Nahrungsknappheit wird im Zusammenhang mit Überbevölkerung immer wieder als eines der großen Probleme unserer Zeit erkannt. Um dem entgegenzuwirken, kann jeder von uns ganz einfach seinen Teil tun. Zum Beispiel durch bewussteren Umgang mit Lebensmitteln.
Ein einzelner Supermarkt in Deutschland vernichtet pro Jahr rund 500 Tonnen Lebensmittel. Grund dafür sind allerdings keine technischen Probleme oder Gesundheitsbedenken, sondern eine Kombination aus Marketing und Kundenerwartung. Die meisten Lebensmittel sind ohne Probleme genießbar, sie werden lediglich aufgrund von kosmetischen Mängeln aussortiert. Einer WWF-Studie zufolge könnten sich bis zu 90 Prozent der Verluste auf dieser Ebene vermeiden lassen. Genau dazu will das Crumme Eck seinen Beitrag leisten.
Schönheit ist subjektiv
Nach einem erfolgreichen Crowdfunding hat der Laden als zweiter Food-Rescue-Laden in Deutschland eröffnet und findet seitdem guten Anklang bei seinen Kunden. Das Ganze beruht auf einem Netz aus Kooperationen mit Lebensmittelmärkten und Großverbrauchern, denen das Wegschmeißen ebenfalls zu schade ist.
Die Lebensmittel werden von Tankstellen, Bauernhöfen und vor allem von Supermärkten abgeholt und ins Crumme Eck gebracht. Dort werden sie gegen frei wählbare Beträge verkauft und so vor der Mülltonne gerettet. Potentielle Erträge sollen für die Förderung lokaler Projekte genutzt werden; welche das sind, können Kunden direkt im Laden mitentscheiden. Von krummen Gurken, braunen Bananen bis hin zu matschigen Mangos ist das Sortiment breit gefächert – es gibt nie das Gleiche, dafür aber immer etwas Neues. Seinen Großeinkauf kann man hier zwar nicht erledigen, aber mit ein bisschen Kreativität lässt sich immer ein Gericht zusammenstellen.
Letztendlich liegt es größtenteils am Konsumverhalten der Einkaufenden, dass unästhetisches Gemüse so lange im Regal liegt, bis es tatsächlich ungenießbar ist. Logisch, jeder sucht sich gerne den schönsten Apfel aus; macht das allerdings jeder so, bleibt einiges auf der Strecke. 2,6 Millionen Tonnen Essen werden jedes Jahr in Deutschland von Supermärkten vernichtet, davon könnten sich 2,4 Millionen vermeiden lassen.
Es ist ganz einfach
Ebenso drastisch ist die Situation bei den Endverbrauchern: mehr als sieben Millionen Tonnen Lebensmittel gehen hier verloren, davon sind 70 Prozent vermeidbar. Konkrete Tipps, um das Wegwerfen zu vermeiden, sind so einfach wie auch offensichtlich. Anstatt auf Vorrat einzukaufen, können häufig kleinere Besorgungen gemacht werden, das hilft einem auch dabei den Überblick über seinen Kühlschrank zu behalten. Damit man sich tatsächlich nur das in den Korb legt, was wirklich benötigt wird, sollte man vermeiden, hungrig einzukaufen, und vorher eine Einkaufsliste schreiben. Hat man doch einmal zu viel mitgenommen, gibt es die Möglichkeit, das Essen über Foodsharing oder einen Fairteiler weiterzugeben. Falls von mehreren Kochsessions verschiedene Reste übriggeblieben sind und einem nicht einfällt, was man damit anfangen könnte, so kann man sich auf der Website restegourmet.de inspirieren lassen. Um dem frühzeitigen Verfall der Lebensmittel entgegenzuwirken, ist auf eine produktspezifische Lagerung zu achten, empfindliche Nahrung sollte am besten so schnell wie möglich verzehrt werden.
Grenzen des Genusses
Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist an sich als Empfehlung konzipiert; viele Lebensmittel sind weit darüber hinaus noch genießbar, oftmals mehrere Wochen oder Monate. Das gilt jedoch nicht für das Verbrauchsdatum auf leicht verderblichen Nahrungsmitteln wie Fisch und Fleisch. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat dazu eine Checkliste herausgegeben, anhand derer Ihr erkennen könnt, ob etwas noch verzehrbar ist. Solltet Ihr Schimmelbefall erkennen, dann am besten direkt ab in die Tonne und nicht etwa herumschneiden oder das Produkt gar noch essen. Denn die Schimmelpilze können unter anderem krebserregende Aflatoxine produzieren, die sich auch über die befallene Stelle hinaus verbreiten.
Vorbild Frankreich
Abhilfe gegen die Lebensmittelverschwendung der Supermärkte ist in Deutschland derzeit nicht in Sicht. Dabei wird es vermutlich ohne offizielle Richtlinien für Handel und Industrie keine Abweichung vom derzeitigen Kurs der übermäßigen Entsorgung geben. Erfolgreiches Beispiel einer Regierungsmaßnahme für Lebensmittelrettung ist Frankreich: Dort ist seit 2016 ein Gesetz in Kraft, welches das Entsorgen essbarer Lebensmittel für Supermärkte unter Strafe stellt. Stattdessen wird das Essen an Tafeln und Hilfsorganisationen gespendet, die dadurch eine bessere Versorgung von Bedürftigen gewährleisten können. Schon heute ist der Lebensmittelabfall in Frankreich um drei Viertel niedriger als in Deutschland; geplant ist diesen bis 2025 weiter zu halbieren.
Der Klimawandel und die steigende Bevölkerung werden die Lebensmittelknappheit in Zukunft nur noch verschlimmern, es ist also ratsam, jetzt an Lösungen zu arbeiten. Ob man seine Lebensmittel im Crummen Eck oder über Foodsharing bezieht, seinen eigenen Abfall reduziert oder sich für neue und bessere Richtlinien im Umgang mit Nahrung einsetzt: es ist alles ein guter Anfang. Langfristig wird sich allerdings nicht nur das einzelne Konsumverhalten, sondern die Gesellschaft insgesamt ändern müssen, um das Problem zu eliminieren.
- Checkliste Verbraucherzentrale: https://www.vzhh.de/media/1802
- Lebensmittelrettung in Frankreich: https://www.zeit.de/politik/ausland/2015–05/lebensmittel-verschwendung-frankreich
- WWF-Studie: https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF_Studie_Das_grosse_Wegschmeissen.pdf
- Crummes Eck: Lessingstraße 39
Montag 16.00 – 20.00 Uhr
Freitag 18.30 – 21.00 Uhr
Samstag 9.00 – 14.00 Uhr, 16.00 – 20.00 Uhr