Vor etwa drei Wochen hat der Ministerrat der EU nach langatmigen Verhandlungen eine Verschärfung des aktuell bestehenden Asylrechts auf den Weg gebracht. Nun hat es in Halle die ersten Proteste gegen die geplante Reform gegeben.
Was steht drin im Entwurf?
Seit Jahren bietet die aktuelle Asylpolitik der Europäischen Union Konfliktpotenzial für die Mitgliedsstaaten. Der einzige Konsens: Eine Reform zur Verringerung der Asylanträge muss her!
Am 8. Juni folgt die Einigung der 27 Innenminister:innen im Ministerrat der EU auf eine Überarbeitung und Erneuerung der Gesetzeslage. So soll es künftig möglich sein, im Zuge sogenannter ‚Schnellverfahren‘ unter anderem geflüchtete Personen aus Drittstaaten mit einer Anerkennungsquote von unter 20 Prozent, also etwa der Türkei oder Tunesien, für bis zu zwölf Wochen in grenznahen und gefängnisähnlichen Asylzentren unterzubringen. Innerhalb dieser Zeit soll dann geprüft werden, ob Chancen auf Asyl bestehen.
Fällt dieses Urteil negativ aus, werden die betroffenen Personen in eben diese Staaten zurückgeführt, ohne überhaupt die Chance zu erhalten, einen Asylantrag zu stellen. Auch Familien und Kinder sind von diesen neuen Verfahren nicht ausgeschlossen, wie es sich die deutsche Innenministerin Nancy Faeser von der SPD erhofft hatte.
Zusätzlich ist auch ein Solidaritätsmechanismus geplant, um geflüchtete Menschen je nach Kapazitäten auf die einzelnen EU-Staaten zu verteilen, um unter anderem das am Mittelmeer gelegene Italien zu entlasten. Über 50.000 Geflüchtete sind dieses Jahr allein dort angekommen.
Aber warum der Protest?
Viele Menschen flüchten nicht direkt in die EU, sondern tun dies über eben solche als sicher eingeschätzten Drittstaaten. Diesen Geflohenen wird durch die Reform der Asylpolitik eine realistische Chance auf Zuflucht in der EU verwehrt. Zudem werden durch den Entwurf des Rates die Anforderungen an sichere Drittstaaten gesenkt, wodurch Abschiebungen in Haupttransitländer auf den Fluchtrouten ermöglicht werden.
Ein weiterer Kritikpunkt von Menschenrechtsorganisationen ist die Inhaftierung Geflüchteter und insbesondere von Familien und Kindern an den Außengrenzen und Flughäfen – und ja, auch an deutschen internationalen Flughäfen könnte dies geltend gemacht werden. Dieses Verfahren sieht bis zu zwölfwöchige Haftaufenthalte für Personen vor, welche sich nichts zu Schulden kommen lassen haben und verwehrt ihnen das Recht, in dieser Zeit einen Antrag auf Asyl zu stellen.
Wie ist die Demo abgelaufen?
Diese Praktiken würden sich klar gegen die Menschenwürde richten, sagen die Organisator:innen der Demonstration am Dienstagabend in Halle. Unter dem Titel ‚Asyl statt Haft‘ haben ab 17 Uhr etwa 150 Menschen Redebeiträge von der linken Landtagsabgeordneten Henriette Quade und Vertreter:innen der Seebrücke und der Diversity-Buchhandlung Kohsie verfolgt. Auch für Übersetzungen ins Englische, Französische und Farsi haben die Veranstalter:innen gesorgt.
Wenig später hat sich der Demo-Zug dann über den Hallmarkt, durch die Kleine Ulrichstraße und Geiststraße in Richtung August-Bebel-Platz bewegt. Immer wieder waren Parolen wie „Bleiberecht überall, kein Mensch ist illegal!“ oder „Abolish Frontex!“ zu hören. Am Zielort angekommen endete die Demonstration ebenfalls mit einer kurzen Kundgebung. Neben der Polizei und Ordner:innen verfolgte auch ein Awareness-Team die Demonstration, das sich um das psychische, sowie körperliche Wohlergehen der Teilnehmer:innen kümmerte und bei Bedarf Wasser und Snacks verteilte.
Text: Till Menzel