Wenn die Kli­maforschung die Gefahr des Kli­mawan­dels aufzeigt, dann soll­ten die Wirtschaftswis­senschaften nicht nur die Auswirkun­gen für die Wirtschaft erforschen, son­dern auch Vorschläge haben, wie wir dem Kli­mawan­del wirtschaftlich begeg­nen kön­nen. Was erfuhr man dazu in der Auf­tak­tver­anstal­tung zur Klima­bil­dungswoche in der Juris­tis­chen und Wirtschaftswis­senschaftlichen Fakultät?

“Sind Wirtschaft und Recht fit für den Kli­mawan­del?” So lautete der Titel, der von den Stu­dents for Future organ­isierten Auf­tak­tver­anstal­tung zur Klima­bil­dungswoche für die Juris­tis­che und Wirtschaftswis­senschaftliche Fakultät. Die Professor:innen aus dem wirtschaftswis­senschaftlichen- und aus dem juris­tis­chen Bere­ich waren zahlre­ich vertreten — das zeigt deren Inter­esse am The­ma und die Anerken­nung der Arbeit der Stu­dents for Future.  Lei­der waren bei den Wirtschaftswis­senschaften nur Män­ner auf dem Podi­um vertreten, wom­it gle­ich ein erstes Klis­chee erfüllte wurde, näm­lich, dass es sich um eine Wis­senschaft han­delt, die beim The­ma Gle­ich­berech­ti­gung und Diver­sität stärk­er als andere Fach­bere­iche hin­ter der Zeit liegt. Die Zusam­men­stel­lung des Podi­ums liegt aber üblicher­weise beim Organ­isator und in diesem Fall waren das die Stu­dents for Future. Auf der juris­tis­chen Seite ging es den­noch wesentlich par­itätis­ch­er in der Auf­stel­lung der Teilnehmer:innen zu.

Hochwass­er in Alte­nahr-Kreuzberg, Juli 2021

Inhaltlich began­nen die Stu­dents for Future mit einem Vor­trag zur Lage in der Klimapoli­tik und wie es in Deutsch­land mit der Ein­hal­tung der Kli­maziele vor­ange­ht. Der Vor­trag war erwartungs­gemäß ernüchternd und deprim­ierend. Sie zeich­neten das Bild ein­er Gesellschaft, die sich der Real­ität ver­weigert — und hier keinem abstrakt-philosophisch zu disku­tieren­den Begriff von Real­ität, son­dern den — „es ster­ben Men­schen”, “wir haben ‘Todeszo­nen’ in Meeren” und “Land­striche wer­den unbe­wohn­bar“ — Begriff von Real­ität. Immer­hin wurde der Ein­führungsvor­trag vom Podi­um als kor­rek­te Zusam­men­fas­sung zum Stand der Dinge angenom­men. Bei der sich anschließend entwick­el­nden Diskus­sion hat­te man den Ein­druck, die Jurist:innen seien fach­lich näher am The­ma Kli­mawan­del als die Vertreter:innen der Wirtschaftswis­senschaften und wirk­ten in ihren Aus­sagen konkreter. So erfuhr man, dass sich ein Jurapro­fes­sor mit inter­na­tionalen Umwel­trecht befasst, während eine andere Pro­fes­sorin über die Hans-Böck­ler-Stiftung in die Diskus­sion von Umwelt­the­men einge­bun­den ist. Sie bestätigten bzw. ergänzten in eini­gen Aus­sagen den Vor­trag der Stu­dents for Future.  Auf Seit­en der Wirtschaftswis­senschaftler ging es sehr viel all­ge­mein­er zu. Das bot die Möglichkeit, Grund­sät­zlicheres im Zusam­men­spiel zwis­chen Wirtschaft, Poli­tik und Wirtschaftswis­senschaften zu disku­tieren. Was dann von Seit­en der Wirtschaftswis­senschaften kam, waren aber keine Inno­va­tio­nen, son­dern vielmehr die Klas­sik­er kon­ser­v­a­tiv­er Kli­madiskus­sion­s­stand­punk­te: “Kap­i­tal­is­mus sei alter­na­tiv­los”, “wir wer­den uns durch Inno­va­tion aus der Krise befreien kön­nen — es müssen nur die richti­gen Weichen gestellt wer­den” und “es braucht eine glob­ale Lösung”. Inter­es­sant war eine Anmerkung eines Pro­fes­sors, der darüber redete, dass es vielle­icht ein­er Null — Wach­s­tum Lösung bedarf. Wie unsere Wirtschaft ohne Wach­s­tum funk­tion­ieren kann, wurde dann aber nicht besprochen. Neuere Ansätze wie “Donut-Ökonomie” oder “Degrowth” wur­den inter­es­san­ter­weise von den Jurist:innen in die Diskus­sion einge­bracht. Bei­de Ansätze ver­stoßen gegen Grund­sätze Neo-Klas­sis­ch­er Wirtschaftslehre.

Hier kurz zur Erläuterung, was sich hin­ter den bei­den Idee ver­birgt. Die “Donut-Ökonomie” benutzt ein Ring­di­a­gramm, um plan­etare Gren­zen und Bere­iche, in denen diese über- oder unter­schrit­ten wer­den, aufzuzeigen. Vere­in­facht gesagt will man Aktiv­itäten, in denen man Kapaz­itäten über­schre­it­et, zu Gun­sten von Aktiv­itäten, wo Kapaz­itäten möglich und nötig sind, ums­teuern. Der “Degrowth” Ansatz betont, dass jeglich­es Wach­s­tum — auch Wach­s­tum durch Inno­va­tion — mit erhöhtem Energieaufwand ein­herge­ht. Daraus wird geschlussfol­gert, dass eine Einsparung von CO2 nur durch eine Reduzierung wirtschaftlich­er Aktiv­itäten zu erre­ichen ist. Die Pro­fes­soren der Wirtschaftswis­senschaften grif­f­en die Ein­würfe der Jurist:innen aber nicht auf.

Kip­pele­mente im Kli­masys­tem der Erde

Auf eine Pub­likums­frage hin erfuhr man von ihnen, dass Ökonom:innen kaum einen Ein­fluss auf die Poli­tik hät­ten.  Eine andere Zuhörerin fragte nach der Rolle von Wirtschaftswissenschaftler:innen bei der Triv­i­al­isierung der Fol­gen von Kli­mawan­del. Darauf antwortete ein Pro­fes­sor mit dem Eingeständ­nis, dass es hier ein “gewiss­es Forschungs­de­fiz­it” gäbe. Span­nend war, die Dynamik zwis­chen Wirtschaft­spro­fes­soren und Juraprofessor:innen zu beobacht­en. Wenn es eine griechis­che Tragödie gewe­sen wäre, dann hät­ten die Jurist:innen die Funk­tion des Chores gehabt, der darauf behar­rt, dass es mehr geben muss, was man tun kann. Auf der Seite der Ökonomen gab es aber wed­er Helden noch Anti­helden, lediglich Opfer der göt­tlichen Ord­nung. Der Fair­ness hal­ber muss eingeräumt wer­den, dass die große Anzahl an Professor:innen auf dem Podi­um zwar einen wichti­gen sym­bol­is­chen Wert hat­te, sich für die Diskus­sion aber als hin­der­lich erwies. Die Redezeit­en waren sehr begren­zt und erlaubten nur bed­ingt, kom­plexere Argu­mente zu entwick­eln. Inhaltlich waren die Jurist:innen, wie bere­its erwäh­nt, durch ihre eige­nen (Forschungs-)Themen näher an der Kli­mawan­delde­bat­te und kon­nten auch zur abendlichen Stunde noch Lei­den­schaft in die Diskus­sion ein­brin­gen. Dies sorgte beim Pub­likum für etwas drin­gend benötigte Auf­munterung, trotz des son­st deprim­ieren­den The­mas. Den­noch lohnt es sich, die Beiträge der Wirtschaft­spro­fes­soren zu hin­ter­fra­gen. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen beste­ht ein berechtigter Glaube, dass die Bedeu­tung der Wirtschaftswis­senschaften in Bezug auf die Poli­tik herun­terge­spielt oder zumin­d­est falsch eingeschätzt wurde. Zum anderen, weil das „gewisse Forschungs­de­fiz­it“, das sie in Bezug auf die Forschung zu den Fol­gen des Kli­mawan­dels anführten, eine irreführende Bemerkung ist. Bei­de The­men hän­gen miteinan­der zusam­men, was den Wirtschaftswis­senschaften in der Diskus­sion um den Kli­mawan­del eine beson­dere Rolle zuschreibt.

“Forschungsdefizit” oder “erschreckend schlecht”?

2018 erhielt William D. Nord­haus den Preis der Schwedis­chen Reichs­bank für Wirtschaftswis­senschaften, gemein­hin als „Wirtschaft­sno­bel­preis“ beze­ich­net. Er erhielt diesen Preis expliz­it für seinen Beitrag zur Umweltökonomie. Wie dieser zu bew­erten ist, fasste der Ökonom und Kri­tik­er Neo-Klas­sis­ch­er Wirtschaft­s­the­o­rie, Steve Keen in seinem Auf­satz „The Appal­ing­ly Bad Neo­clas­si­cal Eco­nom­ics of Cli­mate Change“ zusam­men. Keens Hauptvor­wurf war und ist die Triv­i­al­isierung der Fol­gen des Kli­mawan­dels durch Ökonom:innen. Ein wichtiger Punkt der Kri­tik ist zum Beispiel, dass laut Nord­haus Arbeit­en 85 Prozent des pro­duzieren­den Gewerbes mit kein­er­lei Ein­bußen durch den Kli­mawan­del zu rech­nen haben, da diese ver­schiede­nen Indus­trien in „care­ful­ly con­trolled envi­ro­ments“ pro­duzieren. Mit anderen Worten: ein Dach schützt vor Kli­mawan­del. Ins­ge­samt geht William Nord­haus von Schä­den durch den Kli­mawan­del für das Brut­tosozial­pro­dukt von unter zehn Prozent aus. Ihm fol­gend erschienen auch in Beiträge führen­der Klimaökonom:innen wie Richard Toll ähn­lich niedrige Prog­nosen für wirtschaftliche Ver­luste. Ein Beitrag von Dietz, Wag­n­er und anderen beschäftigte sich schließlich auch mit Tip­ping Points. Diese fan­den zuvor keine Berück­sich­ti­gung in den ökonomis­chen Mod­ellen zum Kli­mawan­del. Tip­ping Points (deutsch: Kipp­punk­te) sind ein wichtiges Konzept in der Kli­maforschung. Es beze­ich­net Punk­te, ab denen Kli­masys­teme kip­pen und damit eine Kaskade an Fol­gereak­tio­nen aus­lösen, die nicht umkehrbar sind.  Der Beitrag von Dietz et al kam zu dem Schluss, dass ein glob­aler Tem­per­at­u­ranstieg von sechs(!) Grad Cel­sius nicht wirk­lich ein Prob­lem sei. Das heißt, es wur­den Ver­luste für das weltweite Brut­tosozial­pro­dukt im niedri­gen zweis­tel­li­gen Bere­ich berech­net. Diese Arbeit­en liefern Argu­mente für de fac­to Kli­mawan­delleugn­er wie Björn Lom­borg, die sich in ihren Diskus­sions­beiträ­gen darauf berufen. Die Kli­maforschung selb­st, rech­net bei einem Tem­per­at­u­ranstieg von mehr als zwei Grad Cel­sius schon mit unkon­trol­lier­baren Fol­gen. Ein Ansteigen der Tem­per­atur von sechs Grad Cel­sius, ver­bun­den mit dem Aus­fall von mehreren Kli­masys­te­men ist für Klimaforscher:innen ein Szenario in der das Über­leben der Men­schheit in Frage steht.

Ist die Wirtschaftswissenschaft ohne Einfluss?

Kann man diese Diskus­sions­beiträge der Wirtschaftswis­senschaften also ignori­eren, weil diese ja keinen Ein­fluss auf die Poli­tik haben? Man kön­nte hier, wie von Nord­haus’ Kritiker:innen argu­men­tiert, meinen, dass den meis­ten Politiker:innen die Forschungsar­beit­en im Bericht des “Inter­gou­verne­men­tal Pan­el on Cli­mate Change” (IPCC) zu kom­plex sind. Es sind immer­hin mehrere hun­dert Seit­en Bericht, an denen Wissenschaftler:innen aus vie­len unter­schiedlichen Diszi­plinen arbeit­en. Deshalb wür­den Politiker:innen, wenn über­haupt, nur die Beiträge von Ökonom:innen lesen, um daraus Kon­se­quen­zen für die wirtschaftliche Entwick­lung abzuleit­en. Das hieße, die niedri­gen Schaden­sprog­nosen von Wirtschaftswissenschaftler:innen wiegen schw­er­er als die Szenar­ien der Klimaforscher:innen. Man kann die Rolle, die sich die Wirtschaftswis­senschaften selb­st zurech­nen, aber auch am Stu­di­en­plan für VWL hier an der Mar­tin-Luther-Uni­ver­sität fest­machen. Wirtschaft­spoli­tik, Pub­lik Eco­nom­ics, Empirische Wirtschaft­spoli­tik, Ange­wandte Ökonomik, Mon­etäre Ökonomik und Ethik der sozialen Mark­twirtschaft. Alle diese Lehrver­anstal­tun­gen befassen sich im Bach­e­lorstu­di­en­gang in der einen oder anderen Weise mit sehr prak­tis­chen Ideen dazu, wie sin­nvolle (Wirtschafts-)Politik ausse­hen sollte.  Die Wirtschaftswis­senschaften sind durch­drun­gen von der Idee, richtige Poli­tikempfehlun­gen zu geben und zu wis­sen, wie man richtig regiert. Davon zeu­gen auch mehrere Wirtschafts­forschungsin­sti­tute in Deutsch­land, die regelmäßig an die Poli­tik gerichtete Berichte mit Hand­lungsempfehlun­gen veröffentlichen.

Wenn anders denken unentbehrlich ist!

„Richtiges regieren“ bringt uns zu einem grund­sät­zlicheren Prob­lem der Wirtschaftswis­senschaften. Durch die oben beschriebene Nähe der Ökonomie zur Poli­tik und der beson­deren Stel­lung der Wirtschaft­spoli­tik, gibt es eine höhere Gefahr der Ver­mis­chung von Inter­essen zwis­chen Poli­tik und Wissenschaft.

Wirtschaftswis­senschaften kom­mu­nizieren aber nur sel­ten ihre eige­nen Vorurteile und ide­ol­o­gis­chen Selb­st­beschränkun­gen. Nur so ist eine Aus­sage zur ver­meintlichen Alter­na­tivlosigkeit des Kap­i­tal­is­mus zu ver­ste­hen. Diese man­gel­nde Selb­stre­flek­tion geht ein­her mit der Überzeu­gung von der Richtigkeit des Neo-Klas­sis­chen Ansatzes in den Wirtschaftswis­senschaften, der auch in der uni­ver­sitären Lehre der dominierende Stan­dard ist. Nur in Aus­nah­me­fällen wird in den Lehrver­anstal­tun­gen über­haupt kom­mu­niziert, dass man den Neo-Klas­sis­chen Ansatz lernt, weshalb es auch in diesem Artikel syn­onym ver­wen­det wird. Neo-Klas­sis­che Wirtschaftswis­senschaft ist eine Denkschule, die sich für die einzig rel­e­vante Wirtschaftswis­senschaft hält. Wenn man diese Hal­tung kri­tisiert, endet man schnell in ein­er Diskus­sion über Marx­is­mus, so, als gäbe es nur diese bei­den Denkschulen in den Wirtschaftswis­senschaften. Es existieren daneben aber min­destens noch die Öster­re­ichis­che Schule und die Post-Key­ne­sian­is­che Denkrich­tung. Alle diese Denkrich­tun­gen haben span­nende Beiträge zum Ver­ständ­nis der Ökonomie geleis­tet. Wis­senschaft sollte sich nicht selb­st lim­i­tieren, vor allem dann nicht, wenn die Lim­i­tierung auf der Utopie des sich selb­st reg­ulieren­den Mark­tes beruht. Im Studi­um wird gern von den Studieren­den gefordert, wie ein:e (neo-klassische:r) Ökonom:in zu denken. Student:innen soll­ten aber ler­nen, als Wissenschaftler:innen zu denken. In diesem Falle solche, die sich mit Ökonomie beschäftigen.

Die Donut Ökonomie geht von der Exis­tenz plan­etar­er und sozialer Gren­zen aus.

Wie passen also “Degrowth” und “Donut Ökonomie” in die Wirtschaftswis­senschaft? Eine wichtige Unter­schei­dung ist ein zurück­hal­tender Umgang mit Annah­men, die man Mod­ellen zu Grunde legt. “Degrowth” Vertreter:innen tre­f­fen keine “vere­in­fachen­den Aus­sagen”, die “nervige” Details, wie Geld, Energie und Ressourcen in ihren Mod­ellen ignori­eren. Es mag für Nicht-Ökonom:innen selt­sam klin­gen, dass man wirtschaftliche Mod­elle ohne drei der wichtig­sten Kom­po­nen­ten von Wirtschaft entwirft. Für Neo-Klas­sis­che Ökonom:innen ist das nicht nur kein Prob­lem, son­dern sys­tem­a­tis­ches Prinzip. In den Wirtschaftswis­senschaften gibt es nach Mil­ton Fried­mann die Auf­fas­sung, dass Annah­men von Mod­ellen egal sind, solange der Erken­nt­nis­gewinn das Mod­ell recht­fer­tigt. So ist dann auch Nord­haus “vere­in­fachende” Annahme zu ver­ste­hen, wonach Pro­duk­tion, die unter einem Dach stat­tfind­et, nicht dem Kli­mawan­del aus­ge­set­zt ist. Eine Annahme, wo es lohnt, men­tal mit den Bildern der Flutkatas­tro­phe aus dem Ahrtal abzu­gle­ichen. Eine Diskus­sion über “vere­in­fachende Annah­men” hat die (Neo-Klas­sis­che) Wirtschaftswis­senschaft ganz grund­sät­zlich nötig. Vielle­icht müssen sich ange­hende Ökonom:innen irgend­wann nicht mehr mit hellse­herischen Fähigkeit­en des Homo Ökonomikus herum­schla­gen oder ihren Kon­sum bis zu ihrem eige­nen Ableben rech­ner­isch glät­ten? Bei so viel abver­langter Fan­tasie sollte es jeden­falls keine Unmöglichkeit sein, sich mit Mod­ellen zu befassen, die ein gren­zen­los­es Wach­s­tum in Frage stellen. Und genau das kann man von ein­er Kli­ma­woche in den Wirtschaftswis­senschaften und von Professor:innen der Wirtschaftswis­senschaften erwarten — sich zumin­d­est ein­mal umzuschauen, was Ökonom:innen in anderen Bere­ichen erar­beit­et haben. Robert Solow, eine Gal­lions­fig­ur Neo-Klas­sis­ch­er Ökonomie, sagte bei ein­er Anhörung zur Finanzkrise vor dem Kongress der USA, Mod­elle hät­ten einen “Riecht­est” zu beste­hen. Ergeben die Mod­elle und ihre Annah­men Sinn? Wenn sie Finanzkrisen nicht voraus­sagen kön­nen, weil sie laut Mod­ell nicht ein­mal möglich sind, dann offen­sichtlich nicht. Robert Solows Schlussfol­gerung war, dass Ökonom:innen ihren Geruchssinn ver­loren hät­ten. Vielle­icht aber nicht nur diesen, son­dern auch die Neugi­er, sich mit anderen Ansätzen und Denkschulen zu befassen? Was, wenn der Neo-Klas­sis­che Ansatz in ähn­lich­er Weise blind gegenüber den Fol­gen des Kli­mawan­dels ist, wie er es gegen die Finanzkrise 2007/08 war? Das ist jeden­falls ein Teil der Kri­tik, die seit 2008 über­all auf der Welt zu ein­er “Rethink­ing Eco­nom­ics” Bewe­gung geführt hat. Allein die Exis­tenz dieser Bewe­gung sollte zu denken geben, wenn deren Min­i­mal­forderung ist, dass eine Wis­senschaft sich anderen Ideen nicht ver­schließt.  Ist das auch an der Mar­tin-Luther-Uni­ver­sität in Halle angekom­men? Nimmt man die Podi­ums­diskus­sion als Maßstab, dann wohl eher nicht.

Text: Mario Fischer

Ich bin (Teilzeit-)Student der Volk­swirtschaft­slehre im Bach­e­lorstu­di­en­gang. Im beru­flichen Leben beschäftigte ich mich lange Zeit mit der Finanzierung von Medi­en­pro­jek­ten und arbeite seit 2021 bei der Max-Planck-School of Cog­ni­tion als Finanzko­or­di­na­tor. Im Studi­um gilt mein Haupt­in­ter­esse dem The­ma Geld und der Geschichte der Wirtschaftswissenschaften.

Grafiken: CodeOne (blank map), DeWiki­Man (addi­tion­al ele­ments) (CC BY‑A 4.0, commons.wikimedia.org/wiki/File:Climatetipping-points-de.svg), Dough­nutE­co­nom­ics (CC BY-SA 4.0, commons.wikimedia.org/wiki/File:Doughnut_(economic_model).jpg)
Foto: Cnndr­Br­br (CC0 1.0, commons.wikimedia.org/wiki/File:Hochwasser_Altenahr_Kreuzberg.jpg)

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Laurin Weger
11 Monate zuvor

Danke für den Beitrag! Eine Kleine Anmerkung nur: Die Zusam­men­stel­lung des Podi­ums liegt aber üblicher­weise beim Organ­isator und in diesem Fall waren das die Stu­dents for Future. Auf der juris­tis­chen Seite ging es den­noch wesentlich par­itätis­ch­er in der Auf­stel­lung der Teilnehmer:innen zu. Prinzip­iell ist das richtig, bei der Ver­anstal­tung han­delte es sich in diesem Fall aber um ein halb selb­stor­gan­isiertes For­mat der Fakultät. Wer da sitzt haben die also unter sich aus­gemacht. Wir (die Stu­dents for Future) haben uns dann v.a. noch um den Rah­men geküm­mert, v.a. den Einord­nungsvor­trag zu Beginn der Veranstaltung. LG Lau­rin von den Stu­dents for Future… Weiterlesen »