Zweibeinige intelligente Wesen sieht man in der Welt der Science Fiction ziemlich oft, seien sie nun grün oder nicht. Aber müssen da unbedingt Humanoide im Spiel sein? So mancher hat da vielleicht noch etwas mitzureden – oder vielmehr mitzufiepen.
Homo sapiens ist bekanntlich nicht gerade bescheiden, wenn es um seine Sonderstellung im Reich der Lebewesen geht. Wenn schon nicht die Krone der Schöpfung, so ist er doch zumindest die einzige intelligente Spezies auf der Erde, der unbestrittene Herrscher des Globus. Richtig?
Ganz eindeutig lässt sich diese Frage nicht bejahen, besonders wenn man die eher zweifelhaften Vertreter dieser Art betrachtet. Mancher Zyniker könnte gar ins Zweifeln kommen, ob wir uns überhaupt als intelligent bezeichnen sollten. So endet beispielsweise der berühmte „Galaxy Song“ aus Monty Pythons Film „Der Sinn des Lebens“ mit den Worten: „And pray that there’s intelligent life somewhere up in space, cause there’s bugger all down here on earth.“ Ist also die Ehrenrettung des intelligenten Lebens nur mithilfe kleiner grüner Männchen aus den Tiefen des Kosmos möglich? Zumindest könnte das Genre der Science Fiction eine alternative Sichtweise liefern, ist es doch seit den Tagen Mary Shelleys, Jules Vernes und H. G. Wells’ dadurch geprägt, dem Menschen einen sprichwörtlichen Spiegel vorzuhalten. Vielleicht finden wir manche Intelligenzen sogar direkt vor unserer Nase?
Pelzige Physik
In einer 1984 erschienenen Kurzgeschichte der ungarischen Autorin Ágnes Hosszú etwa nimmt der Versuch eines menschlichen Erstkontakts mit unbekannten Außerirdischen eine merkwürdige Wendung: Zur Reinigung der ziemlich engen und verwinkelten Wartungsröhren des Raumschiff-Reaktorsystems hält sich die Besatzung eine Hermelin-Familie, die allerdings nach nunmehr 17 Jahren interstellaren Fluges und fünf Generationen eine Reihe von Eigenarten entwickelt hat.
Bedingt durch die eine oder andere Strahlendosis sind die possierlichen, gegen Radioaktivität weitgehend immunen Pelztierchen inzwischen leicht mutiert und haben außergewöhnliche geistige Fähigkeiten entwickelt; die Bedienung von Steuerelementen oder das Abfragen und Lesen der Schiffsdatenbank sind nur der Anfang. Das Hermelinmännchen Hermann – immer schon an Physik und Mathematik interessiert – entdeckt bald einige schwerwiegende Fehlfunktionen im Reaktorsystem, welche die vergleichsweise inkompetente Menschencrew komplett übersehen hat. Da eine Reparatur unmöglich ist, konzentrieren sich die pelzigen Reinigungskräfte zunächst auf familiäre Weiterbildung (der Nachwuchs kann bereits Kubikwurzeln im Kopf berechnen); von alledem bemerken die Homo-sapiens-Vertreter natürlich nichts.
Als es dann schließlich durch menschliche Unaufmerksamkeit zu einem Reaktorleck kommt, wird die Primatenbesatzung ebenso wie der Schiffs-Zwergpudel schnell dahingerafft. Steuerlos ist das Raumschiff deswegen allerdings nicht, denn nun übernehmen Hermann und seine Familie im wahrsten Sinne des Wortes das Ruder; die Menschen- und Pudelüberreste werden kurz und schmerzlos im Müllschlucker entsorgt. Als „Hände“ dienen den Hermelinen die als Arbeitskräfte an Bord befindlichen und nun umprogrammierten Roboter. So fliegt das Raumschiff weiterhin dem außerirdischen Erstkontakt entgegen, während seine neue Pelztierbesatzung ihre Kenntnisse stetig erweitert und sich in Biologie, höhere Mathematik und die Kunst der Bach’schen Fuge vertieft.
Noch mal Wal gehabt
Tierische Intelligenz spielt auch in einem anderen Science Fiction-Werk der 80er Jahre eine wichtige Rolle: Im Film „Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart“ sehen sich Captain Kirk und seine Raumschiffcrew mit einer nahezu ausweglosen Situation konfrontiert. Eine mysteriöse außerirdische Sonde fliegt direkt auf die Erde zu und neutralisiert alles was ihr in den Weg kommt. Bald erkennt man, dass die Sonde eine Art Kommunikationssignal aussendet und dabei (wohl unabsichtlich) Technik und Energieversorgung des Planeten lahmlegt; zu allem Überfluss ist die Signalwelle so stark, dass die Ozeane des blauen Planeten zu verdampfen beginnen. Jeglicher Kontaktversuch scheitert, ein Kollaps der menschlichen Zivilisation scheint unabwendbar.
Der allzeit logische Mr. Spock findet schließlich jedoch heraus, dass die Signale der Sonde nichts anderes als Walgesänge sind – das fremde Raumfahrzeug will offensichtlich nicht mit Primaten, sondern mit den intelligenten Meeressäugern des Planeten Erde Kontakt aufnehmen. Einziges Problem: Sämtliche Wale wurden bereits im 21. Jahrhundert von den Menschen ausgerottet; es gibt niemanden mehr, der der Sonde antworten könnte. Die entsprechenden Töne könnten die Zweibeiner zwar simulieren, aber da die Bedeutung der Walsprache unbekannt ist, würde keine brauchbare Antwort herauskommen.
So bleibt Kirk und Co. schlussendlich nichts anderes übrig, als mit einem klapprigen außerirdischen Raumschiff in die Vergangenheit zu reisen und die benötigten Meeressäuger zu finden. Nach zahlreichen Schwierigkeiten (so kommt der vulkanische Nervengriff etwa zwecks Ausschaltung ruhestörender Punks zum Einsatz) wird der Besuch aus der Zukunft schließlich in einem Zentrum für Meeresbiologie fündig. Die beiden Buckelwale George und Gracy werden jedoch nicht etwa gegen ihren Willen entführt, sondern von Spock mittels Telepathie davon überzeugt, bei der Rettung der Erde behilflich zu sein. Eine Zeitreise samt feuchter Bruchlandung in der San Francisco Bay später sind es dann die Buckelwale, welche die außerirdische Sonde zum Abzug bewegen und damit die Welt retten – Kirk und Konsorten sind dabei nur Statisten.
Was für ein Schluss ist also aus diesen beiden Lehrstücken der phantastischen Literatur beziehungsweise Cineastik zu ziehen? Sicherlich die Erkenntnis, dass der Mensch nicht immer so schlau ist, wie er es gerne wäre. Auch wenn Tiere keine Solaranlagen und elektrischen Kaffeemühlen gebaut haben, dürfen wir sie nicht einfach als dumm oder irrelevant abtun – Krähenvögel und manche Papageienarten etwa sind mindestens so intelligent wie menschliche Kleinkinder, von Menschenaffen und den erwähnten Meeressäugern ganz zu schweigen. Zwar muss nun der heimatliche Goldhamster nicht gleich Shakespeares „Othello“ auswendig rezitieren können, doch wäre ein vorsichtigerer Umgang mit den klügeren unserer Mitkreaturen vielleicht nicht verkehrt. Schließlich kann man nie wissen, ob nicht eines Tages die eine oder andere außerirdische Sonde etwas von ihnen wissen will.
Apropos Außerirdische: Den Erstkontakt meistern Hermann und seine Familie in Hosszús Kurzgeschichte natürlich auch spielend, nachdem sie die Aliensprache im Alleingang entschlüsselt haben. Wie sich zeigt, waren die Hermeline von Anfang an die bessere Besetzung für diese Rolle, sind doch die Aliens ebenfalls – kleine pelzige Tiere. Also keine Sorge, lieber Homo sapiens: Dein Schicksal liegt in guten Pfoten.