Das 1,5‑Grad-Ziel ist Geschichte, weltweit wird nicht genug für den Klimaschutz getan und die Klimakatastrophe schreitet gemütlich voran. Zeit sich Sorgen zu machen? – I wo!
Wann hat das eigentlich alles angefangen?
Kaum hatte der Mensch das Licht der Welt erblickt, eröffnete die Industrialisierung ein neues Zeitalter der Geschwindigkeit und es begann in großen Schritten die Befreiung des Kohlenstoffs. Vom Smog der Stadt über die Rußwolken der Fabriken bis hin zum sauren Regen waren es erst die offensichtlichen Reaktionen der Umwelt, welche ihre Probleme mit sich brachten.
Die Auswirkungen von Kohlenstoffdioxid auf das Klima rückten erst Mitte des 20. Jahrhunderts stärker auf die Agenda. Seit jeher versuchten Wissensschaffende aller Welt, auf ihre Befunde aufmerksam zu machen. Doch viel zu oft vergeblich. Belacht, belächelt und beleidigt – Klimaforschende hatten noch nie einen besonders guten Stellwert. Durch Lobbyismus von Öl-Konzernen und anderen Hauptverursachern wurde zusätzlich versucht, das Thema der CO2-Emission und den daraus resultierenden Treibhauseffekt herabzuspielen.
Eine neuere Erfindung ist der CO2-Fußabdruck, mit welchem der Versuch unternommen wurde, die Verantwortung auf jeden Einzelnen abzuschieben. Diese Kampagne war so erfolgreich, dass ihre Inhalte sogar in den Schulen gelehrt wurden und immer noch werden. Schüler rechnen ihren eigenen Fußabdruck aus und gleichzeitig wäscht sich allen voran die Erdöl-Industrie ihre Hände rein.
Trotz zahlreicher Kampagnen war irgendwann der Punkt erreicht, an dem die schon spürbaren Auswirkungen nicht mehr ausgeblendet werden konnten. So kam es, dass die Länder der Welt zusammengerufen wurden, um den Klimaveränderungen den Kampf anzusagen. Warum nicht den Emissionen und Hauptverursachern? Nun ja…
Eine Misere von Gipfeln
Die erste Weltklimakonferenz fand 1979 in Genf statt. Ab da an folgte ein bedeutungsschwacher Gipfel dem Nächsten. Von Treffen zu Treffen wurden die vorzuweisenden Ergebnisse immer erbärmlicher. Der Klimagipfel, der Ende 2023 tagte, steht eindrucksvoll für Versagen und die traurige Ironie der weltweiten Klimapolitik.
Die Idee, den Leiter von einem der weltweit größten Öl- und Gas-Konzerne zum Präsidenten der UN-Klimakonferenz zu benennen, kann nur euphemistisch als Realsatire bezeichnet werden. Mit Voraussetzungen wie diesen war von Anfang an klar, dass dieses Treffen keine konsequenten Erfolge beim gemeinsamen Bestreiten des Klimaschutzes haben wird.
Doch gab es auch Ergebnisse. Einige Länder teilten den Konsens, dass die Kernenergie unbedingt weiter ausgebaut werden muss, allen voran die USA, Frankreich und Großbritannien. Des Weiteren wurden viele kleine Vorhaben in Erwägung gezogen, von denen die meisten nicht das Papier wert sind, auf das sie geschrieben wurden. Natürlich kam es zu keinem Beschluss, welcher als Ziel den Ausstieg aus fossilen Energieträgern proklamierte. Wie war es auch anders zu erwarten, mit dem Gastgeberland Vereinigte Arabische Emirate und mit einem Ölscheich als Präsident der Konferenz.
Trotz zahlloser Gipfel tut kein Land der Welt genug für den Klimaschutz. Was bleibt, sind leere Versprechen und die Verlierer jahrzehntelanger Klimapolitik und im Speziellen der Klimakonferenz 2023. Dem Klima, kleinen Insel-Staaten und zukünftigen Generationen werden durch dieses fortschreitende internationale Versagen nicht geholfen.
Folgen der Farce
Die CO2-Emissionen erhöhen sich von Jahr zu Jahr, das 1,5‑Grad-Ziel wird definitiv verfehlt werden und als Konsequenz steigt der Meeresspiegel immer weiter an.
Deutschland hat Glück, es wird voraussichtlich nicht zu einem neuen Atlantis werden, was allerdings nicht von den Inselreichen Südostasiens behauptet werden kann. Dort leben ja auch nur ein paar 100 Millionen Menschen. Sollen die es doch wie die Holländer machen: Hohe Deiche, Pumpen und nicht zu vergessen Windmühlen. Die werden schon eine Lösung finden. Europa soll schön sein.
Hier in Deutschland müssen wir uns lediglich mit Starkwetterereignissen herumplagen. Der ein oder andere bekommt ein paar Probleme mit Klimaaktivisten, die ach so oft von Springer und Co. aufgrund ihrer Klebekünste bejubelt werden. Doch das werden nicht die einzigen Sorgen der Deutschen bleiben. Wenn sich erstmal die Malaria-Mücke in weiten Teilen des Bundes wieder wohl fühlt, ist im Stau stehen doch die angenehmere Alternative. Sollte es so weit kommen, wird unser Gesundheitssystem das schon stemmen, aber das ist eine andere Baustelle.
Es müssen auch die positiven Dinge in Betracht gezogen werden. Der Hamburger Hafen bekommt einen direkten Meerzugang, Autobahnen werden wieder Sumpfgebiete und nicht zu vergessen wird Bremen endlich unabhängig von Bremerhaven. Natürlich können durch Küstenschutz diese Szenarien verhindert werden, sofern die nötigen Finanzierungsmittel dafür bereitgestellt werden.
Wir hier in Mitteldeutschland müssen uns nicht großartig darüber den Kopf zerbrechen. Ob Starkwetter oder Tropenkrankheit, wir werden das schon überleben. Zumindest die meisten. Im Vergleich zu Menschen, die entlang des Äquators, auf Insel oder in Küstenmetropolen leben, wird es uns doch verhältnismäßig harmlos treffen.
Im Endeffekt werden die Auswirkungen der Klimakatastrophe uns beziehungsweise zukünftigen Generationen so einiges kosten. Abgesehen von Ernteeinbrüchen, Hungersnöten, Ressourcenmangel… Aber das ist ja alles schon lang bekannt. Da werden sich die Verantwortlichen schon darum kümmern, oder?
Klimaregelungen werden gelockert im Angesicht der Wahlumfragen, der Verkehrssektor hat seine Ziele verfehlt und muss diese auch nicht ausbessern und wie war das nochmal mit den Klimakonferenzen? In NRW wurde die Befreiung von noch mehr Kohle durchgesetzt. Lützerath fiel und bleibt als Symbol für fehlenden Willen zum Klimaschutz. Immerhin wehen in Sachsen-Anhalt schon viele Windräder!
Auswirkungen in Sachsen-Anhalt
Auch in Mitteldeutschland lassen sich konkrete erste klimabedingte Veränderungen vermerken. So kann dem Umsetzungsbericht „Anpassung an den Klimawandel“ von 2021 des Landes Sachsen-Anhalt entnommen werden, dass der Temperaturanstieg sich beschleunigt. Darüber hinaus gibt es mehr Sommertage und weniger Schnee und Frost im Winter. Außerdem nimmt die Dauer von Hitzeperioden zu, vor allem in Ballungsgebieten wie Halle (Saale). Die erstarkende Hitzebelastung wirkt sich so auch auf Mensch und Natur aus. Längere Vegetationsperioden beeinflussen den Obst- und Weinanbau, den Wald und unterschiedliche Arten. Auch ist ein höherer Schädlingsdruck in Land- und Forstwirtschaft zu bemerken. Des Weiteren erhöht der Anstieg der Sonnenscheindauer, in Kombination mit steigenden Temperaturen, das Risiko von Waldbränden. Hinzu kommt, dass auch der Wasserhaushalt beeinflusst wird. So ist, als Folge von Trockenheit und hohen Temperaturen im Sommer, verstärkt mit Niedrigwasserperioden zu rechnen. Dadurch sinkt der Grundwasserspiegel, während der Wasserbedarf von Mensch, Industrie und Landwirtschaft steigt. Gleichzeitig begünstigt die Zunahme von Starkregenereignissen Sturzfluten und Überschwemmungen, wie wir sie um die Jahreswende erlebt haben.
Ein Fünkchen Optimismus
Die Zukunft zu retten, ist kurzfristig nicht profitabel, die Natur hat keine Lobbykammer und doch gibt es Bestrebungen, die Totalkatastrophe aufzuhalten. Trotzdem müssen in einer globalisierten Welt viele unterschiedliche Parteien zusammenarbeiten, um ein Ziel zu erreichen. Es ist traurig und tragisch, dass Klimagipfel wenig bewirken, aber immerhin kommen internationale Vertreter zusammen, um sich dem Klimaschutz zu widmen. Aufstrebende Nationen wollen das CO2-Zeitalter genießen und wer will es ihnen verübeln? Ein Land allein kann das Klima nicht retten, allerdings kann es mit großen Schritten voran gehen. Es bedarf Überzeugungsgeschick und konsequentes Handeln.
Jedoch scheitern Vorhaben schon auf kleinster Ebene am Geld und viel zu oft auch am fehlenden Willen. Ein unverbindlicher Klimaplan kann nichts bewirken. Ein bloßes Bekenntnis reicht nicht aus. Es braucht Taten. Versäumnisse in Sachen Klimaschutz in Deutschland und entsprechende Anpassungen werden in den kommenden Jahrzehnten ihre Folgen entfalten, wenn sie das nicht schon haben.
Momentan ist es für uns nur ein Wandel, die Katastrophe erleben andere.
Text und Illustrationen: Johannes Wingert