Viele wis­sen, dass das A in LGBTQIA+ unter ande­rem für Asexuell steht. Dass es sich bei Asexualität jedoch um ein Spektrum han­delt, ist für vie­le etwas Unbekanntes. Im Folgenden wird das Asexuell-Spektrum ein­mal beleuch­tet und die ein­zel­nen Labels und Microlabels jedes für sich ange­schaut und erklärt.

Da nicht jedem Label und Microlabel eine deut­sche Übersetzung zuge­ord­net wer­den kann, wird mit den eng­li­schen Bezeichnungen gear­bei­tet. Zudem wird, um den Artikel kurz zu hal­ten, das ase­xu­el­le Spektrum mit dem eng­li­schen Ace-Spec abge­kürzt. Eine wei­te­re wich­ti­ge Begriffserklärung, für die fol­gen­den Labels, ist der eng­li­sche Begriff allo­se­xu­ell. Dieser bezieht sich auf nichts ande­res als auf eine Person, die sexu­el­le Anziehung ver­spürt, die Form der Anziehung ist hier­bei unwesentlich.

Was sind die individuellen Labels?

Asexual: Asexuelle Menschen emp­fin­den wenig bis kaum sexu­el­le Anziehung und in eini­gen Fällen kann es auch sein, dass ein Verlangen nach sexu­el­len Handlungen kom­plett fehlt. Die sexu­el­le Disposition ase­xu­el­ler Menschen kann sich unter­schied­lich zei­gen. Es ist auch wich­tig zu sagen, dass ase­xu­el­le Personen durch­aus sexu­el­len Kontakt haben. Asexual ist nicht mit Abstinenz gleich zu setzen.
Demisexual: Demisexuelle Menschen sind nicht in der Lage, sich sexu­ell zu jeman­dem hin­ge­zo­gen zu füh­len, außer es besteht eine emo­tio­na­le Verbundenheit zu die­ser Person. Diese emo­tio­na­le Bindung muss jedoch nicht roman­ti­scher Art sein.
Greysexual: Von Greysexual ist die Rede, wenn man eine unre­gel­mä­ßi­ge sexu­el­le Anziehung mit gerin­ger Intensität empfindet.
Aceflux: Bei Aceflux geht es dar­um, dass die sexu­el­le Anziehung schwankt. Dies kann natür­lich von Person zu Person stark vari­ie­ren und indi­vi­du­ell aus­ge­prägt sein.
Acespike: Acespike ist ähn­lich wie Aceflux zu ver­ste­hen, die sexu­el­le Anziehung fluk­tu­iert jedoch plötz­li­cher, kür­zer und auch seltener.
Fictosexual: Wie bereits die Vorsilbe “Ficto” erah­nen lässt, han­delt es sich bei Fictosexuell um die sexu­el­le Anziehung zu rein fik­tio­na­len Figuren.
Fraysexual: Fraysexual ist am ein­fachs­ten damit zu erklä­ren, dass eine sexu­el­le Anziehung vor­han­den ist, bis eine emo­tio­na­le Bindung zu einer ande­ren Person auf­ge­baut wur­de. Dann reißt die vor­he­ri­ge Anziehung wie ein dün­ner Faden.
Lithosexual: Lithosexuelle Menschen spü­ren eine sexu­el­le Anziehung, wol­len jedoch nicht, dass die­se Anziehung ihnen gegen­über erwi­dert wird.
Reciprosexual: Von Reciprosexuell ist die Rede, wenn man erst eine sexu­el­le Anziehung ver­spürt, wenn man weiß, dass das Gegenüber die sexu­el­le Anziehung erwidert.

Das A im Akronym LGBTQIA+ steht nicht nur für das ase­xu­el­le Spektrum, son­dern auch für das Spektrum der Aromantik und auch dem Agender Spektrum. 

Was sind Microlabels und wie sehen diese im Asexuell-Spektrum aus?

Microlabels sind Labels, die die obe­ren Labels noch genau­er erklä­ren, aber nicht allei­ne ste­hen kön­nen. Dazu gehö­ren beispielsweise: 

Aegosexual/ Autochorisexual: die­se Personen wer­den nur bei sexu­el­len Inhalten erregt, haben jedoch kein Interesse dar­an, selbst sexu­el­le Aktivitäten auszuüben.
Apothisexual: was sex­ab­sto­ßend bedeu­tet, bezeich­net Personen, bei denen ent­we­der ein gene­rel­les Abstoßen beim Gedanken an sexu­el­le Aktivitäten aus­ge­löst wird oder wenn sie selbst an den Aktivitäten teil­neh­men sollen.
Bellussexual: die­se Personen mögen die Idee und die Ästhetik sexu­el­ler Beziehung, wol­len selbst aber kei­ne haben oder ver­spü­ren kei­ne sexu­el­le Anziehung.
Caedsexual: Als Caedsexuell defi­niert sich jemand, der sich zwar als “allo­se­xu­ell” bezeich­net, sich selbst jedoch auf­grund von einem Trauma nicht mehr als allo­se­xu­ell identifiziert.
Cupiosexual: Diese Personen haben zwar selbst kei­ne sexu­el­le Anziehung, haben jedoch Interesse an sexu­el­len Aktivitäten bzw. einer sexu­el­len Beziehung.
Iamvanosexual: Dazu gehö­ren die­je­ni­gen, die es mögen, wenn man sexu­el­le Handlungen an ihnen vor­nimmt, aber es nicht mögen, sol­che Handlungen bei ande­ren vorzunehmen.
Myrsexual: Jemand, der sich als Myresexuell iden­ti­fi­ziert, könn­te Schwierigkeiten haben, sich in einer Identität des Ace-Specs zu fin­den, da er sich in meh­re­ren Ace-Spec Identitäten wiederfindet.
Placiosexual: Diese Personen füh­ren ger­ne sexu­el­le Handlung bei ande­ren aus, mögen es jedoch nicht, wenn die­se bei sich von ande­ren erwi­dert werden.
Requissexual: Aufgrund von emo­tio­na­ler Erschöpfung, basie­rend auf ver­gan­ge­ner Erfahrung, ver­spürt jemand mit Requissexualität kei­ne sexu­el­le Anziehung oder Interesse.
Adexsexual: Adexsexuelle ver­spü­ren kei­ne tat­säch­li­che sexu­el­le Anziehung, son­dern etwas, was als phan­to­m­ähn­li­che sexu­el­le Anziehung iden­ti­fi­ziert wer­den kann.

Diese Informationen wur­den auf Basis eini­ger Interviews mit Personen, wel­che hier nicht nament­lich genannt wer­den möch­ten, zusam­men­ge­tra­gen. Es ist wich­tig zu ver­ste­hen, dass die Begriffe im ase­xu­el­len Spektrum kei­ne strik­ten Grenzen haben.

Wie findet man sich selbst im Ace-Spec zurecht – Ein anonymer Erfahrungsbericht

Alex (Name ver­än­dert) Jahrgang 2004 erzählt:

Bereits im Alter von 11 stell­te Alex fest, dass er/sie anders war als Gleichaltrigen. Während sie sich im sexu­el­len Sinne wei­ter­ent­wi­ckelt haben, war das bei ihm/ihr nicht der Fall. Er/Sie mach­te sich dies­be­züg­lich Gedanken dar­über, was bei ihr/ihm falsch lau­fen wür­de. Nicht sel­ten gab er/sie sich damit ab, mög­li­cher­wei­se ein/e sogenannte/r „Spätzünder/in“ zu sein. Im Alter von 14 haben Freunde von ihm/ihr die Sache „anneh­men“ wol­len. Mit ihm/ihr, mit seiner/ihrer Einwilligung, haben sie por­no­gra­fi­sche Inhalte ange­schaut. Diese Inhalte haben bei Alex kei­ne Regung her­vor­ge­ru­fen. Ebenfalls, wenn sich seine/ihre Freunde Äußerungen, wie „ist sie geil!“ gemacht haben, konn­te er/sie die­se nicht nach­voll­zie­hen. Schließlich ging es dabei nur um einen Körper und daher auch die Frage „Was bit­te dar­an so schön und beson­de­res sein soll­te?!“. Im glei­chen Alter soll­te sich Alex auch im Biologieunterricht für einen Vortrag zum Thema „Asexualität“ vor­be­rei­ten. Aus den Recherchen erfuhr er/sie über die vier Typen der Asexualität (Typ A, Typ B, Typ C und Typ D). Bei der Recherche zu Asexualität hat er/sie sich sel­ber gefun­den. Während er/sie heu­te dar­über erzählt, bezeich­net er/sie sich als „Oldschool“, da es ihm/ihr klar ist, dass auch wei­te­re Begriffe zu den jewei­li­gen Typen ver­wen­det wer­den. Er/Sie iden­ti­fi­ziert sich als Typ D, was wahr­schein­lich dem Demisexuell zuge­ord­net wer­den könn­te, da Typ D die sexu­el­le Anziehung zu jeman­den, den man ver­traut, bezeich­net. Alex hat kei­ne Probleme damit ase­xu­ell zu sein. In man­chen Kreisen jedoch stellt er/sie fest, dass er/sie als unrei­fe Person, oder als jemand, der die Pubertät „noch nicht durch­hat“, wahr­ge­nom­men wird. Aufgrund seiner/ihrer Asexualität wur­de er/sie nie wirk­lich dis­kri­mi­niert. Allerdings erhält er/sie ab und zu den Rat „man soll sich aus­pro­bie­ren“, obgleich er/sie das schon gemacht hat und dabei nichts gesche­hen ist.

Für wei­te­re Recherchemöglichkeiten emp­feh­le ich per­sön­lich sehr den Podcast Sex ist nichts für mich emp­feh­len, wel­chen man auch gut auf Spotify fin­den kann und in dem unter ande­rem Asexualität bespro­chen wird. Zudem kann ich den LGBTQIA+ Wiki sehr emp­feh­len, wel­cher kom­plett auf Englisch ist und der sich mit weit­aus mehr als nur Asexualität befasst.

Text: Sophie Gutschlag

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