Mit seinem Sohn Georg erforschte er die fantastische Tier- und Pflanzenwelt des südlichen Pazifiks, reiste mit James Cook um die ganze Welt und war später Professor in Halle. Bald nach seinem Tod geriet er wieder in Vergessenheit. Eine Spurensuche durch die Saalestadt.

Unscheinbar ist sein Grab auf dem Stadtgottesacker in Halle an der Saale: Bogen 61 in der südöstlichen Ecke des Friedhofs. Von jahrhundertealten Bäumen umgeben ruht hier ein eher unbekannter, jedoch bedeutender Gelehrter aus der Zeit der Aufklärung. Johann Reinhold Forster, ein Name, der in wissenschaftlichen Kreisen noch immer als führender europäischer Naturforscher des südlichen Pazifikraums im 18. Jahrhundert gilt, ist im Gedächtnis der Menschen in Halle nur selten präsent, was durchaus verwundert!
Geboren 1729 im westpreußischen Dirschau, war es Forster nicht in die Wiege gelegt, dereinst ein bedeutender Gelehrter zu werden. Nach Beendigung der Schule studierte er an der Universität Halle Theologie, da sein Wunschfach Medizin vom Vater keine Unterstützung gefunden hätte. 1753 erhielt Forster eine Anstellung als Pfarrer einer kleinen Landgemeinde mit dem so schönen wie poetischen Namen Hochzeit. Dort scheint eine „Hochzeit“ seines Geistes eingesetzt zu haben, denn er begann eine umfassende Bibliothek zu sammeln und nahm seine vielfältigen Interessen an den alten Sprachen, der klassischen Literatur, der Chronologie und Völkerkunde wieder auf. Hier heiratete er auch seine Cousine Justina Elisabeth Nicolai. Das Paar bekam acht Kinder.
„A Voyage Round the World“
1763 ließ er seine Familie in Hochzeit zurück und fuhr mit seinem ältesten Sohn Georg nach Russland. Dort erhielt Forster von der Zarin Katharina II. den Auftrag, die deutsche Kolonie an der Wolga zu erforschen. Er sollte vor allem durch seine Forschungen ein positiveres Bild der Gegenden an der unteren Wolga um die Stadt Saratow zeichnen. Der Bericht war jedoch etwas zu freimütig für den Geschmack der Kaiserin, denn Forster fügte auch Klagen deutscher Kolonisten über ihre rechtliche Situation mit ein. Dies veranlasste die im Sinne des aufgeklärten Absolutismus regierende Zarin Katharina, ein Gesetzesbuch für die Wolgadeutschen in Auftrag zu geben. Den Zuschlag erhielt Forster, der zusammen mit einem reformierten Geistlichen namens Dilthey dieses Gesetzbuch ausarbeitete.
Nach Russland, Südafrika und Neuseeland
Nach der Fertigstellung übergab man dieses Buch der Zarin, woraufhin jedoch keinerlei Dankesbekundungen seitens des Zarenhofes erfolgten. Die Bezahlung und eine mögliche Professur, die sich Johann Reinhold Forster in St. Petersburg erhofft hatte, blieben aus, und so ging er mit seinem Sohn Georg nach England. Dort wurde er Lehrer an der Dissenters Academy in Warrington. Jahre später verließ er Warrington und ging nach London, wo er als Herausgeber und Übersetzer arbeitete.

1772 bot sich eine große Chance für Forster: Die britische Admiralität suchte einen geeigneten Ersatzmann für Joseph Banks, der James Cook auf dessen erster Südseereise begleitet hatte und ursprünglich auch mit auf die zweite Reise von Cook gehen sollte, jedoch kurzfristig absagte. Die Wahl fiel auf den vielseitig begabten Forster. Dieser nahm das Angebot an, unter der Bedingung, dass sein Sohn mitkommen dürfte.
Am 13. Juli 1772 lichteten die Schiffe im Hafen von Plymouth die Anker. In Kapstadt, wo am 30. Oktober 1772 ein längerer Aufenthalt eingelegt wurde, sammelte er schon viele unbekannte Tiere und Pflanzen. Von Kapstadt aus lenkte Captain Cook die Schiffe gen Süden ins ewige Eis. Nach monatelanger vergeblicher Suche nach der legendenhaften Terra Australis gönnte der Kapitän seinen Männern eine Erholungspause in Neuseeland. Von dort aus versuchten sie es wieder, fanden den Südkontinent aber nicht und kehrten über Neuseeland, Tahiti und Kap Hoorn 1775 nach England zurück. Sie brachten unbekannte Pflanzen und Tiere mit nach Europa. Eine ausführliche Reisebeschreibung inklusive sechsbändiger wissenschaftlicher Tagebücher der Reise, welche als erste bedeutende Arbeiten der internationalen Reiseliteratur angesehen werden können, erschien unter dem Titel „A Voyage Round the World“ unter der Autorenschaft seines Sohnes Georg 1777.

Professor aus Geldmangel
Aus finanzieller Not nahm Forster 1779 den Ruf des preußischen Königs Friedrich II. an die Universität Halle als Professor für Naturgeschichte und Mineralogie an. Im Herbst 1780 trat er sein Amt in Halle an. Im gleichen Jahr bekam er auch die Aufsicht über den Botanischen Garten, dem dieser die Grundlagen für seine berühmten Pflanzensammlungen aus exotischen Ländern verdankt. In dieser Zeit wohnte Forster in einem großen Hause in der Kleinen Steinstraße 9, wo heute noch eine Gedenktafel an ihn und sein Wirken erinnert.
1781 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Medizinischen Fakultät und trat der Freimaurerloge „Zu den drei Degen“ bei, wo er viele Jahre als Redner und Logenmeister fungierte. Dieser Zeit entstammt auch der größte Teil seines umfangreichen Briefwechsels mit Carl von Linné, dem berühmten Naturforscher und Systematiker des Tier- und Pflanzenreiches, mit den Brüdern Alexander und Wilhelm von Humboldt, mit dem Preußenkönig Friedrich II. sowie Benjamin Franklin, einem der Väter der amerikanischen Unabhängigkeit.
Schriftwechsel mit Linné, den Humboldts und Franklin
Im Frühjahr 1798 begann sich Forsters Gesundheitszustand allmählich zu verschlechtern. Ende Oktober verschlimmerte sich dieser weiter und am 9. Dezember verstarb der preußische Weltreisende im Alter von 69 Jahren. Seine Frau musste aus Geldmangel seine ungefähr 2500 Bände umfassende Privatbibliothek an die Königlich-Preußische Bibliothek zu Berlin verkaufen.
Doch Forster hat in der Welt auch bleibende Spuren hinterlassen. So wurden eine Seeschwalbe aus Nordamerika, ein Asteroid, eine Meerenge innerhalb der südlichen Sandwichinseln und in Halle die parallel zu Magdeburger Straße und Volkmannstraße verlaufende Forsterstraße nach ihm benannt.
Kleiner Fun Fact: Das Forsterhaus in der Emil-Abderhalden-Straße, das der Universität als Gästehaus dient, ist nicht nach Johann Reinhold Forster, sondern nach dessen Sohn Georg benannt.
Text: Aaron Wohlrab
