Das MDV-Gebiet ist mehr als Leipzig und Halle: Landsberg ist zwar klein, besticht dafür aber im Nordosten Halles mit seiner mittelalterlichen Geschichte und einer eigenen Bierbrauerei.
In wandertüchtiger Ausrüstung besteige ich die S8 Richtung Wittenberg. Nach einer knappen Viertelstunde Fahrt komme ich an der letzten Station, die mit dem Semesterticket erreichbar ist, an: Bahnhof Landsberg, zwei Gleise am Ende des Ortes, umgeben von Feldern und nur einer einzigen Straße, die in das Wohngebiet zu führen scheint. Ohne meine digitale Landkarte noch einmal zu Rate zu ziehen, begebe ich mich auf mein kleines Abenteuer.
Vor nicht allzu langer Zeit ging ich die selbe Straße entlang. Ein Sportturnier führte mich damals eher zufällig in das kleine Städtchen am Rande des MDV-Gebietes. Beim Durchqueren des Ortes, auf dem Weg vom Bahnhof zum Sportplatz, stach eine bergartige Erhebung mit einem nicht ganz identifizierbaren, aber sehr stark einer Burg ähnelnden Gebäude hinter den Häusern heraus. Fasziniert von den Eindrücken, denen ich auf meinem Weg begegnete, beschloss ich wiederzukommen.
Diese beim ersten Besuch doch sehr präsent über den Dächern hervorragende Erhebung scheint sich heute zu verstecken. Von Neugier getrieben lasse ich mich jedoch nicht aufhalten und laufe zu dem einzigen mir bisher bekannten Ort in Landsberg: dem Sportplatz. Von dort aus würde ich zumindest wissen, in welcher Richtung mein Ziel zu sehen wäre.
Mein Plan geht auf. Endlich angekommen, erscheint die Erhebung allerdings nicht so hoch wie vermutet, doch eine andere Herausforderung sollte dies überschatten. Es gibt keinen Weg nach oben – zumindest nicht leicht auffindbar, wie ich später erfahren sollte. Da ich aber vorsorglich meine Wanderschuhe angezogen habe, beschließe ich, mir offroad meinen eigenen Weg zu suchen. Durch etliche Büsche und über einige Schieferplatten flanierend, stoppe ich immer mal wieder, um den Ausblick zu genießen. Über die Dächer Landsbergs hinweg sind nichts als Felder und vereinzelt ein paar Windräder zu sehen. In der Ferne zeichnen sich die Umrisse des Harzes ab, und auf der anderen Seite vermute ich sogar Halle zu erkennen. Oben angekommen erwartet mich nicht das burgartige Gebäude – das wäre ja auch zu einfach gewesen – sondern ein circa sieben Meter hohes Metallkreuz mit den Jahreszahlen 1914 und 1918. Da leider kein Informationsschild vor Ort meine Vermutung bestätigt, dass es sich um ein Ehrenmal an den ersten Weltkrieg handelt, zücke ich mein Handy. Ohne LTE, aber noch mit einem Balken Empfang finde ich heraus: Es wurde in den zwanziger Jahren aufgestellt in Gedenken an die Gefallenen des ersten Weltkrieges.
Ich schaue mich um, doch außer dem nun entdeckten offiziellen Weg ist weit und breit nichts zu sehen. Ein wenig enttäuscht, die Burg nicht gefunden zu haben, beschließe ich, mich auf den Rückweg zu machen. Auf dem sicheren Wanderweg erstreckt sich hinter einem kleinen Waldstück eine Lichtung, die endlich den Blick auf die Burg ermöglicht. 1180 wurde die romanische Doppelkapelle »St. Crusius« von dem östlichem Markgrafen Dietrich III. als Teil einer Residenzburg auf dem Landsberger Porphyrkuppe erbaut. 1545 soll sogar Martin Luther dort mit seinen Söhnen Paul und Martin genächtigt haben. Heute ist die Kapelle markantester Zeuge mittelalterlicher Geschichte Landsbergs und kann zu öffentlichen Führungen besucht werden. Die Ausstellung informiert über die frühe Siedlungsgeschichte der Region, die Ausgrabungen zur slawischen Burganlage, die Geschichte der mittelalterlichen Burg und die Markgrafen von Landsberg. Ein Modell der Burg und eine Fotoausstellung zum Thema Doppelkapellen komplettiert die Exposition.
Mir bleibt ein Einblick in die Kapelle verwehrt, doch fallen mir bei der Erkundung auf eigene Faust Einritzungen in das Mauerwerk auf, die zumeist Jahreszahlen darstellen. Besonders um den Hintereingang herum sind diese teilweise mehr als 80 Jahre alten Gravierungen noch gut zu erkennen.
Nach ein paar Fotos und einem kleinen Picknick mache ich mich nun wirklich auf den Rückweg. Dieser führt mich an der Brauerei »Landsberger« vorbei, in der die Biere, für die Landsberg bekannt ist, gebraut werden. Neben der beliebtesten Sorte »Stolzer Hahn«, einem Pils, werden unter anderem noch das Exportbier »Schräger Vogel« und das Schwarzbier »Zarte Henne« dort produziert. Wenn einem der Sinn also mal nach etwas anderem als dem omnipräsenten Sterni steht, sind die Landsberger Biere eine willkommene Abwechslung und geben einen kleinen Vorgeschmack auf die kleine, aber feine Stadt am Rande des MDV-Gebietes.
Dankeschön! Das Thema des Artikels hat in mir die einsame Dorfromantik angeregt! :*)