Auch im Kino wer­den immer wie­der Traditionen infra­ge gestellt und mit ihnen gebro­chen; ob nun inhalt­lich, sti­lis­tisch oder im Produktionsprozess. Hier kom­men drei groß­ar­ti­ge Filme, die das alle auf ihre Weise tun: 

Anna Karenina (2012) 

von Joe Wright 
130 min / UK, F / FSK 12 

Lew Tolstois gleich­na­mi­ger Roman zählt zu den ganz gro­ßen Klassikern der Literatur. Anna ist Teil der fei­nen Petersburger Gesellschaft und unglück­lich ver­hei­ra­tet, als sie sich in den jun­gen Graf Wronskij ver­liebt. Schließlich ent­schei­det sie sich ent­ge­gen jeder Konvention, ihre Ehe für Wronskij auf­zu­ge­ben. Anna ringt mit ihrer Welt und ver­sucht, end­lich Selbstbestimmung zu erlan­gen – ein Kampf gegen Windmühlen, wie es scheint. 

Regisseur Joe Wright ver­bin­det in sei­ner Vision die tra­di­tio­nel­len Unterschiede zwi­schen Film und Theater. Das natür­li­che Spiel wird immer wie­der unter­bro­chen von gro­ßen Gesten. Zum Teil wur­de mit „ech­ten“ Kulissen gedreht, doch immer wie­der fin­den sich die Figuren in Theaterszenerien wie­der, die sym­bo­lisch für ihre von Etikette und bewuss­ter Inszenierung gepräg­te Leben stehen. 

2. Her (2013) 

von Spike Jonze 
126 min / USA / FSK 12 

„Her“ bricht mit der tra­di­tio­nel­len Vorstellung von tie­fen roman­ti­schen Dramen. Die Hauptfigur Theodore Twombly ver­liebt sich, ja, aber nicht in einen Menschen, son­dern in die KI Samantha. Der Film ist in der nahen Zukunft ange­sie­delt, die jedoch weder als kras­se Dystopie, noch als neu erschaf­fe­nes Paradies gezeich­net wird. Das Ziel ist nicht, einen gro­ßen gesell­schafts­kri­ti­schen Kommentar zu hin­ter­las­sen. Stattdessen wird eine intrinsi­sche, inten­si­ve und zutiefst mensch­li­che Geschichte über Sehnsucht, Liebe und Wahrhaftigkeit erzählt. „Her“ ist ein über­aus sinn­li­ches und phi­lo­so­phi­sches Werk. 

3. Berlin Alexanderplatz (2020) 

von Burhan Qurbani 
183 min / D, NL / FSK 12 

Die wei­te­re Verfilmung eines Literaturklassikers in die­ser Liste, dies­mal von einem der Hauptwerke der deut­schen Moderne: „Berlin Alexanderplatz“ von Alfred Döblin. Doch statt im tra­di­tio­nel­len Setting der Weimarer Republik fin­det sich das Publikum im Berlin von heu­te wie­der, und statt des ehe­ma­li­gen Häftlings Franz Bieberkopf lernt es den ille­ga­len Immigranten Francis ken­nen. Aber auch ihn droht die Stadt zu ver­schlin­gen. Francis will gut sein, wie er sel­ber sagt, doch das Böse, per­so­ni­fi­ziert durch den Drogenhändler Reinhold, streckt immer wie­der sei­ne Krallen nach ihm aus und so ist er gefan­gen in einem Strudel, aus dem ihn selbst die ret­ten­de Hand der Liebe kaum her­aus­zu­zie­hen vermag. 

Burhan Qurbanis „Berlin Alexanderplatz“ nutzt die Essenz des Romans, um damit ein gro­ßes düs­te­res Märchen der Gegenwart zu zeich­nen; ein Epos, das sei­ne Figuren und Publikum einen lan­gen Blick in die Abyssos gewährt.

Text: Ronja Hähnlein
Illustrationen: Marlene Nötzold 

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