Dieser Artikel will nicht mit Bildern von rie­si­gen Plastikstrudeln im Meer oder toten Vögeln mit Strohhalm im Hals scho­ckie­ren, um ein schlech­tes Gewissen her­vor­zu­ru­fen. Plastik ist schlecht für die Umwelt, das ist mitt­ler­wei­le all­ge­mein bekannt. Stattdessen wird die­ser Artikel auf­zei­gen, wie ein Leben ohne Plastik mög­lich wird. 

Foto: Johanna Schultheiß

Morgens begin­ne ich den Tag mit einer erfri­schen­den Dusche. Dabei begeg­net mir schon im Bad eine Menge Plastik, auf das ich leicht ver­zich­ten kann. Handseife, Shampoo und Duschgel kön­nen statt in Flüssigform ein­fach als Seifenstück gekauft wer­den, die­ses wird in einer Papierverpackung auf­be­wahrt. Ihre Verwendung ist zu Beginn sicher­lich etwas gewöh­nungs­be­dürf­tig: die ers­te Shampoo-Seife, die ich aus­pro­bie­re, schäumt nur wenig. Doch nach meh­re­ren Probepackungen fin­de ich die pas­sen­de Version für mich. Alternativen sind beim Kauf erst ein­mal etwas teu­rer als die her­kömm­li­che Variante. Da das Produkt jedoch viel län­ger hält, ist es am Ende sogar effizienter.

Nach dem Duschen put­ze ich mir die Zähne. Meine alte Plastik-Zahnbürste habe ich durch eine aus Bambus ersetzt, wel­che pro­blem­los im Biomüll recy­celt wer­den kann. Auch die Zahnpastatube kann durch eine weni­ger müll­pro­du­zie­ren­de Variante ersetzt wer­den: Zahnpasta am Stiel oder in Tablettenform zum Zerkauen. Ersteres hin­ter­lässt nur einen Holz-Stiel, wel­cher eben­falls recy­celt wird und der Tabletten-Behälter kann immer wie­der nach­ge­füllt werden.

Die Zahnpasta am Stiel klingt zwar nett, ist in der Anwendung aber mei­ner Erfahrung nach nicht so effek­tiv. Die Anleitung ver­spricht: Einfach die Zahnbürste befeuch­ten, damit über das Zahnpasta-Stück strei­chen, und schon ist die Pasta an der Bürste. Das funk­tio­niert lei­der kaum … Es kann aber auch sein, dass es hier – wie auch beim Shampoo – unter­schied­lich gute Produkte gibt. Die Zahnpasta-Tabletten hin­ge­gen kann ich ohne Einschränkung emp­feh­len. Diese wer­den zer­kaut, bis eine wei­che Masse im Mund ent­steht, mit der dann ganz nor­mal (mit ange­feuch­te­ter Zahnbürste) die Zähne geputzt wer­den kön­nen. Selbst Zahnseide kann in einem wie­der­ver­wend­ba­ren Glasbehälter gekauft werden.

Die meis­ten eben­die­ser Produkte las­sen sich in Halle vor Ort kau­fen: Shampoo und Co. fin­den sich zum Beispiel in dem Seifenladen in der Händel-Passage oder in gewis­sen Bioläden; Bambus-Zahnbürsten gibt es in jedem Drogeriemarkt. Speziellere Alternativen wie die Zahnpasta-Tabletten oder Zahnseide im Glas habe ich bis­her nur online gefunden.

Oft ist die Lösung: Selbermachen

Putzmittel kön­nen bei­spiels­wei­se leicht zu Hause her­ge­stellt wer­den. Einfach Essig mit Wasser und viel­leicht einer Zi­trone oder ähn­li­chem (für den bes­se­ren Geruch) auf­ko­chen. Hilfe bie­tet unter ande­rem auch die Seite sauberkasten.com, dort kön­nen ent­spre­chen­de Zutaten und Rezepte sowie wie­der­ver­wend­ba­re Behälter bestellt wer­den. Leider ist die­ser jedoch recht teu­er – für mich ein Grund ihn auf mei­ne Weihnachtswunschliste zu schrei­ben. Allerdings ist hier eben­falls zu beden­ken, dass ein Paket des Versandhändlers meh­re­ren Wasch- und Putzmitteln ent­spricht, wodurch sich der Preis etwas aus­gleicht. Neben der Freude, etwas selbst gemacht zu haben, ist ein wei­te­rer Vorteil, dass in den selbst­ge­mach­ten Putzmitteln kei­ne schäd­li­chen Zusatzstoffe vor­han­den sind.

Wollt Ihr Eure Wohnung auch vom Plastik befrei­en? Dies muss nicht von heu­te auf mor­gen gesche­hen, also werft nicht ein­fach alle ange­bro­che­nen Produkte weg. Sinnvoller ist es, Vorhandenes zu nut­zen, um einen flie­ßen­den Übergang zu schaf­fen. So könnt Ihr Euch bes­ser an die neu­en Alternativen gewöh­nen und erreicht es auch lang­fris­tig, Plastik zu vermeiden.

Unterwegs – Es geht um viel mehr als Plastiktüten und Kaffee to go

Auch beim Einkaufen kann viel unnö­ti­ger Plastikmüll ver­mie­den wer­den – Obst und Gemüse packe ich ein­fach in losen Teilen ohne Verpackung oder Plastiktüte in mei­nen Einkaufswagen. In man­chen Supermärkten gibt es auch wie­der­ver­wend­ba­re Obst- und Gemüsenetze aus Baumwolle. Vorteilhaft ist dar­an, dass ich genau dar­über ent­schei­den kann, wie vie­le Karotten, Tomaten, Äpfel und Co. ich kaufe.

Bei Bio-Lebensmitteln kann es pas­sie­ren, dass die­se in nor­ma­len Supermärkten in Plastik ein­ge­schweißt sind, da sie gewis­ser­ma­ßen vor den Pestiziden und che­mi­schen Pflanzenschutzmitteln der kon­ven­tio­nel­len Lebensmittel geschützt wer­den müs­sen. Außerdem dient die Verpackung auch als Unterscheidungsmerkmal.

Entweder Ihr geht direkt in einen Bio-Laden, oder – noch ein­fa­cher – lasst Euch das Obst und Gemüse direkt nach Hause lie­fern. Entsprechende Bio-Kisten beinhal­ten über­wie­gend Produkte aus der Region (SoLaWi), wodurch ein lan­ger Transportweg der Produkte wegfällt.

In Halle besteht die beson­de­re Situation, dass es jeden Tag einen Wochenmarkt gibt, auf dem an den Ständen das Gemüse direkt ein­ge­kauft wer­den kann. Ein wei­te­rer Tipp wäre der Bio-Abendmarkt, wel­cher immer am ers­ten Donnerstag im Monat von Februar bis November auf dem Hallmarkt statt­fin­det. Außerdem gibt es gleich meh­re­re Läden, in denen geret­te­tes Gemüse ver­kauft wird, wie zum Beispiel das »Crumme Eck« und »Radieschen«: Hier wird auch dar­auf geach­tet, die Artikel nicht unnö­tig einzupacken.

Flüssige Lebensmittel wie Joghurt, Ketchup, pas­sier­te Tomaten et cete­ra kau­fe ich in Zukunft ein­fach in Glasverpackungen. Milch kann auch (unter ande­rem beim Edeka am Hallmarkt oder in der Pfännerhöhe) an einem ent­spre­chen­den Automaten sel­ber abge­füllt wer­den. Dafür muss aller­dings zum Einkauf eine eige­ne Flasche mit­ge­nom­men wer­den. Die Milch ist dort zwar etwas teu­rer, aber dafür von loka­len Bauern. Fleisch und Käse sind nor­ma­ler­wei­se auch immer ein­ge­schweißt, doch besteht die Möglichkeit, mit einer Dose an die Fleisch- oder Käsetheke zu gehen und dar­um zu bit­ten, alles direkt dort hineinzupacken.

Foto: Johanna Schultheiß

Beim Einkaufen wird jedoch klar, dass der Verzicht auf Plastik nicht immer so leicht ist. Doch eini­ge Produkte haben lei­der (noch) kei­ne Alternative: Veganen Joghurt und Milchersatz gibt es bei­spiels­wei­se nicht in Glasverpackungen, hier muss ich mich also zwi­schen dem Wohl der Tiere und der Müllreduzierung ent­schei­den. Auch bei Nudeln, Reis und Co wird es in den übli­chen Supermärkten schwer. In Halle gibt es lei­der noch nicht so vie­le Möglichkeiten unver­packt ein­zu­kau­fen. In der nörd­li­chen Innenstadt befin­det sich der »Himmel und Erde«-Laden, der
aller­dings recht klein ist. Sonst muss der Weg bis nach Leipzig unter­nom­men wer­den, um dort den Unverpackt-Laden zu besu­chen. Hier gibt es nicht nur Lebensmittel, son­dern auch Kosmetikartikel ohne Verpackung. Und wenn ich schon ein­mal in der Nähe der Karli bin, las­se ich mich nach mei­nem Einkauf ger­ne noch in einer Bar nie­der. Die Cocktail-Trinker ken­nen das Dilemma, wel­ches jetzt auf mich zukommt: Der Strohhalm ist immer wie selbst­ver­ständ­lich mit dabei. Wartet nicht dar­auf, dass die EU Strohhalme ver­bie­tet, das Problem könnt Ihr sel­ber in die Hand neh­men. Bei der Bestellung ein­fach anmer­ken, dass der Halm nicht gebraucht wird (meis­tens ist der ja eh nur im Weg, oder?). Dies for­dert natür­lich eine gewis­se Eigeninitiative, aber auch das ist nur eine Frage der Gewöhnung.

Abschließend las­se ich mei­ne Erfahrungen Revue pas­sie­ren: Der kom­plet­te Verzicht auf Plastik ist nicht leicht, bei man­chen Sachen ist wirk­lich eine Umstellung und ein grö­ße­rer Zeit- und auch Geldaufwand not­wen­dig. Insgesamt ist jedoch in man­chen Bereichen – vor allem im Bad – eine Reduzierung des Plastikkonsums gar nicht so schwer umzu­set­zen. Mir hat das gan­ze Ausprobieren jeden­falls sehr viel Spaß gemacht. Es war span­nend, immer wie­der neue Alternativen zu tes­ten, und ich hof­fe, auch Ihr ent­wi­ckelt in Bezug auf die­ses Thema eine gewis­se Entdeckerfreude.

0 0 vote
Article Rating
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments