Das MDV-Gebiet ist mehr als Leipzig und Halle: Landsberg ist zwar klein, besticht dafür aber im Nordosten Halles mit sei­ner mit­tel­al­ter­li­chen Geschichte und einer eige­nen Bierbrauerei.

Foto: Cynthia Seidel

In wan­der­tüch­ti­ger Ausrüstung bestei­ge ich die S8 Richtung Wittenberg. Nach einer knap­pen Viertelstunde Fahrt kom­me ich an der letz­ten Station, die mit dem Semesterticket erreich­bar ist, an: Bahnhof Landsberg, zwei Gleise am Ende des Ortes, umge­ben von Feldern und nur einer ein­zi­gen Straße, die in das Wohngebiet zu füh­ren scheint. Ohne mei­ne digi­ta­le Landkarte noch ein­mal zu Rate zu zie­hen, bege­be ich mich auf mein klei­nes Abenteuer.

Vor nicht all­zu lan­ger Zeit ging ich die sel­be Straße ent­lang. Ein Sportturnier führ­te mich damals eher zufäl­lig in das klei­ne Städtchen am Rande des MDV-Gebietes. Beim Durchqueren des Ortes, auf dem Weg vom Bahnhof zum Sportplatz, stach eine berg­ar­ti­ge Erhebung mit einem nicht ganz iden­ti­fi­zier­ba­ren, aber sehr stark einer Burg ähneln­den Gebäude hin­ter den Häusern her­aus. Fasziniert von den Eindrücken, denen ich auf mei­nem Weg begeg­ne­te, beschloss ich wiederzukommen.

Diese beim ers­ten Besuch doch sehr prä­sent über den Dächern her­vor­ra­gen­de Erhebung scheint sich heu­te zu ver­ste­cken. Von Neugier getrie­ben las­se ich mich jedoch nicht auf­hal­ten und lau­fe zu dem ein­zi­gen mir bis­her bekann­ten Ort in Landsberg: dem Sportplatz. Von dort aus wür­de ich zumin­dest wis­sen, in wel­cher Richtung mein Ziel zu sehen wäre.

Foto: Cynthia Seidel

Mein Plan geht auf. Endlich ange­kom­men, erscheint die Erhebung aller­dings nicht so hoch wie ver­mu­tet, doch eine ande­re Herausforderung soll­te dies über­schat­ten. Es gibt kei­nen Weg nach oben – zumin­dest nicht leicht auf­find­bar, wie ich spä­ter erfah­ren soll­te. Da ich aber vor­sorg­lich mei­ne Wanderschuhe ange­zo­gen habe, beschlie­ße ich, mir off­road mei­nen eige­nen Weg zu suchen. Durch etli­che Büsche und über eini­ge Schieferplatten fla­nie­rend, stop­pe ich immer mal wie­der, um den Ausblick zu genie­ßen. Über die Dächer Landsbergs hin­weg sind nichts als Felder und ver­ein­zelt ein paar Windräder zu sehen. In der Ferne zeich­nen sich die Umrisse des Harzes ab, und auf der ande­ren Seite ver­mu­te ich sogar Halle zu erken­nen. Oben ange­kom­men erwar­tet mich nicht das burg­ar­ti­ge Gebäude – das wäre ja auch zu ein­fach gewe­sen – son­dern ein cir­ca sie­ben Meter hohes Metallkreuz mit den Jahreszahlen 1914 und 1918. Da lei­der kein Informationsschild vor Ort mei­ne Vermutung bestä­tigt, dass es sich um ein Ehrenmal an den ers­ten Weltkrieg han­delt, zücke ich mein Handy. Ohne LTE, aber noch mit einem Balken Empfang fin­de ich her­aus: Es wur­de in den zwan­zi­ger Jahren auf­ge­stellt in Gedenken an die Gefallenen des ers­ten Weltkrieges.

Ich schaue mich um, doch außer dem nun ent­deck­ten offi­zi­el­len Weg ist weit und breit nichts zu sehen. Ein wenig ent­täuscht, die Burg nicht gefun­den zu haben, beschlie­ße ich, mich auf den Rückweg zu machen. Auf dem siche­ren Wanderweg erstreckt sich hin­ter einem klei­nen Waldstück eine Lichtung, die end­lich den Blick auf die Burg ermög­licht. 1180 wur­de die roma­ni­sche Doppelkapelle »St. Crusius« von dem öst­li­chem Markgrafen Dietrich III. als Teil einer Residenzburg auf dem Landsberger Porphyrkuppe erbaut. 1545 soll sogar Martin Luther dort mit sei­nen Söhnen Paul und Martin genäch­tigt haben. Heute ist die Kapelle mar­kan­tes­ter Zeuge mit­tel­al­ter­li­cher Geschichte Landsbergs und kann zu öffent­li­chen Führungen besucht wer­den. Die Ausstellung infor­miert über die frü­he Siedlungsgeschichte der Region, die Ausgrabungen zur sla­wi­schen Burganlage, die Geschichte der mittel­alterlichen Burg und die Markgrafen von Landsberg. Ein Modell der Burg und eine Fotoausstellung zum Thema Doppelkapellen kom­plet­tiert die Exposition. 

Mir bleibt ein Einblick in die Kapelle ver­wehrt, doch fal­len mir bei der Erkundung auf eige­ne Faust Einritzungen in das Mauerwerk auf, die zumeist Jahreszahlen dar­stel­len. Besonders um den Hintereingang her­um sind die­se teil­wei­se mehr als 80 Jahre alten Gravierungen noch gut zu erkennen.

Nach ein paar Fotos und einem klei­nen Picknick mache ich mich nun wirk­lich auf den Rückweg. Dieser führt mich an der Brauerei »Landsberger« vor­bei, in der die Biere, für die Landsberg bekannt ist, gebraut wer­den. Neben der belieb­tes­ten Sorte »Stolzer Hahn«, einem Pils, wer­den unter ande­rem noch das Exportbier »Schräger Vogel« und das Schwarzbier »Zarte Henne« dort pro­du­ziert. Wenn einem der Sinn also mal nach etwas ande­rem als dem omni­prä­sen­ten Sterni steht, sind die Landsberger Biere eine will­kom­me­ne Abwechslung und geben einen klei­nen Vorgeschmack auf die klei­ne, aber fei­ne Stadt am Rande des MDV-Gebietes.

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Chris
Chris
4 Jahre zuvor

Dankeschön! Das Thema des Artikels hat in mir die ein­sa­me Dorfromantik angeregt! :*)