Wie sinnvoll ist ein Fest voller Baumtötungen, unnötigem Konsum und stressigen Familienfeten? Der Anbetung eines alten, weißen Mannes? Ihr müsst euch endlich von diesen veralteten Traditionen lösen!
Wusstet ihr: Als E.T. nach 40 Jahren seinen guten Freund Elliott auf der Erde besuchen wollte, hatte er das Gefühl, Zeuge eines richtigen „Kettensägenmassaker“ zu sein. Vom Raumschiff aus blickte er auf Deutschland und sah, wie wir 30 Millionen lebende Bäume gefällt, ins Wohnzimmer gestellt, mit Müll behangen und dann feierlich aus dem Fenster geschmissen haben. 30 Millionen tote Bäume für ein Land von gerade mal 80 Mio. Menschen. Der Außerirdische wand seinen Blick ab und kehrte nie wieder zurück.
Wenn man Kinder fragt, was sie an Weihnachten mögen, fällt ein Wort: „Geschenke“. Laut ihnen sollte man sich das Schmücken und Gesinge sparen und gleich zum relevanten Teil des Abends kommen. Warum eigentlich nicht? Mit jedem weiteren, sorgfältig eingepackten Paket, dass das ebenfalls eingepackte – weil in Festtagskleidung gezwängte – Kind aufreißt, verschwindet seine Motivation (und bisweilen auch das Kind selbst) mehr und mehr in einem Mix aus Geschenkpapier und Plastikspielzeugverpackungen. Wenn man den Quälgeist nach der Bescherung in dem Berg von Müll wieder findet, erfährt man schnell, ob das Geschenk gelungen ist: Freudensprünge oder enttäuschtes Seufzen? Egal welche Reaktion – so viel Aufmerksamkeit wie zu Weihnachten bekommen die Dinge nie wieder. Zweimal gespielt, das „Playmobil Wunderhaus“ liegt in der Ecke und der Zögling bastelt aus dem Geschenkpapier kleine Origami-Tauben. Dazu: der gesellschaftliche Druck des Schenkens.
„Wenn du mich liebhast und kennst, dann schenkst du mir nicht nur etwas, sondern es muss mir auch noch gefallen.“, sagt die Stimme in meinem Kopf, während ich seit drei Tagen durch die Innenstadt stolpere, um etwas Passendes für meine Mutter zu finden. Zu teuer. Zu süß, zu groß. Und. Zu. Teuer. Kurz nach Ladenschluss werde ich mit einem fröhlich-singenden „Frohes Fest“ aus dem Geschäft geschmissen. Ich habe kein Geschenk für meine Mutter und die Schokolade für meinen Vater habe ich inzwischen vor Frust selbst gegessen. Zu Hause bastle ich je einen Gutschein für eine Umarmung, ein Kompliment und noch was Drittes. Heiligabend: „Ein selbst gemachtes Fotoalbum? Oh Mama, danke. Damit habe ich gar nicht gerechnet! Wie lange hast du daran gesessen? Zwei Wochen? Wow!“ Der Gutschein rutscht zurück in meine Tasche. „Ich habe dein Geschenk leider zu Hause vergessen… Aber du bekommst es beim nächsten Mal! Also, wenn wir uns wiedersehen, meine ich!“ Notiz an mich — meine Eltern bis zum Frühling des Vergessens nicht mehr besuchen.
Klar, „Mami“ und „Papi“ sagen jedes Jahr, wie großartig das Zusammenrücken der Familie um die kalten Festtage ist. Die Verwandtschaft kommt zu Besuch oder man fährt zu Oma und Opa, die „lecker, lecker“ Entenbraten kochen. Wehe dem, der die Ente nicht isst. Der Großeltern Herz ist leicht zerbrechlich.
Vorschlag: Mach doch dieses Jahr ein Selbstexperiment! Starte eine Stoppuhr, wenn es an der Tür klingelt, und stoppe sie, sobald das Chaos seinen Lauf nimmt. Vielleicht schlägst du meinen Highscore von 23 Minuten und 12 Sekunden, als meine völlig verspätete Oma mich letztes Jahr mit den Worten begrüßte: „Sag mal, hast du immer noch keinen festen Freund? So unansehnlich bist du doch gar nicht.“ Peng! Die Vorstellung des warmen, liebevollen Festes ist hin – stattdessen gibt’s eine konfliktreiche Familienfete mit peinlichem Schweigen, bösen Blicken und dem förmlichen Wunsch, der Abend möge sich bitte zügig dem Ende entgegen neigen!
Theorie: Jedes Weihnachten kostet dich fünf Tage deines Lebens! Stress. Noch einkaufen in der überfüllten Stadt, nur noch Geschenke einpacken, nur noch backen, nur noch Klöße vorbereiten, noch „Hübschmachen“, noch Verdauen, noch ein Marzipanherz zum Runterspülen des Lebkuchens. Weihnachten ist tödlich!
Ich habe beschlossen: Dieses Jahr bleibe ich allein zu Hause, ohne geschmacklose Dekoration, Fettleber und wunde Finger am Geschenkpapier. Nur ich, mein Sofa und – „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“.
Ich wünsche Ihnen stressfreie Weihnachten und ein gesundes neues Jahr!
Text und Illustrationen: Ronja Tummescheit