Während vie­le noch im weih­nacht­li­chen Fresskoma lagen und auf Silvester zusteu­er­ten, fand in Leipzig der soge­nann­te Hackerkongress statt. Auch wenn die Technologie im Fokus stand: Der Kongress war nicht nur für soge­nann­te Nerds relevant. 

Foto: Jonas Leonhardt

Zwischen Weihnachten und Neujahr ent­steht auf der Leipziger Messe eine ein­zig­ar­ti­ge Welt, die Welt des 35. Chaos Communication Congress, kurz: 35c3. Im Jahre 1984 begon­nen und durch ganz Deutschland gewan­dert, begibt der Kongress sich zum zwei­ten Mal hin­ter­ein­an­der nach Leipzig. Aus den unter­schied­lichs­ten Ländern fin­den sich Hackerspaces sowie ander­wei­tig tech­nisch und poli­tisch inter­es­sier­te Gruppen zusam­men, um sich aus­zu­tau­schen und zu ver­net­zen. Im Mittelpunkt steht dabei ein gesell­schaft­lich ver­träg­li­cher Umgang mit neu­en Technologien und wie die­se allen Menschen zu Gute kom­men kön­nen. Gespräche wer­den dabei in ver­dun­kel­ten Hallen mit hyp­no­ti­sie­ren­der Beleuchtung und ver­rück­ten Kunstwerken geführt, eine ein­zig­ar­ti­ge Atmosphäre. In der Ausgestaltung ihres Raumes völ­lig frei, ent­ste­hen hier­bei von den ver­schie­de­nen Hackerspaces unter ande­rem Lockpicking-Workshops, Kochkurse, Gaming Areas, Indoor-Rennstrecken sowie die Möglichkeit, das Löten und Arbeiten an Platinen ken­nen­zu­ler­nen. Insbesondere das Lockpicking, also das Öffnen von Schlössern ohne Schlüssel hat eine gro­ße Tradition auf dem C3. Der Kreativität sind hier­bei kaum Grenzen gesetzt.

Hilfe aus dem Himmel

Foto: Jonas Leonhardt

Viele die­ser Angebote rich­ten sich auch an Kinder und Jugendliche, wel­che hier einen eige­nen gro­ßen Bereich zum Experimentieren mit ana­lo­gen sowie digi­ta­len Spielen auf der Messe bekom­men haben. Der Klötzchenbau mit Minecraft und über­di­men­sio­na­len Legosteinen ist dabei ein wesent­li­cher Bestandteil. Auch hier soll direkt der Spaß am Umgang mit Technologie, gleich­zei­tig aber auch Verantwortung ver­mit­telt wer­den. Anknüpfend dar­an fin­den sich viel­fäl­ti­ge Rückzugsmöglichkeiten wie Sitzecken, Hängematten und sogar ein Ruheraum auf dem Kongress. Möglich wird dies nur durch die „Engel“, tau­sen­de Freiwillige, die unbe­zahlt den Kongress in allen Positionen unter­stüt­zen. Gleichzeitig sind die „Engel“ aber auch nor­ma­le TeilnehmerInnen, wel­che sich auch eine Eintrittskarte gekauft haben. Die Organisation fin­det dabei über das Engelsystem statt, in dem die Freiwilligen aus zahl­rei­chen Aufgaben wäh­len. Vermutlich sorgt die­se Gesamtheit der Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme für eine uner­war­tet diver­se Teilnehmerschaft. Eine Frauenqoute von 50% kann dabei zwar nicht erreicht wer­den, jedoch ist eine deut­li­che Durchmischung mit Kindern und Frauen spürbar.

„Open Source Orgelbau“ — ein breites Programm

Foto: Jonas Leonhardt

Ein gro­ßer Faktor für die diver­si­fi­zier­te Klientel könn­te auch die poli­ti­sche Ausrichtung des Kongresses sein, wel­cher teil­wei­se oder ganz abseits von tech­ni­schem Tiefgang ist. Dabei bil­den die Solidaritätskrise und der damit ein­her­ge­hen­de Umgang mit Geflüchteten, der Kampf gegen einen auto­ri­tä­ren Staat sowie Datenschutz gegen­über Staaten und Unternehmen die Eckpfeiler der gesell­schafts­po­li­ti­schen Veranstaltungen auf dem 35c3. Events tra­gen dabei Titel wie: „#afd­weg­bas­sen: Protest, (Club-)Kultur und anti­fa­schis­ti­scher Widerstand“, „Funkzellenabfrage: Die all­täg­li­che Rasterfahndung unse­rer Handydaten“, „“The” Social Credit System“ und „Datenschutz für Neulandbürger“. Diese ste­hen im Kontrast zu ande­ren Events, wel­che Vorkenntnisse oder zumin­dest star­ke Neugier in spe­zi­fi­schen Bereichen erfor­dern: „Kosmische Teilchenbeschleuniger und ihre Spuren in der Antarktis“, „Compromising online accounts by cracking voice­mail sys­tems“, „Are machi­nes femi­ni­ne?“ und „Open Source Orgelbau“ sind dabei kei­ne reprä­sen­ta­ti­ve Darstellung des umfang­rei­chen Programms.

Foto: Jonas Leonhardt

Der Besuch eines C3 ist also kei­nes­falls nur etwas für Nerds und ange­sichts der Relevanz der tech­ni­schen Entwicklung ist die Teilnahme von sehr unter­schied­li­chen Menschen wert­voll für einen gelun­ge­nen Kongress. Wer bei dem nächs­ten C3 ger­ne dabei sein möch­te, dem sei gesagt, dass die Tickets begehrt sind – mit einem Preis von 140€ min­des­tens aber ein Schnäppchen gegen­über ande­ren, noch kost­spie­li­ge­ren Kongressen aus dem IT-Bereich. Bedürftige haben aller­dings auch die Möglichkeit ein ver­güns­tig­tes Ticket zu erlangen.

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