gesam­melt, und wie bist du darauf gekom­men?
Anfang März habe ich aktiv begonnen, Müll zu sam­meln. Mein Brud­er hat mich dazu gebracht, indem er mich zu einem Plog­ging-Video ver­linkt hat. Aber schon vorher hat es mich bei meinen Jog­gin­grun­den extrem gestört, wie viel Müll über­all herum­liegt. Daher musste ich etwas unternehmen. 

Wie viel Müll nimmst du durch­schnit­tlich mit nach Hause, und wo entsorgst du ihn?
Im Durch­schnitt min­destens eine ganze Tüte, manch­mal auch zwei. Ich entsorge den Müll zu Hause, die Glas­flaschen im Glas­con­tain­er. Wenn es mal zu viel wird, stimme ich mich mit der Stadt ab. 

Was war das Kurios­es­te, was du jemals gefun­den hast?
Eine total zer­störte Waschmas­chine im Straßen­graben und eine kom­plette Ein­rich­tung mit Dach­pappe in einem Wald­stück. Das hat mich schon echt zum Staunen gebracht.

Was treibt dich an, weit­erzu­machen?
Ich möchte gern in ein­er sauberen Umge­bung laufen gehen. Ich hoffe, dass die Men­schen anfan­gen nachzu­denken und aufhören, ihren Müll acht­los in der Natur zu entsor­gen. Ich will darauf aufmerk­sam machen, dass der Müll in der Natur nichts zu suchen hat. 

Wirst du manch­mal schief angeguckt, oder bekommst du viel Zus­pruch?
Es gibt immer mal wieder komis­che Blicke, aber im Großen und Ganzen bekomme ich sehr viel Zus­pruch. Die meis­ten find­en sehr gut, was ich mache. Es gibt auch immer mehr Men­schen, die auf eigene Faust Plog­ging betreiben. 

Wie motivierst du andere Men­schen dazu, auch aktiv Müll sam­meln zu gehen?
Da wir nur einen Plan­eten haben und auch unsere Kinder in ein­er sauberen Umwelt aufwach­sen sollen, müssen wir was gegen die Ver­mül­lung unternehmen. Unsere Natur ist ein­fach zu schön für diesen Unsinn, und im Müll spazieren zu gehen macht auch keinen Spaß.

Möcht­est du noch etwas Konkretes loswer­den?
Die Leute sollen sich Gedanken machen, wie sie ihre Natur erleben und genießen möcht­en. Jed­er von uns ist gerne draußen zum Grillen, Spazierenge­hen und Wan­dern. Also nehmt euren Müll wieder mit nach Hause. Jed­er Einzelne kann etwas tun; auch wenn man nur den Müll vor sein­er Haustür richtig entsorgt, ist schon viel getan. 

Illus­tra­tion: Emil­ia Peters
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