Wenige Dinge nehmen wir so unreflektiert hin wie Gesundheit. Die wahre Wertschätzung kommt meist erst, wenn sie fehlt. Doch es muss nicht nur ein Einzelschicksal sein – wir alle haben erlebt, was eine Pandemie bedeuten kann. Und so macht der Mensch mit dem Thema Gesundheit genau das, was er mit allen Dingen tut, die ihn beschäftigen: Er macht sie zum Gegenstand in seiner Kunst.
The Normal Heart (2014)
von Ryan Murphy
132 min / US / FSK 12
Basierend auf dem autobiografischen Theaterstück von Larry Kramer erzählt der Film die Geschichte der beginnenden Aids-Krise im New York der frühen 80er. Damals kam eine völlig neue, tödliche Krankheit auf, die vor allem queere Männer* betraf. Die Folge: Niemanden scherte es. Queerfeindlichkeit war trotz der Stonewall Riots von 1969 und der daraus entstehenden Pride-Bewegung so tief ins Stammhirn der Gesellschaft geritzt, dass weder Politik noch Medizin sich für das Thema interessierten – es waren „nur“ queere Männer*, die da abtraten. Der Film begleitet Aktivist:innen der LGBTQ2S+-Szene und eine Ärztin, die zu den ersten gehörte, die die Krankheit erkannten, bei ihren verzweifelten Kampf, innerhalb und außerhalb der Community Gehör zu finden.
Die Story ist herzzerreißend. Sie zeigt die Ignoranz und den Hass auf der einen Seite, für die zehntausende Menschen mit ihrem Leben bezahlen mussten, und die Hilflosigkeit und Angst auf der anderen Seite, die sich immer mehr in der queeren Szene breit machte. Die Lücken, die durch das Sterben entstanden, und der Schmerz der Überlebenden und Zurückgebliebenen steckt bis heute tief in den Knochen vom älteren Teil der Community. Für viele war (und ist) diese die einzige Familie, die sie hatten, und sie mussten dabei zusehen, wie ihre Geschwister, Freund:innen und Partnerpersonen um sie herum verreckten – anders kann man es wirklich nicht bezeichnen – und zum Teil selbst die Angst aushalten, potentiell infiziert zu sein. Das wiederum war alles angesiedelt in einem gesellschaftlichen Klima, das durch die Epidemie mit einer neuen Welle von Schwulenfeindlichkeit überflutet wurde. Der Schmerz, der in diesen Geschichten steckt, ist kaum greifbar, und er ist Teil historischer Ereignisse, deren Ausmaßes sich wenige – auch innerhalb der jungen queeren Szene – bewusst sind. „The Normal Heart“ macht ein Fenster auf zu diesem Schmerz und ist ein Mahnmal. Ablehnung tötet.
Train to Busan (2016)
von Yeon Sang-ho
118 min / KOR / FSK 16
„Train to Busan“ ist eine südkoreanische Produktion und in meinen Augen einer der besten Zombiefilme der letzten 20 Jahre. Im Mittelpunkt steht Seok-woo, der mit seiner Tochter im Zug sitzt, als dort eine Infektion beginnt, sich rasend schnell unter den Fahrgäst:innen auszubreiten. So beginnt der Kampf um das Durchhalten bis zum nächsten Bahnhof. Doch wie sicher ist dieser wirklich? Mal in kammerspielartigen Sequenzen im Zug, mal in großem, mehr oder weniger übersichtlichen Gelände rund um Bahnhöfe angesiedelt, nutzt der Film die Möglichkeit, die Bedrohung durch die Zombies und auch andere Überlebende immer wieder neu und kreativ in Szene zu setzen. Wer auf action- und spannungsgeladene Filme mit Horroranstrich steht, wird hiermit sehr viel Spaß haben!
The Big Sick (2017)
von Michael Showalter
120 min / US / FSK 6
„The Big Sick“ erzählt die Geschichte von Kumail und Emily. Wie sie sich kennenlernen und verlieben, wie sie sich streiten und trennen und wie Emily plötzlich im Koma liegt und das Kumail den Boden unter den Füßen wegzieht.
Der Film ist eine fiktionalisierte Version von der Liebesgeschichte des pakistanisch-US-amerikanischen Comedian Kumail Nanjiani und seiner Ehefrau, der Drehbuchautorin Emily V. Gordon. Gemeinsam haben sie das Script für den Film verfasst und dabei etwas ganz Wunderbares gezaubert; einen tollen Mix mit dem richtigen Maß an Herzlichkeit, Tragik und Humor. Liebevoll werden die kulturellen und familiären Differenzen dargestellt, die ihrer Beziehung immer wieder Steine in den Weg legten. Das Ergebnis ist eine Romcom, die viel frischer und vor allem klischeebefreiter wirkt als die meisten anderen Genrevertreter. Dem Film wohnt eine Ehrlichkeit inne, wie man sie in humorvoll aufbereiteten Liebesgeschichten nur selten findet. Kumail und Emily sind kein Traumpaar aus dem Märchenbuch. Sie sind zwei Menschen, die eine Entscheidung füreinander trafen, und wir haben das Glück, dass sie uns an ihrer Geschichte teilhaben lassen.
Text: Ronja Hähnlein
Illustrationen: Marlene Nötzold