Ringe haben von jeher einen beson­deren Stel­len­wert. Sie haben Sym­bol­kraft, sollen schützen, sind ein Beweis der Treue oder ein Zeichen des Sta­tus. Das Lan­desmu­se­um für Vorgeschichte wid­met seit Novem­ber 2019 eine ganze Ausstel­lung magis­chen Rin­gen, in deren Fokus der Ring von Paußnitz steht.

Ringe für den Fin­ger, Hand oder Fuß, den Hals oder Kopf, hat­ten von jeher sym­bol­is­che Bedeu­tung. Die ältesten Fin­ger­ringe, bei Grabun­gen in der Tschechis­chen Repub­lik ent­deckt, wer­den auf die Zeit 35.000 bis 24.000 v. Chr. datiert. Bis heute haben sie ver­schiedene tra­gende Eigen­schaften: Sie dienen als Zierde, als Sym­bol der Herrschaft, als Zeichen der Macht und des Reich­tums und wur­den öffentlich zur Schau gestellt. Im Mit­te­lal­ter kon­nte der Durchmess­er einiger Ringe teil­weise so groß sein, dass sie bequem über den Hand­schuhen getra­gen wer­den kon­nten, beispiel­sweise bei Ban­ket­ten oder der Jagd. 

Die ältesten bekan­nten Fin­ger­ringe aus Pavlov (CZ), 35.000 — 24.000 Jahre vor heute, © Arche­o­log­ický ústav Akademie ved Ceské repub­liky, Brno, v.v.i.
Foto: M. Frouz

Außer­dem haben Ringe eine emo­tionale Bedeu­tung. So kön­nen sie für Dank, Treue, Trauer oder Liebe ste­hen, wie es noch heute der Brauch des Ring­tausches bei der Eheschließung verdeutlicht.

Des Weit­eren haben sie eine religiöse Bedeu­tung, denn Fin­ger­ringe als Objek­te ohne Anfang und Ende ste­hen für die Unendlichkeit des Seins, aber auch als Sinnbild des Bann- und Zauberkreis­es. So ver­helfen sie dem Träger zu Glück, während er ihn in seinem eige­nen Kreis beschützt. 

Auch der Ring von Paußnitz hat allem voran eine magisch-religiöse Bedeu­tung, um welche sich die Ausstel­lung „Ringe der Macht“ im Lan­desmu­se­um für Vorgeschichte noch bis zum 01. Juni 2020 dreht.

Der berühmteste Ring der Macht

Ash nazg dur­bat­ulûk, ash nazg gim­bat­ul / Ash nazg thrakat­ulûk, agh burzum-ishi krim­pat­ul; oder über­set­zt: Ein Ring, sie zu knecht­en, sie alle zu find­en, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden. Der Eine Ring ste­ht bei J. R. R. Tolkien über allen anderen Rin­gen. Wed­er die sieben Ringe der Zwerge, noch die drei der Elben und auch nicht die neun Ringe der Men­schen haben annäh­ernd die Stärke des geheimnisvollen Meis­ter-Rings Saurons.

Tolkien, Pro­fes­sor der altenglis­chen Sprache und Über­set­zer des Beowulf-Epos in das mod­erne Englisch und Vor­re­it­er der lit­er­atur­wis­senschaftlichen Analyse zu eben jen­em Werk, hat sich sein­er­seits an anderen Rin­gen ori­en­tiert. Zum einen an Draup­nir (alt­nordisch „Der Tröpfler“), dem Ring Odins, welch­er Reich­tum, Über­fluss und Frucht­barkeit sym­bol­isiert. Zum anderen war für den Meis­ter-Ring jedoch der „Ring of Sil­vianus“ aus dem 4. Jahrhun­dert auss­chlaggebend, der als Lei­h­gabe den Einen Ring in der Ausstel­lung erset­zt. Damit leit­et die Expo­si­tion in den Rundgang zur Geschichte der Ringe ein – von der nordis­chen Mytholo­gie über Tolkiens lit­er­arisches Werk bis zum um 1200 hergestell­ten magis­chen Ring von Paußnitz.

Von Paußnitz nach Halle

Der Ring von Paußnitz wurde, wie es der Name ver­rät, im säch­sis­chen Dorf Paußnitz (Land­kreis Meißen) schon 1898 gefun­den. Ein Bauer stieß auf einem Gut­shof bei Garte­nar­beit­en auf einen Ton­topf voller Münzen, auf welchem obe­nauf der unschein­bare Sil­ber­ring mit ein­er unbekan­nten Gravur thronte. Allerd­ings schafften es von den hun­derten Münzen nur sieben und der Ring selb­st bis nach Halle. Doch die ein­gravierten Sym­bole kon­nten zunächst nicht gedeutet wer­den, und so wurde der Ring als wert­los eingestuft und ver­schwand im Depot des Museums.

Inschriften­ring von Paußnitz, 13.Jahrhundert, ©Lan­desamt für Denkmalpflege und Archäolo­gie Sach­sen-Anhalt
Foto: Juraj Lipták

Wie auch der Eine Ring nach Isil­durs Tod erst nach Jahrhun­derten von Gol­lum wiederge­fun­den wurde, waren es in Halle gut 100 Jahre, bis der Paußnitzer Ring in den Fokus der Öffentlichkeit geri­et, und zwar fast zeit­gle­ich mit der Veröf­fentlichung des ersten Films über den Ringträger und seine acht Gefährten.

2001 wurde er vom Archäolo­gen Dr. Arnold Muhl im Zuge der Jubiläum­sausstel­lung des Lan­desmu­se­ums wieder­ent­deckt. Die Zeitun­gen betitel­ten den Fund damit, dass ein Zauber­ring im Muse­um aufge­taucht sei. Bed­ingt durch den großen Erfolg des ersten Films riefen zahlre­iche Per­so­n­en im Lan­desmu­se­um an, um den Ring von Paußnitz zu kaufen und ihn so zu ihrem Schatz zu machen. Obwohl zu diesem Zeit­punkt nicht klar war, was die Sym­bole bedeuteten, wur­den vom Lan­desmu­se­um Rep­liken des soge­nan­nten „Zauber­rings“ ange­fer­tigt, die als­dann zum Verkauf ange­boten wer­den kon­nten, um die Anrufer zufrieden zu stellen.

Die Gründe für die Käufer waren vielfältig: Einige sahen in ihm einen Schutzring, andere sprachen ihm eine heilende Wirkung zu und wieder anderen dacht­en, der Ringe mache sie unsichtbar.

(Ver)Neine mich Jesus

Erst 2004 gelang es Friedrich Röhrer-Ertl, damals 26 Jahre alt und Stu­dent der Geschichtswis­senschaft in München, den Code des Ringes zu knack­en. Er hat­te sich eine Rep­lik des Paußnitzer Fin­ger­rings schick­en lassen und diesen jahre­lang getra­gen, immer wieder gedreht und betra­chtet, bis er schließlich den Code entschlüs­seln konnte.

Die Schwierigkeit lag zum Teil daran, dass einige der Buch­staben auf dem Ring schon seit gut 300 Jahren vor dessen Her­stel­lung nicht mehr ver­wen­det wur­den. Zudem lässt sich die Gravur nicht lin­ear lesen, son­dern wur­den zusät­zlich mit ein­er speziellen Tech­nik chiffriert, deren Beginn das Kreuz darstellt, wie es für religiöse, mit­te­lal­ter­liche Texte üblich war. Der Text selb­st ist in mit­tel­hochdeutsch­er Sprache ver­fasst und lautet NAINE MI XPS, was „(ver)neine mich Chris­tus“ bedeutet. XPS ste­ht für den Sohn Gottes, es han­delt sich um eine griechis­che Buchstabenfolge(chi roh sig­ma – auch CHRis­toS), die im Mit­te­lal­ter für Chris­tus ver­wen­det wurde.

Im Gegen­satz zum Einen Ring, der dem Träger die Macht über alle anderen gewährt und ihn damit zum Herrsch­er macht, soll der Ring von Paußnitz den Träger selb­st – das Ich – beherrschen. Alles, was im Ich unrein ist, soll ver­nichtet wer­den, um eine Verbindung zum Höch­sten herzustellen. Die Ver­schlüs­selung diente dazu, den Zauber zu bewahren. Wäre sie sein­erzeit leicht zu lesen gewe­sen, so hätte der Bann mit einem Gegen­za­uber gebrochen und die Magie zunichte gemacht wer­den können.

Da der Urhe­ber des Ringes nicht nur der mit­tel­hochdeutschen Sprache mächtig war, son­dern auch alte Schriften beherrschte, christliche Sym­bole kan­nte und in der Lage war, den Zauber zu chiffrieren, wird angenom­men, dass es sich um einen Mönch oder Klerik­er gehan­delt haben könnte.

Alle Rät­sel um den „Zauber­ring“ sind bis heute allerd­ings noch nicht gelöst, denn diese wis­senschaftliche Deu­tung ist bis heute die einzige ihrer Art und bietet nach Abschluss der Ausstel­lung die Gele­gen­heit, weit­er an der geheimnisum­wobe­nen Gravur zu forschen.

  • Wer noch mehr über die Macht der Ringe wis­sen möchte, kann bis zum 01. Juni die Ausstel­lung besuchen und sich von der Magie beza­ubern lassen.
  • Aktuell wird die Anzahl der Besuch­er und Besucherin­nen im Lan­desmu­se­um begren­zt, um den nöti­gen Abstand zwis­chen den Per­so­n­en zu gewährleis­ten. Die Ausstel­lung kann allein oder mit bis zu vier weit­eren Per­so­n­en besucht wer­den, große Grup­pen sind nicht zuge­lassen. Auch das Tra­gen eines geeigneten Nase-Mund-Schutzes ist oblig­a­torisch, zudem wer­den die Dat­en jedes Besuch­ers und jed­er Besucherin erfasst, um ggf. eine Nachver­fol­gung von Infek­tions­ket­ten her­leit­en zu kön­nen. Natür­lich wer­den dieses Dat­en unter Schutz der Daten­sicher­heit aufgenommen.
  • Weit­ere Infor­ma­tio­nen unter: https://www.landesmuseum-vorgeschichte.de/besuch.html
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