Gestaltungsideen sollten die Studierenden mitbringen, mögliche Wege und Freiräume wollte Prorektor Pinay-Dummer aufzeigen – ungefähr so war die Gesprächsrunde gedacht. Doch für Visionen hatte das Publikum wenig übrig und forderte konkrete Lösungen ein.
Auf Einladung des Prorektorats für Studium und Lehre waren am 23. Oktober 2024 knapp 40 Studierende in einen Hörsaal des Löwengebäudes gekommen, um unter dem Motto „Deine Uni – Deine Regeln“ Probleme anzusprechen und Vorschläge zu diskutieren. Etwa zehn der Anwesenden waren ehemalige oder aktuelle Stura-Mitglieder, die anderen waren erst zwei Tage zuvor in einer universitären Rundmail zu dieser Veranstaltung eingeladen worden.
Jenseits fester Strukturen und formalisierter Gremienarbeit wollte Prorektor Prof. Dr. Pablo Pinay-Dummer, von Haus aus pädagogischer Psychologe, eine offene Diskussionskultur erproben. Schließlich sei die Universität „traditionell so gedacht, dass lauter vielleicht schlaue Köpfe einen Raum betreten und irgendwas lösen.“ Form und Inhalte des Abends sollten sich aus den Interessen der Studierenden ergeben, daher habe er keine Themen und keinen Ablaufplan mitgebracht. Dennoch ließ er durchblicken: „Ich will nicht nur Brände löschen.“ Er hoffe auch über Bereiche zu reden, mit denen die Studierenden halbwegs zufrieden seien: „An die geht man oft nicht ran.“ Sein Prorektorat sei zwar bei weitem nicht für jedes Anliegen zuständig, aber oft wisse er, wo die richtigen Ansprechpartner zu finden seien, oder hätte eine Vorstellung, auf welchen Wegen innerhalb und außerhalb der Universität Änderungen zu erreichen wären.
Nach einer Phase wohlwollender Ratlosigkeit einigte man sich darauf, dass reihum jeder ein Anliegen vortragen könne. Bei einigen Gelegenheiten konnte der Prorektor einen Leitgedanken des Abends anbringen: Der Weg zum Ziel führt nicht immer durch die Gremien. Eine Studentin befand, „dass der Anspruch der Digitalisierung nicht bei sehr vielen Lehrenden ankommt.“ Ob man die Dozierenden nicht anweisen könne, keine ausgedruckten Blätter und Hausarbeiten mehr zu verlangen und ihre Veranstaltungen online anzubieten, fragten mehrere. Pinay-Dummer erläuterte, dass die Lehrstühle viel Freiheit bei der Ausgestaltung ihrer Lehre haben. Da könne nur Überzeugungsarbeit helfen.
Mit Druck kommt man nicht weiter
Um so mehr stört es viele, dass seit Ende 2023 kaum noch Druckmöglichkeiten an der Universität zur Verfügung stehen. In den meisten Bibliotheken wurden die Multifunktionsgeräte durch Auflichtscanner ersetzt. Diese „Neuerung“ hatte das Rektorat seinerzeit in einer Rundmail mit ausgelaufenen Dienstleistungsverträgen und einer sinkenden Nachfrage für kostenpflichtiges Drucken und Kopieren begründet. Zudem diene die Maßnahme dem Klimaschutz. Trotz studentischer Proteste im Wintersemester 23/24 hat sich die Situation nicht verbessert. Laut Prorektor hat bislang kein Dienstleister ein preislich akzeptables Angebot vorgelegt. Subventionieren dürfte die Uni die Druckpreise nicht.

Auch bei einem anderen Ärgernis hielt Pinay-Dummer Konfrontation für wenig sinnvoll: An einigen Fakultäten können sich Studierende während der Prüfungsphase nicht mit dem üblichen Krankenschein entschuldigen; stattdessen wird ein privatärztliches Attest verlangt, die sogenannte Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung. Darin begehrt das Prüfungsamt unter anderem Auskunft über konkrete Krankheitssymptome. Schon seit 2017 protestiert der Stura immer wieder dagegen. Diese Regelung hielt auch der Prorektor für „drakonisch“, aber rechtlich sei ihr schwer beizukommen. In Gesprächen habe er den Verantwortlichen klargemacht, dass diese Bescheinigungen kostenpflichtig seien und von manchen Arztpraxen gar nicht ausgestellt würden, „dann muss man zum Amtsarzt gehen.“ Manche der Angesprochenen hätten daraufhin gemeint, so hätten sie das nicht gewollt. „Vielleicht haben wir da den ersten Schritt gemacht.“
Eine Studentin wünschte sich für ihr Masterstudium einen größeren Wahlpflichtbereich mit mehr interdisziplinärer Auswahl. Innerhalb der Universität könne das niemand entscheiden, erklärte der Prorektor: „Das Fach wird immer sagen: nee, können wir nicht.“ Denn die Studienprogramme werden in einem externen Begutachtungsverfahren akkreditiert, um ihre Qualität zu sichern und die internationale Vergleichbarkeit zu verbessern. Sie können von der Universität nicht eigenständig verändert werden. „Da muss man mit anderen Leuten sprechen“, etwa mit den Fachgesellschaften.

Nicht wenige der Anwesenden studierten auf Lehramt. Sie wünschten sich mehr praxisrelevante Inhalte, eine breitere Thematik, weniger zeitliche Überschneidungen und einen realistischeren Stundenplan. Pinay-Dummer räumte ein, dass viele Staatsexamensstudiengänge aufgrund ihres hohen Workloads gar nicht als Bachelor/Master akkreditierungsfähig wären. Neben dem Lehramt werden auch Studienprogramme in Fächern wie Jura, Medizin und Pharmazie mit Staatsexamen abgeschlossen. Bei ihnen ist das jeweils zuständige Landesministerium maßgeblich für Umfang und Inhalt der Lehre verantwortlich.
Viele weitere Punkte kamen zur Sprache, so etwa der Wunsch nach einer barrierearmen und inklusiven Lehre, finanzielle Hürden durch vorgeschriebene Studienleistungen oder die Suche nach Räumen für eine studentische Clubkultur. Ehemalige und aktuelle Stura-Mitglieder warfen ein, dass die angesprochenen Probleme nicht neu seien. Der Prorektor meinte, für Anliegen der Art „Das ärgert mich, das soll weg, oder das ärgert mich, das soll her“ seien die etablierten Strukturen und Gremienwege gut geeignet, und dort würden sie auch bereits behandelt. Er sei ohne konkrete Erwartungen hergekommen, aber sehe nun nichts, was für die Fortsetzung dieses Gesprächsformats spreche.
Und nun?
Einige der Anwesenden waren anderer Meinung. Ein Student gab zu bedenken, dass diese Strukturen an der Universität seit Jahrzehnten bestünden und die Probleme dennoch nicht gelöst seien. Andere wünschten sich mehr Transparenz darüber, woran bereits gearbeitet wird und an welche Stellen man sich mit welchen Problemen wenden kann. Studierende aus dem Stura-Umfeld schilderten, wie schwierig es sei, mehr Leute zur Mitarbeit zu gewinnen oder sie auch nur über Informationsangebote wie Rundmail und Social Media zu erreichen. Eine bessere Kommunikation und Mobilisierung hatte sich auch der ehemalige Stura-Vorsitzende Jan-Niklas Reiche von diesem Gesprächsabend erhofft, den er als studentischer Mitarbeiter im Prorektorat gemeinsam mit Pinay-Dummer vorbereitet hatte.
Fünf Tage später verabredete der Studierendenrat in einem Auswertungsgespräch mit dem Prorektor, gemeinsam ein neues Veranstaltungsformat zur studentischen Beteiligung zu entwickeln. Dieses harrt noch seiner Umsetzung. Bis zum Ende des Semesters ist nichts Konkretes dazu bekannt geworden.
Text und Fotos: Konrad Dieterich
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