Neben ihrer Aktivität als Studentin an der MLU ist Laura Riedemann auch als Schwimmerin im Leistungssport tätig – und das sehr erfolg­reich. Im Sommer 2024 trat sie zum zwei­ten Mal bei den Olympischen Spielen an. Im Gespräch ver­rät sie uns unter ande­rem, wie sie Leistungssport und Studium bewältigt.

Laura Riedemann ist 26 Jahre alt und stu­diert Lehramt für Gymnasien in den Fächern Deutsch, Sozialkunde und Sport. Ihre Karriere im Schwimmsport begann ganz klas­sisch mit dem Abzeichen des Seepferdchens, wor­an sie sehr viel Spaß hat­te und laut ihrer Aussage dann „ein­fach wei­ter­ge­macht“ hat. Seit dem Grundschulalter tritt Laura regel­mä­ßig zu Wettkämpfen an. Bei klei­ne­ren Wettkämpfen auf Landesebene und auf natio­na­ler Ebene schwimmt sie „alles quer­beet“. „Im inter­na­tio­na­len Bereich bin ich eigent­lich nur auf den Rückenstrecken zu fin­den oder im Freistil“, sagt sie. Vom Freistilschwimmen spricht man, wenn der:die Schwimmer:in eine belie­bi­ge Schwimmart wählt. Freistilschwimmen wird aber über­wie­gend als Kraulschwimmen durch­ge­führt, da die Kraultechnik als schnells­te Schwimmtechnik gilt.

Die zweite Olympianominierung

Die Nominierung für die Olympischen Spiele in Paris 2024 war die zwei­te für die gebür­ti­ge Hallenserin. Ihre ers­ten olym­pi­schen Spiele bestritt sie 2021 in Tokio. Wie der Prozess einer Olympianominierung genau abläuft, ver­riet uns die Schwimmerin aus Halle im Gespräch: „Ein hal­bes bis drei­vier­tel Jahr vor­her krie­gen wir Sportler:innen Normzeiten, die wir schwim­men müs­sen und dann hat man meist einen bestimm­ten Zeitraum, in wel­chem man die gesetz­te Zeit schaf­fen muss, im Rahmen von bestimm­ten Wettkämpfen, die dafür vor­ge­se­hen sind.“

Die Schwimmer:innen suchen sich die Wettkämpfe aus, an wel­chen sie teil­neh­men möch­ten, da zu vie­le Rennen sich nega­tiv auf die Formkurve aus­wir­ken wür­den. Schließlich soll die­se so kon­stant wie mög­lich oben gehal­ten wer­den. Auch Wettkampfart und Schwimmhalle sind ent­schei­den­de Kriterien bei der Wahl der Wettkämpfe, da jede:r Sportler:inWettkampfstätten hat, bei wel­chen sich die Teilnehmenden woh­ler füh­len oder eben nicht.

Formkurve
Die Formkurve, auch Leistungskurve genannt, ist eine äußerst wich­ti­ge Komponente im Sport. Diese ist eine gra­fi­sche Darstellung der Leistung eines:einer Athlet:in über einen bestimm­ten Zeitraum. Sie zeigt, wie sich die Leistung im Laufe der Zeit ent­wi­ckelt und, ob sich der:die Athlet:in ver­bes­sert oder verschlechtert.

Auf die gewähl­ten Rennen berei­tet sich der:die Sportler:in dann vor und ver­sucht die vor­ge­ge­be­nen Normzeiten zu errei­chen. Im Fall, dass eine teil­neh­men­de Person die gefor­der­te Zeit nicht schafft, erklärt Laura, dass es im Schwimmen Staffeln gibt, bei denen die schnells­ten Schwimmer:innen jeder Lage oder Schwimmart aus­ge­wählt wer­den, um sich noch für eine Olympiateilnahme qua­li­fi­zie­ren zu kön­nen. So wur­de Laura Riedemann als schnells­te Rückenschwimmerin für die Staffel bei den Olympischen Spielen 2024 nominiert.

Ihre Gefühlslage zur Nominierung beschreibt die Schwimmerin als sehr erleich­tert, weil das Training die letz­ten Jahre nicht sehr gut verlief.

Uni und Leistungssport parallel – gewusst wie!

Ganz all­ge­mein beschreibt Laura, dass sie es nicht anders gewohnt sei, als dass ihr Tag früh anfängt und spät auf­hört. Dieser Rhythmus begann bereits, als sie zur Sportschule ging, an wel­cher der Unterricht um 7.00 Uhr star­te­te und der Tag mit Training um 19.00 Uhr ende­te. Daher ken­ne es die Schwimmerin, dass ihre Tage sehr durch­struk­tu­riert und voll seien.

In der Regel hat die Hallenserin zehn Trainingseinheiten in der Woche, wel­che meis­tens zwei­mal am Tag statt­fin­den, außer Mittwoch nach­mit­tags – da ist näm­lich trai­nings­frei! Stattdessen wird immer am Samstagmorgen trai­niert. Die Trainingseinheiten dau­ern durch­schnitt­lich zwei bis drei Stunden – davon zwei Stunden Schwimmen und eine Stunde soge­nann­tes Athletiktraining am Montag, Stabilitätstraining am Dienstag, Dehnung am Donnerstag und Krafttraining am Freitag. Stabilitätstraining dient dazu, die Körperstabilität von Athlet:innen zu for­dern und zu för­dern. Diese Übungen sind in der Regel sta­ti­sche Kraftübungen, bei denen Athlet:innen Bewegungen sehr lang­sam aus­füh­ren und Positionen mög­lichst lan­ge sta­bil halten.

Im Olympischen Dorf zwi­schen den Fahnen aller Nationen. Foto: Nele Schulze

Zwischen den Trainingszeiten ver­sucht die 26-jäh­ri­ge ihre Uniseminare und Vorlesungen unter­zu­brin­gen. Dabei betont sie, dass die Uni weni­ger inten­siv gewe­sen sei, als es Richtung Olympische Spiele ging. Da beleg­te die Schwimmerin nur zwei bis drei Seminare, da sie sich men­tal sonst nicht so gut aufs Training fokus­sie­ren kön­ne und dies für sie Priorität hat.

Dass man als Leistungssportlerin auf eine aus­ge­wo­ge­ne Ernährung ach­ten muss, liegt hier­bei auf der Hand. „Man isst halt, wenn zwi­schen­durch Zeit ist. Man nimmt sich dann viel mit, berei­tet sich viel im Vorfeld vor, sodass man nicht dar­auf ange­wie­sen ist, sich irgend­wo etwas ‚Ungesundes‘ zu holen, son­dern man wirk­lich weiß, was man isst und dabei hat.“ Letztendlich beschreibt Laura, dass die Universität und vie­le Dozent:innen gene­rell sehr zuvor­kom­mend sind, wenn es um ihren Leistungssport geht. Die Schwimmerin stu­diert bereits im 15. Semester, was sie damit begrün­det, dass sie sich bewusst Zeit für ihr Studium nehme.

Der Weg nach Paris

Prinzipiell lie­fen die Trainingsroutinen von Laura glei­cher­ma­ßen wei­ter, auch nach der Olympia-Nominierung. „Meistens ist die Qualifikation schon so anspruchs­voll, dass man sich sowohl im Training, als auch kör­per­lich und men­tal so vor­be­rei­ten muss, wie zum Höhepunkt der Olympischen Spiele.“ Schon vor der Qualifikation fin­den bereits Trainingslager statt, um vol­len Fokus auf das Schwimmen zu setzen.

Bevor das deut­sche Staffelteam nach Paris geflo­gen ist, tra­fen sie sich für eine knap­pe Woche in Berlin. Dabei ken­ne man die meis­ten Athlet:innen schon, jedoch kann man in die­ser Vorbereitungsphase noch ein­mal feins­te Absprachen mit­ein­an­der tref­fen. „Gerade in der Staffel bin ich auch noch auf drei wei­te­re Schwimmerinnen ange­wie­sen und dann kann man noch mal schau­en, dass gera­de bei den Wechseln von einer Sportlerin auf die ande­re die Wechselzeiten mög­lichst gering sind und man so noch ein wenig zusam­men üben kann.“

Ihre Trainerin war zu die­sem Zeitpunkt in Berlin noch an Lauras Seite. Jedoch ist es bei den Olympischen Spielen vom DOSB, dem deut­schen Olympischen Sportbund, so gere­gelt, dass eine bestimm­te Anzahl an Trainer:innen, Physiotherapeut:innen, Ärzt:innen und so wei­ter, die mit­kom­men, vor­ge­ge­ben ist und somit nicht jede:r Heimtrainer:in der jewei­li­gen Sportler:innen vor Ort sein kann. Bei den Spielen 2024 in Frankreich muss­te die Trainerin der Hallenserin somit von zu Hause aus die Daumen drü­cken. Diesen Abschied emp­fand Laura Riedemann als eine har­te Hürde, da ihre Trainerin bei ihrer ers­ten Teilnahme in Tokio 2021 mit vor Ort sein konn­te. Ihre Funktion beschreibt die Schwimmerin als halt­ge­bend und beru­hi­gend, wort­wört­lich als „gewohn­tes Umfeld und Ort des Vertrauens und der Sicherheit“.

Am Flughafen wur­de das deut­sche Team herz­lichst mit typisch fran­zö­si­schen Snacks wie Croissants, begrüßt. Dort tra­fen sie auch schon auf ande­re Nationen und deren Athlet:innen. Man höre und stau­ne – es gibt für alle Sportler:innen einer Nation einen soge­nann­ten Kleiderleitfaden. Dieser gibt vor, wel­che Kleidung, wie Turnschuhe, T‑Shirts und Hosen, man zu bestimm­ten Anlässen, wie etwa der Anreise, im Olympischen Dorf oder zur Siegerehrung tra­gen soll. Die Hallenserin beschreibt wei­ter: „Es ist schon mega cool, wenn man als Team ganz ein­heit­lich am Flughafen ent­lang­läuft und ande­re Nationen dann sehen, für wel­ches Land man antritt.“

Vor dem Pariser Eiffelturm. Foto: Nele Schulze

Mit Shuttlebussen ging es dann in das olym­pi­sche Dorf. Die Zeit danach emp­fand die Schwimmerin aus Halle als sehr stres­sig, da nicht nur eine Orientierung über das Gelände her muss­te, son­dern neben Routinen wie Ankommen, Registrierung und so wei­ter auch noch das Training wei­ter­ge­führt wur­de. Die Busse waren auch das typi­sche Gefährt, um vom olym­pi­schen Dorf in die Schwimmhalle zu gelan­gen. Vor Ort gab es rich­ti­ge Busstationen, die von den Sportler:innen genutzt wur­den. Diese waren für jewei­li­ge Sportarten und deren Sportstätten geord­net. Das Training inner­halb der Wettkampfhalle wur­de rou­ti­ne­mä­ßig durch­ge­zo­gen. „Je nach­dem, wie viel Zeit dann neben­bei noch war, konn­te man sich noch inner­halb des Dorfes umschau­en. Wir hat­ten in Paris zum Beispiel einen eige­nen Souvenirshop oder Cafés und Bäckereien.“

Funfact: Die Betten aller Sportler:innen im Olympischen Dorf bestan­den aus Karton und die Matratze aus recy­cel­tem Plastik, was für vie­le Sportler:innen nicht unbe­dingt ange­nehm war. Diese kön­ne man zwar wen­den, aber „ob man nun auf hart oder ganz hart schläft, macht dann auch kei­nen Unterschied“, gibt Laura Riedemann an. „Ich schla­fe so oder so. Es ist jetzt nicht super gemüt­lich, aber man gewöhnt sich dar­an.“ Beispielsweise bringt Deutschlands schnells­te 100-Meter-Läuferin und Europameisterin Gina Lückenkemper immer ihren eige­nen Matratzen-Topper zu Wettkämpfen mit.

Olympiateilnehmerin Laura Riedemann mit den Olympischen Ringen. Foto: Nele Schulze

Vor Ort am Wettkampftag

Erst ein­mal war Ausschlafen ange­sagt, da der Wettkampf der Schwimmstaffeln rela­tiv spät statt­fand. Bevor die­ser beginnt, star­tet man übli­cher­wei­se mit einer Erwärmung an Land und Einschwimmen im Wasser. Ihre Zeit kurz vor dem Wettkampf beschreibt Laura fol­gen­der­ma­ßen: „Dann habe ich meist noch eine hal­be Stunde Zeit, in der ich ein biss­chen run­ter­fah­re und Musik höre. Dann zie­he ich mei­nen Wettkampfanzug an und es geht in den soge­nann­ten Callroom mit dem Team.“

In die­sem wird noch ein­mal die Akkreditierung der Sportler:innen gecheckt, eben­so ob alle Materialien, wie die Badekappen der Frauen zuge­las­sen sind.

Am Eingang zur Olympischen Schwimmhalle. Foto: Nele Schulze

Die Besonderheit der Schwimmhalle die­ser Olympischen Spiele war, dass die Zuschauer:innentribünen fast bis an den Beckenrand reich­ten, was für Schwimmhallen rela­tiv unge­wohnt ist, da die Tribünen meist in einer Höhe von etwa 3 Meter begin­nen. Somit waren die Zuschauer noch ein­mal näher an den Athlet:innen und am Geschehen dran.

Natürlich hat­te auch unse­re hal­li­sche Schwimmerin Unterstützung in der Schwimmhalle. Nicht nur von vie­len mit­ge­reis­ten deut­schen Fans, son­dern auch von ihrem Vater. „Ich wuss­te unge­fähr, wo er sitzt, und im Vorfeld woll­te ich nicht nach­schau­en, wo genau, da ich so im Fokus war. Da ich als ers­te der Staffel 4 × 100 Meter Lagen geschwom­men bin, habe ich nach mei­nem Wettkampf geschaut und ihn dann auch gese­hen, was für mich ein ganz beson­de­rer Moment war, gera­de bei so vie­len Zuschauern.“

Die Stimmung in der Halle beschreibt Laura als unfass­bar laut und sie war sehr erfreut dar­über vie­le deut­sche Fans vor Ort gehabt zu haben, wel­che die deut­sche Nationalmannschaft unter­stütz­ten. „Diese Masse an Zuschauern sind wir ein­fach nicht gewöhnt und des­halb war das für uns alle etwas ganz Besonderes.“

Lagenschwimmen ist ein Schwimmwettkampf mit vier wech­seln­den Schwimmstilen. Es müs­sen fol­gen­de Schwimmarten ver­wen­det wer­den: Schmetterlingsschwimmen, Rückenschwimmen, Brustschwimmen und Freistilschwimmen.

Mit ihrer Leistung ist die Schwimmerin aus Halle auch sehr zufrie­den, da ihre letz­ten Jahre nicht opti­mal ver­lie­fen und sie, wie sie sel­ber sagt, als Schwimmerin auch schon etwas älter ist. „Wir haben alle das abge­lie­fert, was ging. Schade ist halt, dass wir neun­ter gewor­den sind und somit um einen Platz das Finale ver­passt haben. Klar ist es ärger­lich, aber ich fin­de, wir kön­nen trotz­dem super zufrie­den mit uns und unse­rer Leistung sein.“

„Was nimmst du aus Paris und den Olympischen Spielen 2024 mit?“

Das Gefühl auf dem Startblock war ein unbe­schreib­li­ches Gefühl für die 26-jäh­ri­ge Studentin. „Eigentlich brauch­te ich gar kei­nen Urlaub danach, son­dern könn­te direkt wei­ter schwim­men – so groß war mei­ne Motivation.“ sagt Laura. Sie sel­ber habe es mit sehr viel Stolz erfüllt, ein Teil des Ganzen im Olympischen Dorf und dem deut­schen Team zu sein. „Dieser freund­li­che und herz­li­che Umgang mit­ein­an­der. Schließlich sind in unse­rem Team um die 400 bis 500 Leute gewe­sen, wovon man nicht jede:n kennt. Auch jede:r auf der Straße erfährt die­sen herz­li­chen Umgang. Das ist etwas, wo ich mir manch­mal wün­sche, so könn­te die gesam­te Gesellschaft aussehen.“

Sportliche Aussichten und private Zukunft

Sportlich gese­hen will die Hallenserin schau­en, was von Jahr zu Jahr geht und klappt, da sie sich sel­ber schon als „eine der Älteren im Schwimmsport“ bezeich­net. Die meis­ten Schwimmer:innen in Deutschland sei­en Jahrgänge 2001 und jün­ger, erklärt sie, da sehe man eine 19 bei den Jahrgängen eher sel­te­ner vorne.

Dieses Semester ste­he auf jeden Fall ihr Studium im Vordergrund, da sie gera­de ihre Examensarbeit schreibt und sie ihr Studium ger­ne erfolg­reich abschlie­ßen möchte.

Privat sieht sich die zwei­fa­che Olympiateilnehmerin glück­lich mit ihrem Verlobten, den sie nächs­tes Jahr hei­ra­ten wird. „Ja, also in 10 Jahren sehe ich mich schon ger­ne mit zwei Kindern, einem Hündchen und als Lehrerin an einer Schule in Halle gemein­sam mit mei­nem Verlobten, der auch Lehrer ist“, heißt es zum Abschluss unse­res Gespräches mit der Olympiaschwimmerin Laura Riedemann.

Text: Elisa Marie Elkner

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