Ob Geflüchteten die deutsche Sprache und Kultur näherzubringen, mit Kindern um die Wette zu basteln oder gemeinsam den Pinsel zu schwingen, um kahle Wände und Schulhöfe zu verschönern: In Halle und Umgebung gibt es genug Menschen und Organisationen, die eine helfende Hand benötigen. Diese und circa 300 weitere soziale Projekte werden von der Freiwilligen-Agentur Halle-Saalekreis e. V. vermittelt.
»Nur noch kurz die Welt retten« wie Tim Bendzko kann nicht jeder. Vor allem wenn diese immer chaotischer zu werden scheint, fragt man sich, was ein Individuum alleine da noch ausrichten kann. Dabei ist es gar nicht so schwer, Gutes zu tun. Man muss dafür nicht einmal weit reisen, es reicht quasi ein Schritt vor die Haustür.
Seit 1999 versucht die Freiwilligen-Agentur Wege zu ebnen und Barrieren – ob physische oder mentale – zu brechen, damit Menschen sich engagieren und Freiwilligeneinsatz gefördert werden kann. »Unsere Gesellschaft braucht einen Zusammenhalt, und jeder Einzelne kann einen Beitrag leisten. Engagement ist eine gute Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen, und wir wollen Gelegenheiten schaffen, ohne einen moralischen Druck auszuüben«, erklärt Sulamith Fenkl-Ebert, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit der Agentur. Jeder könne sich seinen persönlichen Fähigkeiten nach einbringen und an einer Verbesserung der Stadt und der Gesellschaft teilhaben. Besonders beliebt seien die Patenschaftsprojekte: ob im Pflegeheim mit Senioren zu singen, mit Menschen mit Behinderungen einen Ausflug ins Grüne zu machen oder Kindern beim Lesen und Schreiben zu helfen. Den Engagierten sei vor allem das Zwischenmenschliche sehr wichtig, denn es vermittle das Gefühl, gebraucht zu werden und etwas Sinnvolles zu machen. »Die Leute, denen geholfen wird, blühen richtig auf, weil sie raus und in Kontakt mit anderen Dingen und Menschen kommen«, betont Fenkl-Ebert.
Neben der Vermittlung von Projekten bietet die Freiwilligen-Agentur auch Fortbildungen und Workshops an. Teilnehmende werden zum Beispiel über Zivilcourage und Asylrecht aufgeklärt und lernen, wie gegen rassistische Attacken vorzugehen ist oder welches Handwerkszeug gebraucht wird, um mit Geflüchteten zusammenzuarbeiten. Vereine und Organisationen gehen dabei auch nicht leer aus: beim Freiwilligenmanagement wird ihnen beispielsweise gezeigt, wie sie Helfer und Helferinnen anwerben, einbinden und begleiten können.
Warum sollte man sich ehrenamtlich engagieren?
Wer kennt es nicht? Beim platzenden Stundenplan voller Vorlesungen und Seminare, wochenlangen Praktika und ätzendem Prüfungsstress hat man sowieso kaum Freizeit. Warum sollte man davon etwas für Freiwilligenarbeit abknapsen, wenn es nicht einmal den Geldbeutel aufbessert? Das Ehrenamt bringt jedoch zahlreiche Vorteile mit sich, das weiß auch der zukünftige Arbeitgeber. Man lernt Dinge, die im normalen Unialltag nicht unbedingt zugänglich sind. Vor allem wenn man sich mit der Vision des Projektes identifiziert, macht die soziale Arbeit nicht nur Spaß, man eignet sich auch Soft Skills wie Organisationsvermögen, Geduld oder die Fähigkeit zum aufmerksamen Zuhören an. Ehrenamtliches Engagement kann sich also auf den Charakter auswirken und vor allem die sozial-kommunikativen Kompetenzen stärken. Der Horizont erweitert sich und eine Sensibilisierung für politische und religiöse Themen sowie für verschiedene Menschengruppen findet statt. Daneben hat man die Chance, sich ein soziales Netzwerk aufzubauen, welches selbst für die berufliche Zukunft nützlich sein und neue Türen öffnen kann. Die Erkenntnis, etwas Gutes für sein Umfeld – seien es nun andere Menschen, Tiere oder die Natur – zu tun, kann einen vollends zufriedenstellen: »Etwas für andere zu tun, bringt nicht nur Freude und Erfüllung, es kommt meist auch in vielfältiger Form zu einem selbst wieder zurück«, sagt der Vorstandsvorsitzende des Peißnitzhaus e.V. Roland Gebert der Freiwilligen-Agentur. Er setzt sich für die Sanierung des Schlösschens auf der Peißnitzinsel ein. Das Peißnitzhaus ist ein Ort der Zusammenkunft, wo viele kulturelle Veranstaltungen für Jedermann stattfinden. Auch wir Studierenden profitieren davon, wenn wir uns nach einem Spaziergang am Lagerfeuer aufwärmen oder an sommerlichen Abenden den Musikern lauschen, die bei vereinzelten Konzerten oder Festivals spielen.
Wer nun ein Ehrenamt trotzdem nicht mit Uni und Nebenjob unter einen Hut bringen kann, für den gibt es eine geeignete ASQ: Beim Modul »International Engagiert Studiert« kann man sich ehrenamtlich betätigen und bekommt sogar fünf Credit-Points gutgeschrieben. In Kooperation mit der Freiwilligen-Agentur nehmen Studierende an Seminaren teil und arbeiten an verschiedenen Projekten mit. Bei vielen Organisationen können auch eigene Projekte auf die Beine gestellt werden, denn frischer Wind ist immer willkommen. In den letzten Jahren sind unter anderem in Zusammenarbeit mit Jugendgruppen selbst gestaltete Kochbücher oder aus Integrationsprojekten aufklärende Videos und Artikel entstanden. Am Ende soll jeder Studierende auf eine tolle Zeit und ein gemeinsam erarbeitetes Ergebnis zurückschauen können.
Natürlich ist es nicht einfach bei 300 Projekten in zwölf verschiedenen Bereichen – darunter Gesundheit, Kultur & Kreatives oder Natur & Umwelt – das richtige Projekt für sich auszuwählen. Entweder kann man sich bei einem persönlichen Gespräch beraten lassen oder aber gleich in verschiedene Projekte reinschnuppern. Diese Gelegenheit bietet der Freiwilligentag.
Engel für einen Tag
Kreative Köpfe haben sich für den Freiwilligentag, der schon zum 15. Mal in Halle veranstaltet wird, einiges Neues ausgedacht. Statt einem Tag wird es dieses Jahr zwei geben, an denen man in das Ehrenamt reinschnuppern und gleichzeitig die Stadt und ihre Menschen besser kennenlernen kann. Außerdem findet der Freiwilligentag im Mai (17. und 18.) und nicht im September statt, damit erhoffen sich die Veranstalter mehr potentielle Freiwillige anzusprechen, die frühlingsfrisch mit anpacken können. Vor allem für Studierende soll das reizvoll sein, da der Freiwilligentag sonst während der Semesterferien stattgefunden hat, wenn viele Studierende ausgeflogen sind.
Erstmalig unterstützt auch der Studierendenrat der MLU die Organisation des Freiwilligentages. Dass vor allem jüngere Menschen angesprochen werden sollen, beweist der neue Look. 2019 wird bunt: Nicht nur die Webseite und die Flyer wurden farbenfroh gestaltet, vor allem die Graffitiwand in der Geiststraße zieht viele Blicke auf sich. Die weißen Engelsflügel, vor die man sich für seinen Schnappschuss stellen soll, stechen in Kontrast zum knalligen Hintergrund stark hervor. Mit dem Motto als Hashtag #engel
füreinentag soll der Freiwilligentag auch in Social-Media-Kanälen seine Kreise ziehen.
Sulamith Fenkl-Ebert erinnert sich gerne an die vergangenen Freiwilligentage: »Das Schönste daran ist, dass die unterschiedlichsten Menschen zusammenkommen, um gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten. Es ist ein tolles Gemeinschaftserlebnis, am Ende des Tages auf ein Ergebnis zu schauen, das man zusammen erreicht hat; sei es ein gebautes Baumhaus, ein neuer Sandkasten für die Kita oder ein gestrichener Zaun.« Es sollen auch wieder viele Ausflüge gemacht werden, unter anderem wird es in den Zoo gehen. Am Samstag soll abends wie immer ein »Dankeschönfest« stattfinden, um auch den Gemeinschaftsgedanken zu festigen. Dieses Jahr findet die After-Volunteer-Party im Saline-Museum statt. »Wenn das Wetter schön wird, kann man dort gut im großen Hof sitzen. Ansonsten ist auch bei Regen Abhilfe geschaffen, denn in der riesigen alten Halle, die industriellen Charme versprüht, finden sicher alle Platz«, versichert Fenkl-Ebert. Dabei dürfen Musik und Schmaus natürlich nicht fehlen: »statt eines klassischen Buffets soll es Stationen geben, an denen man zum Beispiel seine eigenen Waffeln backen oder Würstchen grillen kann.«
Die Anmeldung zu einem Projekt geht ganz einfach über ein Online-Formular. Kurzentschlossene können sich aber auch direkt am Freiwilligentag noch registrieren. Im überschaubaren Rahmen kann so in Projekte reingeschnuppert, neue Kontakte geknüpft und Hand in Hand sinnvolles getan werden. Vielleicht weckt es bei dem einen oder anderen auch die Lust ein längerfristiges Ehrenamt zu übernehmen. Die Welt retten wird man dadurch nicht, aber sicher ein Stückchen besser machen.
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