Über ein Jahr Pandemie — drei Semester, in denen die Universität zum größ­ten Teil geschlos­sen blieb. Die Studierenden wer­den in den Medien und der Politik kaum erwähnt oder beachtet. 

Aussagen wie die von Winfried Kretschmann im März 2021 sor­gen für Unmut “Vergleichen Sie Ihre Situation mit der ande­rer Menschen. Dann wer­den Sie sehen, dass es kei­nen Grund dafür gibt, depres­siv zu wer­den.“ 

Somit ist es nur all­zu ver­ständ­lich, dass der Frust von Lockdown zu Lockdown wei­ter ansteigt. 

Als Anfang April die deut­sche Impfkampagne immer mehr Aufschwung nahm, stell­te sich die Frage, wie eigent­lich die Studierenden der MLU zu dem Thema Impfung ste­hen? Wie vie­le wur­den schon geimpft und was sind die Bedenken bei den Impfungen? 

Umfrageergebnisse 

Um ein Stimmungsbild zu bekom­men, erstell­te die Hastuzeit eine Umfrage, an der von den 20.000 Studierenden der MLU 230 Personen teil­nah­men. Die Umfrage lief über zwei Wochen und ende­te am 26.06.21. 

Unter den Befragten war es erstaun­lich zu sehen, dass der größ­te Teil der Teilnehmer:innen  bereits voll­stän­dig oder zum Teil geimpft wurde. 

Demnach sind cir­ca zwei Drittel bereits voll­stän­dig oder teil­wei­se geimpft, wei­te­re 6% der Befragten gaben an, einen Impftermin zu haben. 

Auch wenn es immer noch auf­wen­dig ist an einen Impftermin zu kom­men, ist es mitt­ler­wei­le für alle in Halle, die sich imp­fen las­sen möch­ten mög­lich, ein Termin beim Haus- oder Facharzt oder im Impfzentrum zu bekommen. 

Die meis­ten der Befragten erhiel­ten ihre Impfung im Impfzentrum, aber da nun die Arztpraxen erst­mals genug Impfstoff haben, wird der Impfvorgang wahr­schein­lich nach und nach auf die­se umschwenken. 

Etwa drei Viertel der Befragten erhiel­ten den Impfstoff von BioNTech oder Moderna, aber auch mit AstraZeneca und Johnson&Johnson wur­den eini­ge geimpft. Dabei ist der Anteil der AstraZeneca-Dosen in der Zweitimpfung sicht­bar gerin­ger. Betreffende haben ins­ge­samt eine Kombinationsimpfung bekommen. 

Diagramme: Stefan Kranz
Diversere Antworten als erwartet 

Sehr divers waren jedoch die Meinungen zum Thema Impfen und zur Sinnhaftigkeit der Beschränkungen und Lockerungen bei einem klei­nen Anteil der Befragten. 

Viele sind der Meinung, dass Privilegien für Geimpfte nicht fair sei­en, solan­ge noch nicht alle ein Impfangebot bekom­men haben. Dies ist zwar nach­voll­zieh­bar, den­noch soll­te man auch hier über den Nutzen spre­chen, da bei­spiels­wei­se eine zusätz­li­che Testung für bereits geimpf­ter Personen kaum ein posi­ti­ves Ergebnis ange­zeigt wür­de. Bei bereits Geimpften ist die Viruslast so gering, dass es nahe­zu unwahr­schein­lich ist, dass ein Schnelltest anschla­gen würde. 

Einige kri­ti­sche Meinungen aus den Fragen, ob die Lockerungen für Geimpfte ange­mes­sen sei­en und war­um die Lockerungen all­ge­mein als dis­kri­mi­nie­rend emp­fun­den wer­den sind unteranderem: 

“Ich habe dadurch das Gefühl, dass ein Zwang ent­steht, sich zu imp­fen, und Menschen, die sich nicht imp­fen las­sen wol­len, benach­tei­ligt wer­den” aber auch radi­ka­ler Meinungen las­sen sich erken­nen: “Grundrechte müs­sen sich nicht Geimpft wer­den und nie­mand darf gezwun­gen wer­den, stän­dig sei­nen Gesundheitsstatus nach­wei­sen zu müs­sen. Das ist Hygienefaschismus.”. 

“Ich sehe in den Lockerungen eine indi­rek­te Nötigung. Wer sich nicht imp­fen lässt, muss sich wei­ter­hin unnö­ti­gen medi­zi­ni­schen Tests unter­zie­hen oder wird vom gesell­schaft­li­chen Leben zumin­dest teil­wei­se aus­ge­schlos­sen.” 

“Wie die Daten bele­gen ist die Impfung gefähr­li­cher als die Krankheit. Wenn die Impfung einen Nutzen hät­te müss­te es kei­ne Einschränkungen für Geimpfte geben. Außerdem hat der gan­ze Lockdown offen­sicht­lich kei­nen Nutzen gehabt.” 

“Es ist nichts über die Wirksamkeit der Impfung bekannt. Ebenso nichts über Langzeitwirkungen oder — schä­den.” 

Zum digi­ta­len Impfpass gibt es auch ver­schie­de­ne Meinungen. Obwohl die Mehrzahl ihn befür­wor­tet, gibt es auch hier kri­ti­sche Stimmen.  Welche mei­nen, “Der Digitale Impfpass ermög­licht staat­li­che Massenüberwachung der Bevölkerung” oder auch “Wem nützt die­ser Pass? Dem Bürger jeden­falls nicht. Ein wei­te­rer Schritt zum Totalitarismus!”. Jedoch han­delt es sich bei den Antworten auch nur um eine klei­ne Minderheit, der größ­te Teil der Befragten spricht sich für die Impfkampagne und die Lockerungen aus. 

Wurden wir vergessen? 

Auch an die Vorschriften haben sich die Befragten nach eige­nen Angaben immer gehal­ten, obwohl sie für vie­le eine psy­chi­sche Belastung darstellten. 

Hier fällt wie­der auf, was auch wäh­rend den letz­ten Monaten zu beob­ach­ten war. Die Studierenden hal­ten sich an Hygienemaßnahmen, las­sen sich imp­fen und sind am wenigs­ten anfäl­lig für schwe­re Verläufe — und trotz­dem hat sich in den letz­ten drei Semestern fast nichts getan. Die Maßnahmen wur­den immer wie­der mit Lockerungen für Wirtschaft, Arbeitsplätze und Schulen neu bewer­tet und ver­än­dert, nur die Studierenden, so scheint es, wur­den ver­ges­sen. Da fühlt es sich schon wie ein Erfolg an, wenn man mit Termin und Maske für ein paar Stunden in aus­ge­wähl­te Zweigbibliotheken darf. 

Auch was die Lockerungen und ihre Transparenz betrifft, gab ein Großteil der Befragten an sich unsi­cher zu sein. Dies ist wahr­schein­lich auf die stän­dig wech­seln­den und regio­nal unter­schied­li­chen Verordnungen zurück­zu­füh­ren bei denen vie­le — selbst wenn sie ver­such­ten immer infor­miert zu blei­ben — irgend­wann kaum mehr durchsahen. 

Diagramme: Stefan Kranz

Abschließend kann also gesagt wer­den: die Studierenden wur­den zwar nicht unbe­dingt beim Impfen ver­nach­läs­sigt, da es mitt­ler­wei­le genug Impfstoff gibt. Bei den Lockerungen wur­de bis jetzt aller­dings kaum auf die Bedürfnisse und Probleme der Studierenden geach­tet. Während in eini­gen Bundesländern bereits Großveranstaltungen wie­der erlaubt sind und in Sachsen die Abschaffung der Maskenpflicht in Supermärkten ansteht blei­ben bei­spiel­wei­se die Bibliotheken wei­ter­hin nur für eine sehr begrenz­te Anzahl an Studierenden offen. 

Studierende wur­den also nicht bei den Impfungen, son­dern bei den Lockerungen vergessen. 

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