Dank Digitalisierung, jeder­zeit und von über­all aus enga­giert. So defi­niert sich digi­ta­les Engagement und bie­tet somit viel­sei­ti­ge Möglichkeiten ehren­amt­lich aktiv zu wer­den. Um den Bewohner:innen von Sachsen-Anhalt die­se neu­ar­ti­ge Form des Engagements näher zu brin­gen, hat die Freiwilligen-Agentur Halle-Saalkreis e.V. die Plattform „gutes-geht.digital – Engagiert für Sachsen-Anhalt“ ent­wi­ckelt.  

Durch ein Auslandsjahr in Israel, erzählt Clara Savinsky, inter­es­sie­re sie sich ver­stärkt für die jüdi­sche Religion und enga­giert sich gegen Antisemitismus in Deutschland. Als sie für ihr Studium nach Halle zog, begann sie mit der Suche nach Spuren des Judentums in Halle. Im Internet stieß sie auf die Webseite gutes-geht.digital – Engagiert in Sachsen-Anhalt. Dort rief die Initiative Jüdisches Halle dazu auf, eine digi­ta­le Führung mit Fokus auf jüdi­sches Leben in der Händelstadt zu ent­wi­ckeln. Zu die­sem Zeitpunkt hat­te Clara noch nie von digi­ta­lem Engagement gehört, doch schnel­ler als gedacht steck­te sie mittendrin. 

Worum geht es bei digitalem Engagement?  

Sulamith Fenkl-Ebert, lang­jäh­ri­ge Mitarbeiterin der Freiwilligen-Agentur Halle und Leiterin des Projekts Digital enga­giert in Sachsen-Anhalt – Gemeinsam Gutes tun erklärt, was digi­ta­les Engagement eigent­lich ist. Sie bemerkt, dass es „oft so wir­ke, als wür­de sich digi­ta­les Engagement aus­schließ­lich auf Social-Media-Aktivitäten bezie­hen.“ Mit der im Sommer 2021 gestar­te­ten Plattform gutes-geht. digi­tal möch­ten sie und ihr Team zei­gen, wel­che viel­fäl­ti­gen Formen digi­ta­les Engagement noch anneh­men kann. 

Das Bild zeigt eine Frau, die sich auf der Website der Freiwilligen-Agentur Halle-Saalekreis informiert.
Digital enga­giert für Sachsen-Anhalt — Bild von der Freiwilligen-Agentur Halle-Saalekreis e. V.

Die Freiwilligenagenturen Halle und Magdeburg haben die­se Webseite zusam­men kre­iert, um eine zeit­ge­mä­ße Form des Ehrenamts in Sachsen-Anhalt zu schaf­fen. Beide Vereine sehen tag­täg­lich, dass die gesell­schaft­li­chen Trends in Richtung Digitalisierung gehen: Die gemein­sa­me Gestaltung der Webseite ist ihre Antwort auf die stei­gen­de Nachfrage nach Möglichkeiten sich digi­tal zu engagieren. 

Bei einem Blick auf die Engagement-Plattform wird schnell klar, dass Sulamith Recht hat: Es gibt sehr diver­se Formen von digi­ta­lem Engagement, die mit­hil­fe ver­schie­de­ner Tools wie etwa ZOOM, Trello, Slack oder Actionbound funk­tio­nie­ren. Um ein brei­tes Spektrum von Angeboten zu schaf­fen, hat das Team von Digital enga­giert in Sachsen-Anhalt gezielt Organisationen ange­spro­chen und ihnen ange­bo­ten, sich auf der Webseite zu prä­sen­tie­ren. Mittlerweile gibt es über 40 Angebote und es kom­men wei­te­re hin­zu, denn vie­le Organisationen begin­nen die Vorteile von digi­ta­lem Engagement zu ent­de­cken und nut­zen die Webseite, um inter­es­sier­te Freiwillige für ihre Projekte zu begeistern. 

Um mit einer Organisation in Kontakt zu tre­ten, kön­nen Freiwillige das Kontaktformular der Webseite nut­zen. Meist bie­ten die Organisationen noch zusätz­li­che Kontaktmöglichkeiten in ihrem Gesuch an, etwa per Telefon, E‑Mail oder Social-Media, damit für jeden und jede was dabei ist. 

„Ich habe mich ein­fach über das Kontaktfeld des Gesuchs der Initiative Jüdisches Halle gemel­det“, erin­nert sich Clara. Das sei total unkom­pli­ziert gewe­sen und nach einem ers­ten Gespräch wur­de sie zu einem Mitglied des Teams. 

Wer kann sich engagieren? 

Sulamith erklärt, dass „die­se Engagementform ide­al für Menschen geeig­net ist, die mobi­li­täts­be­ein­träch­tigt sind, denn sie kön­nen ihr digi­ta­les Engagement von zuhau­se aus­üben und somit Fahrtwege ver­mei­den.“ Ein Ziel der Webseite sei es, so vie­len Menschen wie mög­lich einen Zugang zu digi­ta­lem Ehrenamt zu ermög­li­chen. Unabhängig von Alter, Herkunft und Sprachkenntnissen, Geschlecht und Kompetenzen. „Wir bezeich­nen die Engagementplattform oft scherz­haft als Spielwiese“, schmun­zelt Sulamith. Denn es soll ein Ort sein, um sich aus­zu­to­ben und aus­zu­pro­bie­ren. Auf der Startseite sprin­gen den Interessierten sechs aktu­el­le Angebote ent­ge­gen. Sollte jemand hier nicht fün­dig wer­den, kann mun­ter wei­ter­ge­stö­bert wer­den, denn es gibt unter der Rubrik Für Freiwillige viel­sei­ti­ge Einsatzmöglichkeiten in den Bereichen Aktivismus im Netz & Bürgerbeteiligung, Online-Beratung, Verwaltung & Fundraising, Kompetenzvermittlung und auch Tätigkeiten rund um die Öffentlichkeitsarbeit. Helene, eine dua­le IT-Studentin, pen­delt oft zwi­schen Gera und Halle. Sie ist von dem Remote-Angebot der Webseite begeis­tert. So nutzt sie ihre Kenntnisse in der Bildbearbeitung um die Instagram-Präsenz eines Hallenser Vereins zu gestal­ten. Denn digi­ta­les Engagement ver­folgt das Motto: „Wann Du willst. Wo Du willst.“ und bie­tet somit auch die Möglichkeit, Ehrenamt und Mobilität gut mit­ein­an­der zu verbinden. 

Wo findet das Engagement statt?  

Claras Engagement fand haupt­säch­lich zuhau­se vor ihrem Computer statt. Durch den Lockdown waren Veranstaltungen, Vorlesungen und Seminare, kurz ihr gan­zes Studium online. Sobald sie den vir­tu­el­len Hörsaal ver­ließ, traf sie sich mit den ande­ren jun­gen Ehrenamtlichen von Jüdisches Halle in soge­nann­ten Online-Werkstätten. Max Privorozki, Vorsitzender der jüdi­schen Gemeinde Halle, half ihnen per E‑Mail, Fragen zu jüdi­schen Orten und gegen­wär­ti­gem jüdi­schen Leben in Halle zu beant­wor­ten. Mit dem Rapper Ben Salomo spra­chen sie per ZOOM über jüdi­sche und deut­sche Identität und Antisemitismus in Deutschland. Über die digi­ta­le Archivdatenbank der Stadt Halle konn­ten sie von zuhau­se aus über die Geschichte des Judentums in Halle recher­chie­ren. Anschließend gestal­te­ten die Freiwilligen in digi­ta­ler Gruppenarbeit die ver­schie­de­nen Stationen der inter­ak­ti­ven Stadttour mit­hil­fe der Actionbound-App. „Obwohl ich durch die Online-Uni com­pu­ter­mü­de wur­de, war mir das Engagement in die­ser Sache total wich­tig“ meint Clara. „Wir als Gruppe kamen sehr gut vor­an, was ziem­lich moti­vie­rend war.” 

Was springt dabei für dich raus? 

Auf die Frage, war­um digi­ta­les Engagement ins­be­son­de­re für Studierende geeig­net ist, ant­wor­tet der Medizinstudent Marten: „Der größ­te Vorteil ist, dass Studierende die im Studium gelern­ten Inhalte direkt anwen­den kön­nen.“ Er ist dank der Webseite gutes-geht. digi­tal auf die Initiative Was hab‘ ich? gesto­ßen, wo Medizinstudent:innen ab dem 8. Semester beim Übersetzen von ärzt­li­chen Befunden in leicht ver­ständ­li­che Sprache helfen. 

„Ich stu­die­re im 10. Semester Medizin in Halle und mir liegt es am Herzen, medi­zi­ni­sches Wissen über unse­ren Körper der Allgemeinheit zugäng­lich zu machen. Ganz beson­ders wich­tig ist das natür­lich bei indi­vi­du­el­len medi­zi­ni­schen Befunden, die manch­mal im stres­si­gen Klinikalltag von Ärzt:innen nicht aus­rei­chend erklärt wer­den kön­nen. Deswegen möch­te ich ger­ne helfen.“ 

Neben die­sem Vorteil kön­nen Studierende mit­hil­fe ihres Ehrenamts auch oft einen Ausgleich zum Unialltag fin­den. Gerade durch das Online-Studium fehlt vie­len Studierenden eine direk­te Resonanz auf ihre Leistungen. Bei digi­ta­lem Engagement ist das anders: Schon bei einer ein­ma­li­gen Aktivität, etwa durch eine Markierung auf der Wheelmap — einer Karte für roll­stuhl­ge­rech­te Orte — kann man den eige­nen Impact spü­ren, weil man eine klei­ne, aber wich­ti­ge Veränderung bewirkt. Auch im Lebenslauf wirkt sich Ehrenamt gut aus, denn vie­le poten­zi­el­le Arbeitgeber:innen schau­en nicht nur auf die im Studium erbrach­ten Leistungen, son­dern auch auf die außer­uni­ver­si­tä­ren Aktivitäten ihrer Bewerber:innen. „Jede Form von Engagement kann mit einem Tätigkeitsnachweis beschei­nigt wer­den“, erklärt Sulamith. „Bei digi­ta­lem Engagement ist das nicht anders und die Organisationen auf der Webseite stel­len Freiwilligen wäh­rend oder nach ihren Tätigkeiten einen Nachweis aus.“ 

Sulamith betont, dass „digi­ta­les Engagement das ana­lo­ge natür­lich nicht erset­zen, son­dern gut ergän­zen kann“. Digitaler Kontakt kann an bestimm­ten Punkten zu per­sön­li­chem Kontakt wer­den. Eine Patenschaft kann bei­spiels­wei­se mit einem digi­ta­len Kennenlerntreffen begin­nen und dann auch in gemein­sa­me Unternehmungen und per­sön­li­che Treffen über­ge­hen. Bei der Initiative Jüdisches Halle war das auch der Fall: Nach dem Lockdown konn­te sich die Gruppe end­lich drau­ßen tref­fen. Zuerst kamen sie an einem der drei mög­li­chen Startpunkte der Actionbound-Tour zusam­men, an der Synagoge in der Humboldtstraße. Anschließend tra­fen sie sich gemein­sam mit Max Privorozki am Ziel der Stadtführung, dem Jerusalemer Platz. 

Seit November 2021 ist die Stadttour nun fer­tig und steht Interessierten aller Generationen in der Actionbound-App zur Verfügung. Das Projekt ist abge­schlos­sen, doch Clara ist schon wie­der auf der Suche: dies­mal nicht nach Spuren jüdi­schen Lebens in Halle, son­dern nach einem digi­ta­len Engagement für den nächs­ten Lockdown. Bis sie selbst ein neu­es Ehrenamt gefun­den hat, emp­fiehlt sie digi­ta­les Engagement weiter. 

Text: Lina Donath

Bilder: Brooke Cagle via Unsplash, William Fortunato via Pexels

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