Seit dem Aus­bruch der Coro­na-Pan­demie haben mehr Studierende als son­st mit finanziellen Sor­gen zu kämpfen. Die Bun­desregierung schlägt daher die Auf­nahme eines Kred­ites bei der KfW-Bank vor, den Sie krisenbe­d­ingt angepasst hat. Doch erfüllt der Kred­it auch seine Absicht oder gäbe es ange­brachtere Alter­na­tiv­en?  

Für viele Studierende stellt die finanzielle Unsicher­heit während und nach dem Studi­um ohne­hin schon eine Belas­tung dar, ger­ade wenn deren Eltern nur über ein geringes Einkom­men ver­fü­gen. Deswe­gen ist die Stu­di­en­fi­nanzierung stark von der sozialen Herkun­ft abhängig und viele müssen ihr Studi­um durch einen zusät­zlichen Neben­er­werb finanzieren. Auf­grund der Coro­na-Krise und den damit ein­herge­hen­den Fol­gen auf dem Arbeits­markt, haben zahlre­iche Studierende ihren Neben­job ver­loren und ste­hen jet­zt vor noch größeren finanziellen Her­aus­forderun­gen. Die Krise stellt auch eine Belas­tung für viele Eltern der Studieren­den dar, weswe­gen die famil­iäre Unter­stützung nun noch geringer aus­fall­en muss. 

Hilfe durch die angepassten KfW-Kredite?    

Für Studierende bietet die Bun­desregierung nun fol­gen­den Lösungsvorschlag an: Seit dem 8. Mai kön­nen sie einen zins­freien Kred­it der KfW-Bank in Anspruch nehmen. Die KfW-Bank vergibt nor­maler­weise gün­stige Kred­ite mit Zin­szahlung für Pri­vat­per­so­n­en und wirtschaftliche Ini­tia­tiv­en, um diese zu fördern um damit zum Beispiel ein Unternehmen grün­den zu kön­nen. Unter anderem verteilt die KfW-Bank auch für Studierende Kred­ite in Höhe von bis zu 650 Euro. Während der Coro­na-Krise ist dieser Kred­it für Studierende zehn Monate zins­frei. Was nach ein­er guten Lösung klingt, stößt in der Prax­is auf harte Kritik. 

Sofia studiert Jura an der MLU und hat den KfW-Kred­it zum ersten Mal beantragt: „Ich habe meinen Job auf­grund der Coro­na-Pan­demie ver­loren und war auf finanzielle Hil­fe angewiesen, da ich nicht mehr BAföG-berechtigt bin. Ich finde es unfair, dass ich Schulden für mein Studi­um machen muss, nur weil ich in meinem Job nicht mehr Arbeit­en kann und studieren möchte.“ 

Auch Parteien der Oppo­si­tion und ver­schiedene Gew­erkschaften kri­tisieren den Vorschlag der Regierung. „Dieses Mod­ell wird die soziale Schieflage im Studi­um ver­stärken und Stu­di­en­ab­brüche ger­ade von finanzschwachen Studieren­den erzeu­gen. Dass die Auszahlun­gen erst im Juni anlaufen sollen, nach­dem die Bil­dungsmin­is­terin kri­tis­che Wochen hat ver­stre­ichen lassen, kom­plet­tiert nur noch das des­o­late Bild” meint Sylvia Büh­ler, zuständi­ges ver.di-Bundesvorstandsmitglied auf deren Home­page. Auch Kai Gehring, der Hochschul­sprech­er der Grü­nen im Bun­destag ste­ht den Anpas­sun­gen kri­tisch gegenüber. So meint er in einem Press­es­tate­ment: „Kar­liczeks Stu­di­enkred­ite sind eine bil­dungs- und sozialpoli­tis­che Bankrot­terk­lärung und unter­lassene Hil­feleis­tung für notlei­dende Studierende”. 

Bild: Anna Heydenreich
Der Haken — Zinsen, Zurückzahlungen, Zahlungsunfähigkeit  

Der Haup­tkri­tikpunkt an dem Kred­it ist, dass er nur für zehn Monate zins­frei ist – danach begin­nt die nor­male Verzin­sung, mit einem Effek­tivzinssatz von 4,36%. Diese Tat­sache kann poten­ziell zu ein­er hohen Ver­schul­dung der Studieren­den führen und wird von vie­len deshalb nicht als eine wirk­same sozialpoli­tis­che Lösung betra­chtet. Außer­dem wer­den bei dem Ver­fahren aus­ländis­che Studierende benachteiligt, da jene erst ab dem 1. Juli Geld erhal­ten kön­nen. Warum das so ist, wird nicht näher erläutert. Eine effek­ti­vere Maß­nahme würde der Aus­bau des BAföGs darstellen, find­et Sofia: „Für mich wäre es gut, wenn die BAföG-Kri­te­rien etwas gelock­ert wer­den wür­den. Ich musste viel arbeit­en, um mir mein Studi­um zu finanzieren, und kon­nte deshalb nicht meine vollen Leis­tungspunk­te beim BAföG-Amt nachweisen.“ 

Der Anteil der Studieren­den, die BAföG beziehen, ist in den let­zten Jahren gesunken. BAföG ist im Gegen­satz zu dem Kred­it wirk­lich zins­frei und die Summe, die man zurück­zahlen muss, begren­zt. Auch der Studieren­den­drat der Mar­tin-Luther-Uni­ver­sität, stellt Kred­ite für Studierende zur Ver­fü­gung. Anders als bei dem KfW-Kred­it, kann man hier 1000 Euro im Monat als Kred­it aufnehmen und diesen drei Monate nach der let­zten Zahlung des Stu­Ra zurück­zahlen. Da die Rück­zahlung mit 25 Euro pro Monat sehr ger­ing ist, stürzen sich die Studieren­den nach ihrem Abschluss nicht in einen unüber­schaubaren Schuldenhaufen. 

Eine Alternativlösung? „Mein Grundeinkommen“  

Wenn dafür gesorgt wer­den würde, dass die sozialen Unter­schiede in der Gesellschaft gar nicht erst entste­hen, wären vom Staat finanzierte Stu­di­en­hil­fen auch nicht mehr notwendig. Hier­für wäre die Ein­führung eines bedin­gungslosen Grun­deinkom­mens ein bedeut­samer Schritt für die soziale Gerechtigkeit in Deutsch­land. Die Forderung nach einem bedin­gungslosen Grun­deinkom­men wurde in den let­zten Monat­en ver­mehrt gestellt. Fast 180.000 Per­so­n­en unterze­ich­neten die Peti­tion dafür während der Coro­na-Krise. Der gemein­nützige Vere­in „Mein Grun­deinkom­men“ ver­lost jeden Monat ein Jahr den Betrag in Höhe von 1.000 Euro.  Ziel des Pro­jek­tes ist es, die Ein­führung des Grun­deinkom­mens zu forcieren. So kön­nte es auch für viele Studierende während der aktuellen Sit­u­a­tion eine gute Alter­na­tive bieten. 

Es bleibt abzuwarten, ob es zur Lösung der finanziellen Schwierigkeit­en von Studieren­den aus­re­icht, Kred­ite anzu­bi­eten. Vielle­icht wirkt die Krise auch als Impuls tief­greifend­ere sozialpoli­tis­che Verän­derun­gen wieder zur Diskus­sion zu stellen. 

Text und Recherche: Jomana Khadi­mal­lah, Anna Heydenreich.

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Anek
Anek
3 Jahre zuvor

Das wäre eigentlich mal eine gute Gele­gen­heit, um mal darüber zu disku­tieren, wieso die KfW bei Studieren­den in Zeit­en his­torisch niedriger Zin­sen über 4% ver­an­schlagt. Ich halte es näm­lich für frag­würdig, ob das ihrem öffentlichen Auf­trag gerecht wird und auch der Tat­sache Rech­nung trägt, dass sie sich durch Garantien der Bun­desre­pub­lik zu beson­ders gün­sti­gen Kon­di­tio­nen an das Geld kommt, welch­es sie so teuer weiterverleiht.